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zubereitet. Vor wenigen Tagen hatten sie noch in Saint-Malo, der Île du Grand Bé, des Grab seines Namensgebers besucht.

      Die Hochzeit für die frisch Verlobten würde im nächsten Sommer stattfinden. So wie Marie es sich immer gewünscht hatte, sollte die Hochzeit in der Orangerie de Lanniron stattfinden. Das Anwesen lag am Ufer des Odet und gab eine perfekte Kulisse für solche Events ab. Ewen war erst ein einziges Mal dort gewesen, im Zuge einer Ermittlung.

      Die ehemalige Sommerresidenz der Bischöfe von Quimper, mit dem 38 Hektar großen Park und den schön angelegten Gärten an den Ufern des Odet, war eine echte Bereicherung für die Hauptstadt des Finistère. Der botanische Garten, der Golfplatz, der Wasser- und Wellnessbereich, die Möglichkeit für ausgedehnte Spaziergänge, vorbei an über hundert Jahre alten Bäumen, sowie das große Freizeit- und Wassersportangebot, zogen in jedem Jahr zahlreiche Touristen an. Die Orangerie war schon Monate im Voraus ausgebucht. Daher hatte auch Pierre bereits die Lokalität gebucht. Maries Wunsch war ihm nicht verborgen geblieben.

      Kapitel 5

      Als Ewen am Montag wieder ins Kommissariat kam, fand er einen gut gelaunten Paul vor.

      „Ich nehme an, Paul, Brest hat am Freitag gewonnen?“

      „Brest? Ach ja, natürlich konnten sie Niort 3:0 schlagen.“

      Ewen irritierte, dass Paul nicht sofort geschaltet hatte. Normalerweise erwartete er eine ganz andere Antwort. Üblicherweise kamen Sätze wie: Du hast eben keine Ahnung von Fußball, oder auch, das Ergebnis stand doch schon am Samstag im Ouest France. Aber eine Frage nach Nachfrage Brest hatte es bisher nie gegeben. Die gute Laune von Paul musste also eine andere Ursache haben. So schnell wollte Ewen nicht aufgeben und hakte nach:

      „Deine gute Laune scheint nicht mit dem Spiel zusammenzuhängen, sehe ich das richtig?“

      „Meine gute Laune? Ach, es war ein schönes Wochenende, gutes Wetter und…“

      „Paul, du kannst mir nichts vormachen. Vergiss nicht mein Bauchgefühl, das sagt mir, dass es da noch etwas anderes gibt.“

      Paul druckste noch herum, bevor er dann mit der Sprache herausrückte.

      „Ich habe am Freitag eine Frau kennengelernt beim Fußballspiel. Rein zufällig! Sie ist die Tochter meines langjährigen Sitznachbarn im Stadion, Jean-Luc Branilec. Ich kenne ihn schon seit Jahren. Der Mann verpasst kein Spiel. Am Freitag aber saß plötzlich diese Frau neben mir. Es hat sich herausgestellt, dass sie seine Tochter ist, der Mann hat sich einer Operation im Morvan unterziehen müssen, und seine Tochter hat seine Dauerkarte genutzt. Alice heißt die Frau, sie ist bei der police judiciaire in Brest tätig. Hast du gewusst, wie wichtig die Bekämpfung der Cybercriminalité inzwischen geworden ist? Wir haben uns nach dem Spiel sehr ausführlich darüber ausgetauscht.“

      „Und jetzt tauscht ihr euch in den nächsten Wochen weiter darüber aus?“, fragte Ewen spitzbübisch.

      „Nun, vielleicht nicht unbedingt nur über die Kriminalität im Netz“, antwortete Paul und lächelte wieder vergnügt.

      „Ich habe auch gute Nachrichten, Marie und Pierre haben sich verlobt und werden im nächsten Sommer heiraten.“

      „Dann gratuliere ich Carlas Tochter! Das sind wirklich gute Nachrichten. Aber Ewen, ich glaube, wir müssen uns wieder dem Mordfall Kerduc zuwenden. Ich habe inzwischen die Liste aller Mitglieder der Wallfahrt-Organisation erhalten. Wir können sofort mit den Leuten sprechen.“

      „Das ist gut, Paul, wir können gleich aufbrechen, ich muss nur noch einige Unterlagen aus meinem Büro holen.“

      Ewen freute sich für Paul. Er hoffte schon lange, dass sein Freund eine Freundin finden würde. Er schnappte sich einige Unterlagen von seinem Schreibtisch, warf noch einen Blick auf die Pinnwand und die gestrigen Notizen, dann machten sie sich auf den Weg nach Locronan.

      Paul hatte die Liste der Vorstandsmitglieder vom zweiten Vorsitzenden, Yann Morgat, erhalten. Auf der Liste stand der Name des Schriftführers, einem gewissen Marc Legall, sowie die der beiden Beisitzer, Erwan Hirgars und Corentin Kerelle. Paul hatte sich am Morgen bei Yann Morgan telefonisch versichert, dass alle in Locronan anzutreffen waren. Marc Legall, ein Skulpteur, war in seinem Atelier in der Venelle du Prieuré zu erreichen, Hirgars in seiner Galerie in der Rue du Prieuré, Kerelle in seinem Souvenirladen auf dem Place de l’Église und Yann Morgan saß im Tourismusbüro, dessen Leiter er war, am Place de la Mairie. Das war der Vorteil von kleinen Ortschaften, alle ihre Gesprächspartner waren nahe beieinander.

      Ewen entschied, das erste Gespräch mit Erwan Hirgars zu führen. Seine Galerie lag direkt an der Straße die nach Locronan hineinführt. Danach würden sie die wenigen Schritte in die Venelle du Prieuré gehen und den Skulpteur Marc Legall aufsuchen, anschließend Corentin Kerelle und den zweiten Vorsitzenden, Yann Morgan. Er stellte den Dienstwagen vor der Galerie von Hirgars ab und sie stiegen aus.

      Sie betraten die kleine Kunstgalerie, die über und über mit kleinen Kunstwerken in einer Größe von höchstens 30 x 40 cm und 20 x 20 cm behangen war. Nur wenige größere Bilder von 60 bis 80 cm hingen dazwischen. Ein Mann mit einem langen, krausen Bart saß auf einem Hocker vor einer Staffelei und verteilte gelbe Farbe auf einer kleinen Leinwand. Sein Alter konnte Ewen schlecht einschätzen, der Bart ließ ihn vielleicht älter erscheinen als er war.

      „Bonjour Monsieur, mein Name ist Ewen Kerber von der police judiciaire Quimper, und das ist mein Kollege, Paul Chevrier. Ich nehme an, dass Sie Monsieur Hirgars sind?“

      „Ganz Recht, mein Name ist Erwan Hirgars, was kann ich für Sie tun?“

      „Es geht um den Mord an Monsieur Didier Kerduc. Sie werden bestimmt davon gehört haben?“

      „Es ist das Hauptgespräch in der Stadt seit Freitag, man kann es nicht überhören. Wie kann ich Ihnen helfen?“

      „Wir stehen ganz am Anfang unserer Ermittlungen, das heißt, für uns ist alles wichtig, was ein Hinweis auf seinen Mörder sein kann. Hat Kerduc Feinde gehabt?“

      „Kerduc? Feinde? Nein, ich kenne keinen einzigen. Nicht einmal sein Vorgänger, Elouan Pennoù, ist ihm schlecht gesinnt gewesen, obwohl er den Vorsitz an ihn abgetreten hat.“

      „Aber dieser Wechsel ist doch in den Statuten vorgesehen.“

      „Ganz genau, alleine schon deshalb hat Elouan ihm nicht Gram sein können. Abgesehen davon, die beiden sind gute Freunde gewesen, und Kerduc war über etliche Jahre sein Stellvertreter. Nein, ich weiß wirklich nicht, mit wem er einen Streit gehabt haben könnte. Didier Kerduc ist ein Mensch gewesen, der den Ausgleich gesucht hat und nicht die Konfrontation. Er hat seine Energie zum Wohl der Gemeinde eingesetzt.

      Er hat, wenn Sie wollen, zu den einfacheren Menschen in unserem Städtchen gehört. Er ist weder Künstler noch Geschäftsmann gewesen, Kerduc hat als Briefträger bei der Post gearbeitet. Wie ich schon gesagt habe, die Pardons sind seine ganze Leidenschaft gewesen. Kerduc ist aufrichtig gläubig gewesen.“

      „Didier Kerduc hat doch einige Neuerungen bei den Troménies einführen wollen, wenigstens hat man uns davon erzählt?“

      „Ja, das ist richtig, aber die sind alle zum Wohl der Gemeinde gewesen. Der Stadtrat hat darüber abgestimmt, und sein Vorschlag ist mit überwältigender Mehrheit angenommen worden. Da können Sie sicher kein Mordmotiv herauslesen.“

      „Wie ist Ihre Beziehung zu dem Opfer gewesen?“

      „Wir haben uns seit vielen Jahren gekannt. Er hat mir jeden Tag meine Post gebracht und wir haben regelmäßig ein Glas zusammen getrunken. Monsieur le Commissaire, mein Verhältnis zu Didier ist ausgezeichnet gewesen.“

      „Können Sie uns sagen, wo Sie am Freitag zwischen 10 Uhr und 10 Uhr 30 gewesen sind?“

      „Am Freitag? Hier in meinem Atelier.“

      „Gibt es einen Zeugen, der das bestätigen kann?“

      „Einen Zeugen? Nein,

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