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auf besondere Weise vermittelt und öffentlich vor einem Publikum unterschiedlicher Herkunft dargeboten werden.“{44}

      Durch solche Förderschwerpunkte und –voraussetzungen wird in der Tanzszene eine Praxis etabliert und implementiert, die strukturell Zusammenarbeit über Nationengrenzen hinweg fördert und damit auch die Auseinandersetzung mit solchen Grenzüberschreitungen verlangt. Darüber hinaus existieren auch Stipendienprogramme, um beispielsweise ausländische KünstlerInnen für Projekte nach Deutschland reisen zu lassen.{45}

      Insofern gilt es bei den untersuchten Projekten mitzudenken, welche Gelder woher kommen, wohin fließen und mit welchen Begründungen.

      Im Tanz wie auch in anderen Bereichen des deutschen Kulturbetriebes geht es dabei selten um finanziellen Profit. Vielmehr geht es um symbolisches Kapital (Bourdieu), das durch die Förderung eines Projektes durch eine etablierte Förderinstitution mit hergestellt wird. Wird ein Projekt beispielsweise durch den Hauptstadtkulturfonds finanziert, dann wird dieses Projekt innerhalb der Szene als ernstzunehmend eingeordnet.

      Tanzkritik

      Die Tanzwissenschaftlerin Christina Thurner bestimmt Tanzkritik als Institution mit der „Bedeutung, zu informieren, Tanzereignisse in größere Zusammenhänge einzuordnen und zu bewerten.“{46} Produktionen, die sich mit Fremdheit auseinandersetzen werden durch Kritiken besprochen und dadurch mit bestimmten Terminologien, Kontextualisierungen und Ordnungen versehen. Damit tragen Kritiken zur Kontextualisierung, zur Lenkung der Terminologie und Reflexionsweise seitens der LeserInnen bei. KritikerInnen ebenso wie die Platzierungen von Kritiken sind ebenfalls immer durch symbolisches Kapital und Machtstrategien bestimmt. Wer ein Stück bespricht und wo diese Besprechung platziert ist, kann somit ebenso aufschlussreich sein wie die Art und Weise der Besprechung selbst.

      Exponate

      Die untersuchten Tanzprojekte und Festivals sind begleitet durch zahlreiche Publikationen: Programmhefte, Pressetexte, Begleitbücher, Blogs. Diese Publikationen verstehe ich als Institutionen, insofern als sie eine Strategie der Rahmung darstellen, die sprachlich, visuell und graphisch zu Kontextualisierungen des jeweiligen Stückes anhält. Hieran lässt sich in kondensierter Form untersuchen, welche Ideen, oft auch, welche Ideale der künstlerischen Arbeit zugrunde liegen. Diese Publikationen begreife ich im Sinne der Kulturwissenschaftlerin Mieke Bal als Exponate. Mieke Bal operiert in Kulturanalyse mit dem Begriff der Exposition.{47} Mit exponieren beschreibt sie kulturelles Verhalten: „Eine Exposition veröffentlicht etwas, und dieses Ereignis des Zeigens beinhaltet eine öffentliche Artikulation jener Ansichten und Meinungen, die einem Subjekt besonders am Herzen liegen.“ Weil an so gedachten Exponaten Diskurse ablesbar sind, „exponiert das Subjekt der Exposition, indem es diese Anschauungen veröffentlicht, sich selbst im gleichen Maße wie das Objekt.“{48} Solche Publikationen spielten für die Analyse eine Rolle, einerseits in Hinblick auf ihre Diskurse, andererseits in Hinblick auf ihre performative Dimension des Zeigens, wenn ich zum Beispiel die graphische Darstellung analysiere. Sie verweisen im Sinne Bals immer auf Strategien und Intentionen der Exponierenden zurück.

      Platzierungen der Aufführung

      Die Platzierung der Aufführungen an Spielorten, im Rahmen von thematischen Reihen oder Festivals oder in ihrer Anbindung an etablierte Institutionen beeinflussen Kategorisierungen, Begrifflichkeiten, Wahrnehmungsstrategien und Zugänge.

      Beispielsweise kann der Spielort aussagekräftig bezüglich der diskursiven Ausrichtung der Stücke sein und bezüglich des Habitus des Publikums. Die Wahl der Spielorte ist immer auch eingebettet in bestimmte strategische Entscheidungen. So weisen auch verschiedene Spielorte unterschiedliches symbolisches Kapital auf. Die Präsenz eines Projektes oder Künstlers an einem Spielort entscheidet dadurch mit darüber, als wie ernstzunehmend ein Projekt oder KünstlerInnen innerhalb der Szene betrachtet wird. Ebenso liegt hier auch begründet, wie ein Stück, das sich mit Kontaktmomenten zwischen Kulturen, Nationen oder Traditionen befasst, wahrgenommen wird, welche öffentliche Wirkung und Anerkennung es erfährt. Für die Produktion stellt es so eine Selbstverortung dar, sich vertraglich an einen Spielort zu binden. Gleichzeitig konstruieren die Spielorte ein spezifisches Profil durch die Auswahl von KünstlerInnen und Produktionen. Darüber hinaus unterscheiden sich Spielmechanismen der freien Szene von Produktionsbedingungen am Stadttheater, wenn hier beispielsweise eine Produktion als Auftragsarbeit am Städtischen Theater aufgeführt wird. Aufführungen im Rahmen von Festivals erfahren eine weitere Ebene der Profilbildung, ordnen sie sich doch in die thematische und programmatische Ausrichtung des Festivalkonzeptes ein. Festivals dienen darüber hinaus oftmals der Akquise von Stücken oder PerformerInnen durch KuratorInnen und ChoreographInnen, somit wird das Festival auch zum Marktplatz.{49} So sind die untersuchten Produktionen immer eingebunden in mehrere Ebenen der Strukturierung, Positionierung und Bewertung, je nach Ort der Premiere, der Gastspiele, der Produktion.

      All diese Faktoren sind in die Analyse meiner Beispiele mit eingeflossen und haben die Aufbereitung der Daten und die Texterstellung mit geformt.

      1.3 Ausblick

      Entlang der ethnographischen Forschungsprojekte soll in dieser Arbeit untersucht werden, wie Globalität durch Praktiken im Tanzfeld in Deutschland hergestellt und beantwortet wird. Dabei spielt zum einen eine körperorientierte und praxeologische Ausrichtung eine wichtige Rolle. Zum anderen werde ich die einzelnen Situationen meiner Forschung entlang einer Bewegungstypologie besprechen und die jeweiligen Implikationen der spezifischen Bewegungsstrukturierungen mit reflektieren. In Kapitel 2 geht es zunächst um eine ausführliche Diskussion meiner Forschungsschritte und methodischen Operationalisierungen. In Kapitel 3 werde ich theoretische Positionen weiter entwickeln, die bereits angeklungen sind: Globalität, Körper und Bewegung. Schließlich spiele ich die einzelnen Bausteine der Bewegungstypologie entlang meiner ethnographischen Beispiele durch – lineare Bewegungen (Kapitel 4), Stillstände (Kapitel 5) und Emergente Bewegungen (Kapitel 6) - und befrage dabei einerseits die machtstrategischen Mechanismen im Feld des Tanzes in Hinblick auf eine postkoloniale Perspektive und andererseits die jeweilige Bewegungskategorie auf ihre epistemologischen Implikationen hin.

      2 Forschungsschritte: Methoden und Operationalisierungen

      Eine wichtige ethnographische Grundprämisse ist das Offenlegen und Reflektieren der eigenen Forschungsschritte und verwendeten Methoden sowie ein Transparentmachen der Prozesse der Theoriebildung. Diese selbstreflexive Haltung entstand innerhalb der Ethnologie vor allem im Zuge der Writing Culture Debatte,{50} die auch in andere Disziplinen Einzug hielt und als ein Teil des Reflexive Turn in den Kultur- und Sozialwissenschaften bezeichnet werden kann.{51} Immer noch legen allerdings viele Studien außerhalb der Ethnologie und gerade auch in der Tanzwissenschaft den eigenen Prozess der Wissensgenerierung nicht offen. In diesem Kapitel soll eine solche ausführliche Reflexion meiner Forschungsschritte und meiner jeweiligen Positionierung in den Forschungskontexten stattfinden. Gerade vor dem Hintergrund einer postkolonial motivierten Analyse ist wichtig, dass ich Analyseprozesse und Selbstverortungen offenlege, um auf diesem Weg immer auch meine eigenen Deutungen zu kontextualisieren und keinen positivistischen „Wahrheitsbegriff“ zu verfolgen.{52}

      2.1 Kontaktflächen

      Im Forschungsprozess habe ich mich auf drei (heuristische) Forschungsbereiche konzentriert, die ich hier Kontaktflächen nennen möchte. Ich unterscheide drei Konstellationen von Kontaktflächen. Die erste Konstellation von Kontaktflächen verorte ich am Ausgangspunkt einer Produktion: Hier findet immer in irgendeiner Form die Begegnung der ProjektinitiatorInnen mit Phänomenen oder Menschen statt, die wahrgenommen werden als einem „anderen“/„fremden“ Raum zugehörig. Die zweite Konstellation von Kontaktflächen siedle ich zwischen dem durch die ChoreographInnen gesammelten Material und den PerformerInnen sowie den spezifischen Arbeitsbedingungen und Probenstrukturierungen an. Die dritte Konstellation von Kontaktflächen verorte ich schließlich in der Aufführung, hier werden die im choreographischen Prozess vollzogenen Formgebung der Körper und Ideen mit dem Publikum geteilt.

      Diese

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