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      Annette Philipp-Bickel

      Krieger der Friedwelt

      Dieses ebook wurde erstellt bei

      

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Krieger der Friedwelt

       Großmutters Tod

       Der Traum

       Lerne das Kämpfen

       Der Weg zu Ariven, dem Druiden

       Sarolf

       Der letzte Kampf

       Impressum neobooks

      Krieger der Friedwelt

      Nic saß am Klavier, ihre rechte Hand lag auf den Tasten. In unregelmäßigen Abständen bewegte sie ihre Finger, so dass keine Melodie, sondern nur eine Abfolge der immer gleichen Töne zustande kam. Mit der linken Hand hatte sie ihren Kopf abgestützt, Tränen liefen über ihre Wangen und suchten den Weg ihren Arm herunter. Um ihren aufgestützten Ellenbogen herum hatte sich schon eine kleine Tränenpfütze gebildet. Durch die offene Terrassentür strich ein sanfter, warmer Wind, die Gardinen wölbten sich leicht in den Raum, Sonnenstrahlen zeichneten ein feines Muster auf die Möbel. Doch Nic sah das alles nicht, ihr Blick war vor Schmerz nach innen gerichtet. Ihre geliebte Großmutter war gestorben. Erstaunlich viele Freunde und Nachbarn hatten sich nach der Beerdigung zum Kaffee trinken im Haus eingefunden. Jetzt war sie endlich allein, es gab keinen Grund mehr, tapfer zu sein. Ihre Gedanken glitten in der Zeit zurück; erst vor zwei Monaten hatte sie ihre Großmutter über das Wochenende besucht. Großmutter hatte so gesund ausgesehen, das graue Haar hatte ihr Gesicht in sanften Wellen umrahmt. Ihre blauen Augen hatten vor Freude gestrahlt, und flink wie ein Wiesel war sie durch das alte Farmhaus gelaufen. Nic konnte nicht glauben, dass sie an Herzversagen gestorben sein sollte, sie hatte doch so vital gewirkt. Nic musste lächeln, als sie daran dachte, wie Großmutter ihr wieder einmal über ihr Aussehen einen Vortrag gehalten hatte. »Mädchen, Mädchen«, hatte sie Nic getadelt, »wo willst du denn noch hin mit deinem Gewicht, und wann hast du dir denn das letzte Mal die Haare gewaschen? « Nic hatte die Hände gehoben, um ihre Großmutter zum Schweigen zu bringen. Sie wusste selbst, wie sie aussah. Bei einer Größe von einem Meter fünfundsechzig wog sie fünfundneunzig Kilo. Ihre Gesichtshaut war mehr als unrein und widerstand hartnäckig jeder Pickelcreme. Ihre eigentlich schönen, welligen braunen Haare fielen, egal ob sie frisch gewaschen waren oder nicht, strähnig und formlos über ihre Schultern. Das war nicht immer so gewesen. Als sie zum Studium auszog, war sie eine sehr gutaussehende junge Frau, nach der sich fast alle Männer umgedreht hatten. Nic selbst konnte das alles auch nicht so recht verstehen, und nach und nach hatte sie alle Freunde verloren. Was nicht nur an ihrem Äußeren lag, sondern auch daran, dass sie sich mehr und mehr in sich zurückgezogen hatte. An manchen Tagen hatte sie Fressattacken, die erst dann endeten, wenn alles, was sie an Essbarem finden konnte, aufgegessen war. Seltsamerweise änderte sich das alles, wenn sie für ein paar Tage ihre Großmutter auf der Farm besuchte. Sie brauchte kaum etwas zu essen, denn Hunger verspürte sie dort nie, und wenn sie abreiste, fielen ihre Haare lockig und schimmernd um ihr Gesicht. Leider hielt dieses Phänomen nicht lange an. Schon wenige Tage nach ihrer Abreise schien sich ihr äußerer Zustand noch zu verschlimmern. Großmutter hatte ihr erst einmal einen Tee gekocht, und später waren sie lachend und scherzend zum Stall gegangen. Nic wollte die Tiere füttern helfen. Als erstes begrüßte sie den großen schwarzen Hengst, der freudig wieherte, als er sie sah. Er war ein mächtiges Pferd - muskelbepackt, mit glänzend schwarzem Fell und schöner, langer Mähne. Großmutter hatte ihm nie einen Namen gegeben, jeder nannte ihn nur den Großen Schwarzen. Mit seinen warmen, weichen Nüstern strich er ihr durch das Gesicht und blies sie sanft an, dabei schien er sie genau zu betrachten. Dann trat er einen Schritt zurück, und es wollte Nic scheinen, dass er seinen großen Kopf langsam hin und her schüttelte. Ganz so, als wollte auch er sagen, »nein, wie siehst du denn aus. « Neben ihm in der Box stand Liesel, eine zierliche Hochlandkuh mit großen, feuchtschimmernden Augen, die seit Jahren jeden Tag zwanzig Liter Milch gab. Sie und der Hengst waren unzertrennlich, fast hatte Nic das Gefühl, als würden sie aufeinander aufpassen. Dann begrüßte sie die zwei Schweine. Quietsch und Grunz kamen zutraulich an das Gitter des Stalles, und reckten freudig ihre Köpfe hin zu Nics Hand. Dabei gaben beide leise grunzende Laute von sich. Als Kind hatte sie sich gerne vorgestellt, dass die Schweine mit ihr redeten. Nic seufzte, wandte sich ab und begrüßte die zwei Schafe, die aber wenig Interesse an ihr zeigten. Sie standen in der hinteren Ecke des Stalles und starrten hochmütig zu ihr. Am Ende des Rundganges rief sie noch die vier Hühner, sie flatterten wild durcheinander gackernd, in den Stall herein. Nic verschloss mit ihrer Großmutter fest das große Scheunentor und folgte ihr zurück ins Haus.

      »Du sag einmal, Großmutter, wie alt können Tiere eigentlich werden? «, fragte sie plötzlich. Seit sie zurückdenken konnte, waren die Tiere hier auf der Farm. Die alte Frau zögerte kurz. »Du fragst dich bestimmt, wie alt die Tiere hier auf der Farm sind? «, antwortete sie mit einer Gegenfrage. Sie wartete Nics Antwort nicht ab und sprach weiter. »Nun, du bist ja nicht immer hier, aber außer dem Pferd habe ich schon des öfteren die Kuh, die Schweine, die Schafe und Hühner ausgetauscht«, log ihre Großmutter. Nic war traurig. »Warum hast du mir das nie erzählt? « »Hast du denn einen Unterschied bemerkt? «, fragte ihre Großmutter zurück. »Nein«, sagte Nic, »sie sehen alle genauso aus und benehmen sich genauso, wie ich sie seit meiner Kindheit in Erinnerung habe. « »Na also«, sagte ihre Großmutter knapp und beendete damit das Thema. Großmutter sprach nie von selbst über Nics Eltern. Beide waren, als Nic neun Jahre alt war, bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Aber ihre Großmutter erzählte von ihnen, wenn Nic sie nach ihnen fragte. Sie erinnerte sich daran, dass sie auch an jenem Abend noch bei einer Tasse Tee über ihre Eltern gesprochen hatten. »Du hast die wundervollen blauen Augen und die braunen Haare deines Vaters«, hatte Großmutter mit traurigem Lächeln gesagt. »Deine Schönheit aber, hast du von deiner Mutter. « Nic konnte beim besten Willen keine Schönheit an sich entdecken. Sie war fett, und egal was sie auch tat, sie wirkte immer ungepflegt. »Sag mal, Nic, meldet sich Onkel Luis noch bei dir? «, fragte Großmutter, das Thema wechselnd. Nic wusste, dass Großmutter ihn nicht mochte, antwortete aber trotzdem wahrheitsgetreu. »Ja, wir sehen uns alle vierzehn Tage, er kommt dann immer und holt mich zum Essen ab. Ach, Großmutter, er ist so lieb zu mir, er hat immer ein kleines Geschenk für mich dabei. « Die Mundwinkel ihrer Großmutter zogen sich nach unten, und ihre Augen hielten Nics Blick fest. Eindringlich sagte sie: »Du solltest nichts von ihm annehmen, diese Geschenke sind nicht gut. Ich bitte dich nur um eines - sollte ich einmal nicht da sein und Luis hier auf die Farm kommen, lass ihn auf keinen Fall ins Haus. Ich flehe dich an, bitte ihn nicht herein. « Nic verstand ihre Großmutter nicht, aber die alte Dame ließ nicht locker, bis sie es ihr in die Hand versprach. Nic hätte gerne das Thema gewechselt, aber Großmutter redete schon weiter. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er wirklich der Stiefbruder deiner Mutter sein soll, zumal er auch erst aufgetaucht ist, als deine Mutter schon gestorben war. « »Aber Großmutter«, fiel Nic ihr ins Wort, »Onkel Luis wollte nie Geld, er wollte nur das Besuchsrecht für mich. « »Das stimmt schon, mein Liebes«, sagte Großmutter, »aber ich hatte ihn gebeten, mir einen schriftlichen Beleg zu bringen, der beweist, dass er tatsächlich mit deiner Mutter verwandt ist. Den ist er mir aber bis heute schuldiggeblieben. Du kannst sagen, was du willst - ich traue ihm nicht. « »Ich mag ihn aber«, sagte Nic stur. Ihre Großmutter schüttelte

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