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der Ozeane und des Mittelmeers eingesetzt hatte, wurde die Schwelle im Bosporus so hoch überflutet und die Ausströmgeschwindigkeit damit so weit abgesenkt, dass unter dem Ausstrom an der Oberfläche dieser Gegenstrom in der Tiefe aus schwererem salzreichem Wasser anlaufen und dem Gefälle der Rinne zum Schwarzen Meer folgen konnte. Dies führte dann zur Versalzung des früheren Süßwassersees Schwarzes Meer und zur Ansiedelung von Salzwasser-Muscheln. Einen katastrophalen Einbruch des Mittelmeers in das Schwarze Meer hat es zumindest während dieser Zeit nicht gegeben!

      Bei dieser vierten Flut liefen am Schwarzen Meer wohl dieselben Vorgänge ab, wie sie schon für den Süden Mesopotamiens geschildert wurden. Die Menschen wurden aus den fruchtbaren Niederungen an die heutigen Küsten gedrängt. Vermutlich haben sich hier ähnliche Tragödien wie am Persischen Golf abgespielt, wenn die Menschen bei stürmischem Wetter zwischen den anschwellenden Wasserarmen eingeschlossen wurden. Im Prinzip hätte sich wegen ähnlicher Vertreibungsvorgänge durch eine große Flut ein Sintflutmythos ebenso leicht am Schwarzen Meer bilden können wie am Persischen Golf. Der bleibende Schriftgebrauch für die Überlieferung von unvergesslichen Ereignissen setzte aber am Persischen Golf viel früher ein! Aus dem angrenzenden Mesopotamien wurde die Erinnerung an die Flut dann über den Pfad der jüdisch-christlichen Religionen und über Funde von Tontäfelchen mit dem Gilgamesch-Epos ins Abendland transportiert und in der Neuzeit durch die Entdeckung von alten Aufzeichnungen auf Tontäfelchen aus den Bibliotheken von Ninive und Sippar bestätigt.

      Archäologisch lässt sich in dieser Zeit im Grenzraum zum Schwarzen Meer eine große Unruhe mit zahlreichen teils auch kleinräumigen Migrationen feststellen. Ursache war wohl das Eindringen von vom Meer vertriebenen Menschen in schon besetzte Räume. Und als es wieder wärmer geworden war und sich das Wetter beruhigt hatte, wurde der Balkan dann zur Ausgangsregion von zwei ganz außerordentlichen kulturellen Entwicklungen, welche noch geschildert werden. Lit. 11.3

      Wechselhafte Zeiten zu Beginn des 6. vorchristlichen Jahrtausends

      Die Temperatur stieg gegen 6000 v.Chr. (8000 v.h.) sehr rasch an und sie erreichte wieder recht hohe Werte. Zwei Gründe waren dafür maßgebend: die Sonnenaktivität war auf ein hohes Niveau geklettert, fast so hoch wie in unserem modernen 20. Jahrhunderts (s. Abb. 6) und die Sonneneinstrahlung auf die Nordhälfte der Erde lag aus astronomischen Gründen um mehr als 5 % höher (s.Abb. 5). Die beiden ersten Jahrhunderte des neuen Jahrtausends waren aber noch von großer klimatischer Unruhe mit mehreren raschen Wechseln geprägt, denn die atmosphärische Zirkulation und die sie steuernden ozeanischen Bedingungen mussten sich erst wieder einpendeln. Eine schon beschriebene Folge dieser Umstellung war sehr stürmisches Wetter mit einer Spitze um 5900 v.Chr.

      Das neue Jahrtausend fing also recht warm an und um 5800 v.Chr erreichte die Temperatur sogar ein ausgeprägtes Maximum (s.Abb. 13). Dann aber überwogen wieder negative Einflüsse, denn die Sonnenaktivität senkte sich wieder ab (Abb. 6). Um 5700 und nochmals um 5600 v.Chr. wurden auch wieder größere Mengen Schmelzwasser von Gletschern in den Atlantik geschüttet, wenn auch bedeutend weniger als beim Riesenschwall um 8300/8200 v.h., der damals zu einer rapiden und anhaltenden Abkühlung und Trockenheit geführt hatte. Als Folge setzte wieder ein großer Eisvorstoß im Atlantik ein mit einem Maximum nach der Jahrtausendmitte (vgl. Abb. 10), welcher ein zunehmend kühleres, trockeneres und auch stürmischeres Klima mit sich brachte. Gegen 5600 v.Chr. führte auch ein außerordentlich großer Vulkanausbruch kurzzeitig zu einer starken Abkühlung. Die Temperatur sank bis 5500 v.Chr. auf ein Minimum.und es herrschte große Trockenheit: dies bestätigen Untersuchungen an Sedimenten, welche in der fraglichen Zeit durch Euphrat und Tigris aus der mesopotamischen Ebene in das Golfmeer eingetragen worden waren. Eine ähnliche Information liefern mehrere nordafrikanische Seen wie auch Seen in Europa, deren Wasserspiegel fast einheitlich abfiel.

      Obed 1 im südlichen Mesopotamien geplagt von Flut und Trockenheit

      In Südmesopotamien wird die Periode von 5900 bis 5400 v.Chr. als Obed 1 (oder Eridu) bezeichnet. Sie ist nach der frühen Ortschaft El Obed benannt, welche zusammen mit einigen wenigen zunächst kleinen Dörfern wie Eridu um 5900 v.Chr. im äußersten Süden Mesopotamiens gegründet worden sind, wohl von Vertriebenen der letzten Flut im heutigen Persischen Golf. In der gesamten Periode von Obed 1 hielt der Anstieg des Wasserspiegels im Golfmeer an und er führte zur andauernden Vertreibung von Menschen aus ihrer bisherigen oder auch ihrer neuen Heimat. Dauernd drängten also Flüchtlinge aus den Überflutungsgebieten in das noch verbleibende Land. Archäologen haben mit Verwunderung festgestellt, dass sich in diesen Jahrhunderten die südliche mesopotamische Ebene allmählich mit Siedlungen füllte. Ein inneres Wachstum scheidet als Ursache aus, weil die Zeit überwiegend von Trockenheit geprägt war. Viele Menschen kämpften wegen Vertreibung und Trockenheit wohl um das bloße Überleben. Ein freiwilliger Zuzug Fremder in das in dieser Zeit oft unwirtliche Land widerspricht jeder Logik. Die Zunahme der Siedlungen im südlichen Mesopotamien ist nur mit einer dauernden Vertreibung durch das benachbarte ansteigende Meer erklärbar!

      Im Laufe der Zeit sind die unterschiedlichsten – und teils abenteuerlichsten – Vermutungen über die Herkunft dieser frühen Siedler angestellt worden, in denen man Vorfahren der späteren Sumerer sieht, welche es zur ersten Hochkultur in diesem Raum bringen sollten. Ganz offensichtlich handelt es sich bei diesen „neuen“ Siedlern um Menschen, welche durch die letzte Flut aus dem benachbarten Persischen Golf nach 5900 v.Chr. mehr und mehr vertrieben worden sind. Die Zuwanderer gehörten, wie die Untersuchungen in der Siedlung Tell el Ueli bei Larsa gezeigt haben, auch einem vor der Flut hier schon existierenden Kulturkreis an. Die Bauart der dreiteiligen Häuser, wie sie vom mindestens 8500 Jahre alten Tell el Ueli her bekannt ist, blieb bei den Neusiedlern bzw. ihren Nachkommen zumindest bei Repräsentationsbauten gewahrt und auch die sich verfeinernde Keramik blieb in der Tradition von Obed 0.

      Die Menschen von Obed 1 überlebten in einem zunächst recht ungünstigen Milieu: zwar stand ihnen fruchtbares abwechselnd sumpfiges oder trockenes Land zur Verfügung; aber anfangs herrschte stürmisches und trockenes Wetter und die fortdauernde Vertreibung von Menschen durch den Anstieg des Meeres mit dem Zwang zur Aufnahme von Flüchtlingen stellte sie immer wieder vor Probleme, welche sie aber dank der Kenntnis von Bewässerungswirtschaft und von Viehzucht, vor allem von Rindern, bewältigen konnten.

      Bis zur Mitte des Jahrtausends fielen Temperatur, Feuchtigkeit und Fruchtbarkeit erneut auf tiefe Werte ab. Das bedeutete wieder eine große Belastung für die Menschen und ihre Kultur. Eine neue und bessere Phase dieser frühen mesopotamischen Kultur konnte daher erst später einsetzen, als es klimatisch wieder aufwärts ging. Lit. 12.1

      Lange warme Feuchtperioden nach 5 500 v.Chr.: Gunstzeit der Kulturen

      Um die Mitte des 6. Jahrtausends v.Chr. stellten sich zunächst 2 günstige Jahrhunderte mit erhöhter Temperatur ein (Abb. 13). Sie lag damals deutlich höher als heute, denn die Sonneneinstrahlung auf die nördliche Hemisphäre der Erde übertraf unser heutiges Niveau aus astronomischen Gründen um mehr als 5 % (Abb. 5)! Wenn dann noch – wie von 5500 – 5300 v.Chr. – eine relativ hohe Sonnenaktivität hinzukam (Abb. 6), dann bedeutete dies Wärme und Fruchtbarkeit! Die maximalen Jahrestemperaturen dieser Zeit werden mit Werten von 2 bis 3°C über den heutigen angenommen; auf Grönland betrug der Unterschied bis zu 4°C (vgl. Abb. 4). Die Waldgrenze auf der Nordhalbkugel, in Kanada, Skandinavien und Sibirien war im Vergleich zu heute um 300 bis 400 Kilometer nach Norden verschoben, die asiatischen Steppenzonen schrumpften und die europäischen Hochgebirge zeigten nur noch eine geringe oder möglicherweise überhaupt keine Vergletscherung. Auch in den Zentralalpen lag die Waldgrenze deutlich über den heutigen Werten. Der schweizer Tschierva-Gletscher im Engadin hat vor einigen Jahren einen bis vor 6880 Jahren gewachsenen Stamm einer Zirbelkiefer frei gegeben, welche in dieser Gunstphase über der heutigen Gletschergrenze ein Alter von fast 600 Jahren erreicht hatte. Auch die Wüsten der Erde begannen sich wieder zu reduzieren (vgl.Abb. 8).

      Nach der günstigen langen Anfangsphase fiel die Sonnenaktivität wieder mehrfach auf tiefere Werte ab und die Temperatur folgte diesen Vorgaben. Um 5200 v.Chr. sind auch 2 sehr große Vulkanausbrüche im Eise Grönlands verzeichnet. In der Folgezeit erreichte die Sonnenaktivität aber nach steilem

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