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Göbekli Tepe ohnmächtigen Zorn ausgelöst? Wollte man durch das Zuschütten des Heiligtums eine weitere Schändung verhindern?

      Die Menschen von Göbekli Tepe sahen sich aus Hunger zur Aufgabe ihrer Heimat und ihres uralten Heiligtums und zur Suche nach noch fruchtbareren Gegenden gezwungen. Sie hofften wohl auf eine Wiederkehr und wollten ihre Tempel bis dahin bewahren. Die in Etappen fortschreitende Trockenheit hat den Menschen aber in einem größeren Umkreis die Lebensgrundlage geraubt und so wurde es ein Abschied für zehntausend Jahre! Lit. 8.1

      Jäger, Sammler und Schweinehalter in Hallan Cemi in Südost-Anatolien

      Nach lange gültiger Meinung haben die Menschen am Beginn der Sesshaftwerdung zunächst mit dem Anbau von Getreide begonnen und sich dann wegen der Sicherung der Ernährung so stark vermehrt, dass der Wildbestand in der Umgebung stark dezimiert wurde, sodass ein Mangel an tierischem Eiweiß entstand. Das hätte dann zur Notwendigkeit der Tierhaltung geführt.

      Diese fest gefügte Meinung ist seit Ende des 20. Jahrhunderts erschüttert. Der Grund war die Anlage einer Reihe von Stauseen im kurdischen Südost-Anatolien der Türkei, in denen einige Tells von vorgeschichtlichen Siedlungen versinken sollten. In Notuntersuchungen hat man dann noch zu retten versucht, was zu retten war – und dabei kam ganz Erstaunliches zum Vorschein, welches unser bisheriges klares Bild vom Übergang zum Neolithikum trüben sollte!

      Am Batman-Fluss östlich von Dyarbakir ist um 11 200 v.h. wenige Jahrhunderte nach der Wiedererwärmung zu Ende des Kälterückfalls der Jüngeren Dryas eine kleine Siedlung, Hallan Cemi, von Jägern und Sammlern gegründet worden. Im umgebenden Hügelland standen Eichen, Pistazien und Mandelbäume und die Natur war mit einem reichen Wildbestand gesegnet, Schafe, Ziegen, Wildrinder, Rotwild und Wildschweine. Die Menschen bauten kleine runde Hütten auf einer Basis von Feldsteinen mit dem bescheidenen Durchmesser von nur etwa 2 Metern. Das dörfliche Leben muss sich wohl auf dem gepflasterten Vorplatz abgespielt haben. In jüngeren Schichten fanden sich dann 2 größere Rundhäuser mit 6 Meter Durchmesser und mit gemauerten Sitzbänken und einer gemauerten Herdstelle. Weiterhin fand man erstaunlich fein gearbeitete und dekorierte Steinschalen, einige mit Schlangendekor, sowie Werkzeuge aus Flint und Obsidian, welcher vom Vansee stammte. Offensichtlich gab es in dieser Frühzeit schon ein Handelssystem über längere Strecken.

      Obgleich die Siedlung ganzjährig besetzt war fanden sich keinerlei Zeichen für einen Getreideanbau. Sesshaftigkeit hatte sich also schon – wie in Göbekli Tepe – bei Jägern und Sammlern eingestellt, wenn die umgebende Natur nur genügend ergiebig war, und sie eilte damit dem Getreideanbau voraus! Die Menschen sammelten Früchte von vielen wilden Pflanzen; Gerste und Emmer waren aber nicht dabei. Erstaunlicherweise haben die Menschen aber – spätestens vor 10 000 Jahren – schon das Schwein irgendwie domestiziert. Damit ist auch eine zweite bisher allgemein akzeptierte These des Übergangs des Daseins vom Jäger und Sammler zum sesshaften Ackerbauerntum als allgemeines Rezept in Frage gestellt, nach welcher die Nutztierhaltung erst nach dem Ackerbau eingesetzt haben soll.

      Es ist anzunehmen, dass die Haltung von Schweinen in der Notsituation begann, in welcher an anderer Stelle in Anatolien Göbekli Tepe aufgegeben wurde. Ein Einbruch von Kälte und Trockenheit auf Grund eines großen Tiefs der Sonnenaktivität nach 10 300 v.h. (Abb. 6) und großer Vulkanausbrüche gefolgt von einem Vorstoß von Eisbergen weit in den Süden des Atlantiks (Abb. 10) hat die Menschen in Bedrängnis gebracht. Die Natur wurde unfruchtbarer und der Wildbestand lichtete sich. Während sich die Menschen von Göbekli Tepe aus Not zur Aufgabe ihres Heiligtums gezwungen sahen führte diese in Hallan Cemi zu einem kulturellen Sprung, zur ersten nachgewiesenen Haltung von Nutztieren! Schweine mit ihrem üppigen Nachwuchs ließen sich dabei wohl am leichtesten bewirtschaften. Lit. 8.2

      Umsturz in Cayönü als Folge eines Einbruchs von Kälte und Trockenheit

      Cayönü in Südostanatolien ist eine bedeutende archäologische Fundstätte in Obermesopotamien am Rand des Taurus-Gebirges, etwa 40 km von Diyarbakir in der Türkei entfernt. Der Ort ist in einer Klimagunstphase mit hoher Feuchtigkeit zwischen 10 800 und 10 500 v.h. (vgl.Abb. 9) als Dauersiedlung von Jägern und Sammlern gegründet worden und die Siedlung durchlief während ihres langen Bestehens von fast vier Jahrtausenden mehrere Kultur- und Bebauungsstufen.

Abb 11

       Abb. 11 Temperatur auf der Erde (10 000 – 8 000 v.h.) (rekonstruiert aus Eisbohrkern GISP2-Grönland)

      Um 10 000 v.h., in der Periode, in welcher in Hallan Cemi erstmals Schweine gehalten wurden, tritt in Cayöny plötzlich das erste kultivierte Getreide auf. Der Getreideanbau ist hier also in einer Phase eines Klimarückfalls in Abkühlung und Trockenheit aufgenommen worden (vgl. Abb. 9, 10 und 11)! Ganz offensichtlich zeigt sich hier eine Parallele zum frühen Abu Hureyra am mittleren Euphrat, wo man in einer Periode von Kälte und Unfruchtbarkeit als Überlebensstrategie Zuflucht beim Anbau von Getreide gesucht hat. Die Jäger und Sammler von Cayönü, Hallan Cemi und von Göbekli Tepe haben aber sehr gegensätzlich auf die Herausforderungen eines schwieriger gewordenen Klimas reagiert: in Göbekli Tepe haben die Menschen kapituliert und ihr Heiligtum aufgegeben; in Hallan Cemi hingegen haben sie Zuflucht bei der Tierzucht und in Cayönü beim Ackerbau gesucht und gefunden!

      In einer jüngeren Siedlungsschicht um 9500 v.h. befand sich neben Wohn- und Vorratsgebäuden im Nordteil der Siedlung ein zentraler etwa hundert Quadratmeter großer fensterloser Bau, teilweise in den Berg eingelassen, offensichtlich ein Tempel, mit einem riesigem Vorplatz, der von Monolithen bis zu 2 Meter Höhe gesäumt war. Der Platz wurde abgeschlossen von drei großen herrschaftlichen Häusern mit gleicher Fassade und Ausrichtung und gleichem Abstand. Sie standen auf einem erhöhten Podest auf massiven Fundamenten und besaßen sorgfältig gemauerte Wände, eine Veranda und steinerne Treppen. In diesen drei Häusern konzentrierte sich der gesellschaftliche Reichtum des Ortes: Blöcke aus Bergkristall, Steinskulpturen, Muscheln aus dem Mittelmeer und aus dem Roten Meer sowie importierte Waffen. Der westliche Teil der Siedlung hingegen war von einer eher ärmlichen Bebauung geprägt. Dort wurden nur die wenigen Werkzeuge gefunden, die zum täglichen Arbeiten und Leben notwendig waren. Es zeigt sich also eine sehr ungleiche Verteilung von Besitz und Macht in Cayönü. Auch sämtliche Rohstoffe, die zur Herstellung der Werkzeuge notwendig waren – Feuerstein und Obsidian – fanden sich ausschließlich in den vornehmen Häusern beim Tempel. Was man hier aber nicht fand, das waren Spuren einer produktiven Tätigkeit! Genau entgegengesetzt war die Situation in den Vierteln im Westen: hier lagen Berge von Abfall aus der Bearbeitung von Feuerstein und Obsidian. Es gab also offensichtlich eine kleine Gruppe von Menschen, die besaß ohne zu arbeiten und eine große Gruppe, die arbeitete ohne merklich zu besitzen.

      Ein Gemeinschaftsgebäude der Siedlung war in dieser Entwicklungsphase der Gesellschaften in Ostanatolien nichts Ungewöhnliches. Das teilweise in den Berg eingelassene Gebäude diente aber vermutlich auch der Aufrechterhaltung der Macht in einer hierarchisch gegliederten Gesellschaft! Hier ist viel Opferblut geflossen, das noch in Krusten von den Ausgräbern an Dolchen und Opfersteinen gefunden wurde. Nach hinten schlossen sich Kammern an, in welchen die Schädel von über 70 Menschen und Skelettteile von mehr als 400 verschiedenen Individuen lagen.

      Nach 9500 v.h. war die Temperatur in ein tiefes Minimum gefallen (Abb. 11) und, just als sie zur Wiedererholung angesetzt hatte, brach um 9430 v.h. der chilenische Vulkan Chaiten aus. Das bedeutete ein noch tieferes Minimum der Temperatur und es brachte wohl auch große wirtschaftliche Nöte mit sich! In Cayönü führte es zu einem Umsturz und zu einem Umbruch zu einem völlig anderen Klassensystem. Die herrschaftlichen Häuser an der Nordseite des großen Platzes brannten so schnell nieder, dass die Besitzer ihre Schätze nicht mehr retten konnten. Das Ritualgebäude wurde abgerissen, die Steinsäulen um den freien Platz niedergelegt und die größeren zerschlagen. Es muss sich ein gewaltiger Zorn der Einwohner entladen haben! Offensichtlich wurden hier die Wirren der Französischen Revolution schon vorweggenommen! Der Platz selbst – über lange Zeit hinweg gepflegt – wurde zur Müllhalde!

      Nach einer kurzen chaotischen Übergangszeit entstand nur wenige Schritte von den Ruinen

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