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es mit illegalen Sachen oder Glücksspiel?“

      „Ist Glücksspiel nicht illegal?“

      „Das lassen wir mal dahingestellt.“

      „Nein.“

      „Drogen?“

      „Nein, Herr Rhode. Claus hat sich nur für sein Studium interessiert.“

      Das sollte mich wundern. Dieser Strandasthmatiker hatte bestimmt auch andere Hobbys, als seiner hübschen Schwester sein Herz auszuschütten. Vielleicht schüttete er ja noch ein bisschen in gewissen Etablissements, die darauf spezialisiert sind?

      „Wie steht denn der alte Herr zu seinem Verschwinden?“ fragte ich.

      „Vater möchte wissen, wo Claus ist und ob er unsere Hilfe braucht.“

      Mit Hilfe meinte sie wahrscheinlich Geld. Das schien wirklich ein typischer Fall zu sein, wie ihn Marlowe auch so oft vor sich gehabt hatte. Blieb abzuwarten, in welcher Kneipe er abgestürzt war.

      „Hatte er Feinde, von denen Sie wissen?“

      „Nein, hatte er nicht.“

      Jeder hatte Feinde. Reiche Strandburschen besonders.

      Sie hatte mir alle Fragen, die ihren Bruder in ein schlechtes Licht setzen konnten, mit Nein beantwortet. Mir gefiel nicht, dass er eine derart weiße Weste hatte, der reinste Saubermann. Nicht einmal der Papst konnte mit Claus Braun mithalten, außerdem verstand er wohl wenig von Physik. Entweder das Bübchen hatte seiner Schwester nicht sein ganzes Herz ausgeschüttet oder sie verheimlichte mir etwas. Oder es gab tatsächlich so etwas wie das Gute im Menschen, aber diese Möglichkeit war mehr als gering.

      „Tja“, meinte ich und erhob mich. „Wenn es nichts mehr gibt, was Sie mir über ihn sagen können, werde ich dann jetzt mit meinen Ermittlungen anfangen.“

      Auch sie erhob sich. „Harry“, sagte sie mit dem gleichen schmachtenden Blick, den sie gestern auch schon draufgehabt hatte: „Helfen Sie Claus.“ Dann gab sie mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange – er war genauso aufdringlich wie ihr Parfum – und verschwand. Zwischen den Bildern von ihrem Bruder befand sich ein Zettel mit ihrer Adresse, sowie der ihres Bruders. Es konnte also losgehen.

      Als erstes fuhr ich zu Claus Brauns Wohnung. Er wohnte in einem Haus mit billigen Appartements in einem billigen Teil der Stadt – also rechtsrheinisch. Seine Wohnung befand sich im dritten Stockwerk, er wohnte alleine, nicht in einer WG. Mir war vor kurzem aufgefallen, dass ich meine Polizeimarke nicht, wie ich irrtümlich angenommen hatte, im Golfclub vergessen hatte, sondern sie ständig mit mir herumtrug. Das war ausgesprochen praktisch.

      Mit keuchendem Atem und erhöhtem Puls erreichte ich den dritten Stock – kein Aufzug im Haus, versteht sich. CLAUS BRAUN stand auf einem kleinen Schild über der Klingel. Die Luft war stickig. Hätte ich eine Krawatte getragen, ich hätte sie lösen können. Auch die drei obersten Knöpfe meines Hemdes standen schon offen. Meine einzige Rettung wäre ein Sauerstoffzelt gewesen. Ich schellte. Wie zu erwarten gewesen war öffnete niemand.

      Aus der Tatsache, dass Claus Braun in dieser Gegend wohnte, schloss ich, dass seine Verbindung zu seinem Vater entweder doch nicht so gut war, dass er sich fern aller materiellen Genüsse nur auf sein Studium konzentrieren wollte oder dass er sein Geld für wichtigeres brauchte. Vielleicht bedeutete Geld ihm auch einfach nichts. Es gab aber nur wenige, denen Geld nichts bedeutete. Einer davon war Marlowe. Aber der war nicht hier. Ich hatte unten ein Schild mit der Aufschrift HAUSMEISTER gesehen, also begann ich mit dem Abstieg und dann mit der Suche nach dem Hausmeister selbst. Ich fand ihn in einem kleinen Hof, wo er gerade damit beschäftigt war, seinen Rasenmäher oder ein Mofa oder beides auseinander zu nehmen.

      „Sind Sie der Hausmeister?“ fragte ich.

      Sein ölverschmiertes Gesicht wandte sich mir zu. „Und wen stellen Sie dar?“

      „Harry Rhode, Mordkommission“, sagte ich und zeigte meine alte Dienstmarke. Amtsanmaßung war die genaue Bezeichnung, eine durchaus illegale Tat. Neugierig betrachtete er die Marke.

      „Was kann ich für Sie tun?“

      „Ich würde gerne mit Claus Braun, dritter Stock, sprechen, aber er ist nicht zu Hause.“

      „Hat er was ausgefressen?“ Der Mann schien Feuer und Flamme.

      „Es besteht der Verdacht, dass er das Geld aus einem Banküberfall in seiner Wohnung versteckt hat. Wir haben den Tipp von einem Informanten aus dieser Gegend bekommen. Eine reine Routineuntersuchung. Wann haben Sie Braun das letzte Mal gesehen?“

      „Vor einer Woche. Oder zwei?“

      „Was ist er für ein Mensch?“

      „Bezahlt immer pünktlich seine Miete, soviel ich weiß. Ein ruhiger Typ. Hatte selten Besuch.“

      „Könnten Sie mir bitte seine Wohnung aufschließen?“ Ich lächelte höflich.

      „Na... ich hab keinen Schlüssel von ihm bekommen.“ Er lächelte entschuldigend. „Geld aus einem Bankraub sagten Sie?“

      „Es gibt einen Finderlohn für das Geld. Nun, verständigen Sie uns, sollte Braun wieder auftauchen.“ Ich drehte mich um und verschwand im Hausflur. Ich zog die Haustür auf, ließ sie zu krachen und verschwand so schnell es ging nach oben. Schnaufend erreichte ich den vierten Stock, dort setzte ich mich auf eine Stufe und wartete.

      Wenig später vernahm ich Schritte auf der Treppe, sie hielten einen Absatz unter mir, verharrten und dann hörte ich das metallische Geräusch, das entsteht, wenn man einen Schlüssel in ein Schlüsselloch steckt. Ich warf einen schnellen Blick über das Geländer um mich zu vergewissern, dann sprintete ich die Treppe herunter. Ich erwischte den Hausmeister gerade bevor er die Tür zu Brauns Wohnung hinter sich schließen konnte.

      „Aha“, sagte ich und schob ihm meinen Kuli in den Rücken. „Keinen Schlüssel, was?“

      „Sie sagten was von einer Belohnung.“

      „Für ehrliche Finder, wobei die Betonung wohl auf ehrlich liegt.“ Ich schob ihn hinaus auf den Gang. „Eintritt nur gegen Vorzeigen Ihrer Einladung. Lassen Sie die Finger von dieser Wohnung, wenn Sie keine Schwierigkeiten wollen.“ Ich nickte ihm zu. „Schönen Tag noch.“

      Mürrisch zog er ab. Hier konnte er keine schnelle Mark machen. Oder einen schnellen Euro. Oder wie immer man das heutzutage nannte. Lächelnd schloss ich die Tür hinter mir. Schon das zweite Vergehen heute: illegale Durchsuchung. Vielleicht konnte man als Nummer 3 noch Einbruch hinzufügen, mit Sicherheit aber Hausfriedensbruch! Obwohl, man hatte mich ja hereingelassen, wenn auch nicht unbedingt freundlich.

      Die Wohnung entsprach nicht ganz den Erwartungen, die man von ihr in dieser Gegend gehabt hätte. Sie war modern eingerichtet, wenn auch nicht im Stile der Plastikmoderne, nicht unbedingt billig, aber auch nicht zu teuer. Dennoch hätte ein normaler Student ohne die Rücklagen, die Braun offensichtlich aufweisen konnte, sich eine solche Einrichtung schwerlich leisten können, jedenfalls nicht ohne nebenbei mit Rauschgift zu dealen oder fremderleute Grundstücke zu verhökern. Die Wohnung war sauber aufgeräumt und erleichterte das Suchen. Noch mehr hätte sie es mir erleichtert, wenn sie mir auch gesagt hätte, was ich suchen sollte.

      Die Luft war noch stickiger als im Flur, eine Staubschicht überzog die glatten Flächen der Schränke. Braun hatte keine Putzfrau oder er hatte im Moment keine und die Wohnung war seit längerer Zeit nicht mehr benutzt worden. Eine Woche konnte hinkommen, vielleicht auch länger. Auf dem ordentlichen Schreibtisch fanden sich Bilder von Beatrice Braun, einem älteren Ehepaar, von dem ich annahm, dass es die Eltern Braun waren und das Bild einer hübschen, jedoch älteren Frau, älter als Claus jedenfalls. Ich nahm das Photo aus dem Rahmen und steckte es ein. Diebstahl? Naja, ich würde es ja zurückbringen. Wahrscheinlich. In den Regalen standen viele Physikbücher, aber auch Literatur. Nichts von Chandler. Er brauchte das ja auch nicht zu lesen, immerhin war ich der Detektiv. Oder sollte es zumindest sein.

      Die Untersuchung der Schubladen ergab nichts. Kein Rauschgift, keine Pornokassetten, nicht

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