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Fast ein Jahrhundert später, im Jahre 1961, lenkte jedoch eine neue Entdeckung das Interesse wieder auf diesen frühen Fund: im transsylvanischen Tartaria, 20 Kilometer von Turdas entfernt, fand man die mittlerweile berühmten „Tafeln von Tartaria“ sowie eine Reihe von gebrannten Tonfiguren wie auch Figurinen aus Alabaster. Aber auch diesmal erkannte man die Brisanz der Funde zunächst nicht, weil sie fälschlicherweise einer viel jüngeren Zeit zugeordnet wurden. Neuere Datierungen verursachten dann aber eine große Aufregung, denn sie messen den Funden nun ein Alter bis zu 7500 Jahren zu! Sicher datiert wurden die Täfelchen von Tataria erst im Jahre 2004. Schon vorher hatte M.Gimbutas Forschungen zu diesen Funden und der dahinter stehenden Kultur zu ihrem Lebenswerk gemacht. So schrieb sie 1991: „Im 5. und frühen 4.Jahrhundert v.Chr … hatten die Alteuropäer Städte mit einer beachtlichen Konzentration an Einwohnern, Tempel, die mehrere Stockwerke hoch waren, eine Sakralschrift, geräumige Häuser mit 4 oder 5 Räumen, professionelle Töpfer, Weber, Kupfer- und Goldschmiede und andere Kunsthandwerker, die eine breite Palette hoch entwickelter Güter produzierten. Es gab ein blühendes Netzwerk von Handelswegen, auf dem Waren wie Obsidian, Muscheln, Marmor, Kupfer und Salz über Hunderte von Kilometern transportiert wurden“. Einen großen Aufschwung der Forschung zur Donauzivilisation brachte dann der politische Umschwung des Jahres 1989. Heute kennt man eine ganze Reihe von Fundstellen dieser frühen Zivilisation. Sie setzen schon in der Anfangsphase des Klimaaufschwungs um 5500 v.Chr. ein, welcher eine lange überwiegend günstige Klimaphase einleitete.

      Nach einer frühen Fundstelle dieser Kultur, Vinća an der Donau südlich von Belgrad, wurde diese Kultur zunächst „Vinća-Kultur“genannt. Vinća wurde um 5500 v.Chr. gegründet als günstig gelegener Zentralort einer großen Region an der Donau und ihrer Zubringer. Heute bevorzugt man für diese Kultur die Bezeichnung „Donauzivilisation“ oder„Alteuropäische Donauzivilisation“. Sie umfasst einen großen Raum an der Donau und ihren Nebenflüssen, angefangen im Nordwesten mit dem Bereich Wien/südliches Slowakien bis zur Mündung der Donau ins Schwarze Meer und weiter hinauf über Moldavien bis in die südliche Ukraine.

      Die Alteuropäer haben schon sehr früh fortschrittliche Technologien entwickelt und verbreitet, wie die Keramikherstellung mittels einfacher Töpferscheibe mit Handantrieb und leistungsfähiger Brennöfen, und sie experimentierten auch früh mit neuen Technologien, z.B. der Verarbeitung von Kupfer und Gold mittels Hämmer- und Schmelztechniken. In den Tälern der Donau und ihrer Nebenflüsse wie auch in Moldawien und der südlichen Ukraine entstanden allmählich auch zahlreiche Großsiedlungen mit urbaner Struktur. Die Einwohnerzahl der Großsiedlung Majdanec'ke schätzt man auf 5500 bis 8000 Menschen. Einige dieser Großsiedlungen waren zwei- bis dreimal so groß wie die frühen Städte in Mesopotamien.

      Die ersten regelbaren Brennöfen zur Herstellung hochwertiger Keramikerzeugnisse wurden in Alteuropa entwickelt und sie waren dann auch die Voraussetzungen für das Erschmelzen und Gießen von Kupfer – und dies schon im ausgehenden 6. Jahrtausend v.Chr. – und damit einige Jahrhunderte vor Anatolien. Vorher hatte man Kupfer schon durch Kalthämmern bearbeitet.

      Die Donauzivilisation hat auch schon ein Notationssystem hervorgebracht, lange vor der Keilschrift in Mesopotamien und der Hieroglyphenschrift in Ägypten, und es steht damit – nach heutiger Kenntnis – weltweit am Beginn der Schrifttechnologie. Es umfasst je ein System für Zahlen und für die Schrift. Der Schriftbeginn liegt schon in der Anfangsperiode der Donauzivilisation von 5500 bis 5000 v.Chr., einer Zeit mit überwiegend sehr günstigen klimatischen Bedingungen, welche auch an vielen anderen Stellen der Welt einen kulturellen Auftrieb beschert hat – und damit etwa 2 Jahrtausende vor Ägypten (Beginn: 3300 v.Chr.) und Mesopotamien (3150 v.Chr.) wie auch Elam/Susa. Hinsichtlich der Zahl der verwendeten Zeichen kann sich die Alteuropäische Schrift durchaus mit anderen alten Schriftsystemen messen: sie kam – mit ihren regionalen Varianten – auf etwa 700 Zeichen und damit fast auf dieselbe Zahl wie die altsumerische Schrift (770). In Ägypten fand man etwa 700 bis 1000 Hieroglyphen; die jüngere Indusschrift kam nur auf etwa 400 Zeichen.

      Schriftzeichen der Donauzivilisation fanden sich bisher auf einer Reihe von Gegenständen – beinahe eintausend -, sie waren ganz offensichtlich schon standardisiert und sie sind auch über eine lange Zeit in einem weiten Gebiet benutzt wurden. Die Zeichengruppen sind allerdings meist so kurz, dass es bisher nicht gelungen ist, sie zu entziffern. Als Träger der Schriften sind Täfelchen wie in Tartaria die Ausnahme und andere Träger die Regel, wie Figurinen, Miniaturaltäre, Weihegefäße und Webutensilien. Die Schriften dienten wohl eher einem religiösen als einem materiellen Zweck und sie könnten magische Formeln darstellen, deren Nutzung möglicherweise einer privilegierten Priesterkaste vorbehalten blieb.

      In der wichtigen Kulturprovinz von Vinća hat die Schriftverwendung durch alle Kulturschichten eine kontinuierliche Tradition von etwa 5500 v.Chr. bis ca. 4400 v.Chr. Dann ebbt der Schriftgebrauch bis 4000 v.Chr. allmählich ab – wie auch in anderen Regionen. Schuld trug wohl die Verschlechterung des Klimas (s.Abb. 13) – entweder direkt oder durch das allmähliche Eindringen von Ariern aus den russischen Steppen wegen der Klimaverschlechterung. Lediglich in einer wärmeren Region, in Nordgriechenland, setzte sich die Schrifttradition auch im nächsten Jahrtausend noch fort. Ganz offensichtlich nahm dort auch noch das kretisch-minoische Schriftsystem Linear A Anregungen auf, denn von ihren 120 Zeichen zeigt rund die Hälfte graphische Parallelen. Auch im griechisch-mykenischen System Linear B sind solche noch zu finden.

      In alteuropäischen Siedlungen fand man auch Tonstempel mit gravierter Stirnfläche; allerdings hat man schon im viel älteren Catal Höyük in Anatolien solche ausgegraben. Eine eigene Errungenschaft aber scheint das zylindrische Rollsiegel aus Ton zu sein. Es stammt schon aus der anfänglichen Gunstzeit der zweiten Hälfte des 6.Jahrtauesends v.Chr. und es ist damit fast 2 Jahrtausende älter als die entsprechenden Rollsiegel aus Mesopotamien und aus Susa/Elam. Dort allerdings wurde bei diesen späteren Siegeln eine sehr hohe Kunstfertigkeit entwickelt.

      Aus den Siedlungsrelikten ist auf eine egalitäre Gesellschaft der Alteuropäer zu schließen, wie sie sich in Cayönü in Ostanatolien entwickelt hatte und dann auch in Catal Höyük angetroffen wurde. Erst unter Einfluss späterer Eindringlinge aus der russischen Steppe („Kurgan I – III) entstand dann eine hierarchisch gegliederte Gesellschaft.

      Aus der Spätphase dieser Epoche, um 4500 – 4400 v.Chr., stammt der berühmte Goldschatz von Varna in Bulgarien, insgesamt dreitausend Schmuckstücke aus rund sechs Kilogramm reinem Gold, alle kunstvoll gearbeitet. Es sind die ältesten Goldobjekte der Welt und sie sind lange vor der Blütezeit der Kultur der Sumerer in Mesopotamien und der Ägypter am Nil entstanden. Die Objekte zeigten auch schon eine hohe Kunstfertigkeit. So fanden sich Kultobjekte mit Goldbesatz, Perlen aus Gold und Karneol und Ohrrringe, Halsketten und Armbänder aus goldenen Ringen. Lit. 13.4

      Halaf: Früher Höhepunkt der Keramikkunst im nördlichen Nahen Osten

      Das fruchtbarere Klima nach 5500 v.Chr. führte auch im Norden Mesopotamiens, am Fuße des Taurus-Gebirges und in Syrien, zu einem großen kulturellen Aufschwung und einer beispiellosen Blüte des keramischen Schaffens, wie sie in diesem Raume später nie wieder erreicht werden konnte. Träger dieser Kultur war eine bäuerliche Gesellschaft. In der Region wurde bei den nun feuchteren Klimaverhältnissen Regenfeldanbau möglich und sie begann daher sich mit einem Netz von kleinen bis mittelgroßen bäuerlichen Siedlungen zu überziehen. Schon um 5500 v.Chr. tauchte dort auch ein neuer Keramiktyp auf, die bemalte Halaf-Ware, benannt nach dem ersten Fundort Tell Halaf am Habur-Fluss. Es ist die feinste und eine künstlerisch unübertroffene Keramik, welche man bisher im Nahen Osten irgendwo und irgendwann finden konnte. Die hochpolierte und mit strahlenden Farben mehrfarbig bemalte Ware mit geometrischen Mustern erreichte ein außerordentlich hohes künstlerisches Niveau, welches man durchaus mit jenem der viele Jahrtausende jüngeren attischen Vasen aus der griechischen Klassik in Vergleich setzen kann.

      Die Halaf-Periode ging schon um 5000 v.Chr. wieder zu Ende. Es ist die kühlere Zwischenperiode, in der im südlichen Zentraleuropa die Gunstphase der Bandkeramiker von Unruhen geprägt war, gekennzeichnet durch Massaker wie in Aspam an der Zaya und in Talheim bei Heilbronn. Abb. 13 weist für diese Zeit einen scharfen Abschwung der Temperatur nach und Sedimente aus dem Vansee (Abb. 12) zeigen einen Einbruch bei der Feuchtigkeit. Dieselbe Information

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