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ihm zu Ehren eine Kirche.

      Noch heute ist das Grabmal des Heiligen in der Chapelle du Penity, der Kapelle der Einsiedelei, in der Kirche von Locronan zu sehen.

      (Modifiziert nach: Q.-L. Aubert, Keltische Legenden aus der Bretagne, 1992 Coop Breizh, Kerangwenn 29540 Spézet)

      Kapitel 1

      Die Pardons von Locronan standen wieder bevor. Die Troménies, wie sie auch genannt werden, sollen ihren Namen von einem im 11. Jh. gegründeten Benediktinerpriorat erhalten haben, das Asyl gewähren durfte. Die bretonische Bezeichnung, Tro Minihy, Gang zum Asyl, soll der Ursprung sein. Die kleine und die große Troménie wechseln sich ab. Alle sechs Jahre findet die große Troménie statt.

      Nicht alle glaubten an diesen Ursprung für die Wallfahrt. Viele waren sicher, dass der Ursprung in der Legende über den Heiligen Ronan exakter und glaubwürdiger beschrieben war.

      Die Planung war im vollem Gang. Diesmal durfte Didier Kerduc zum ersten Mal der Association Ronan vorstehen und Einfluss auf die Planung nehmen. Sein Vorgänger, der legendäre Elouan Pennoù, der beinahe dreißig Jahre lang die Troménies organisiert hatte, war feierlich im letzten Jahr verabschiedet worden, nachdem er die Altersgrenze von 6o Jahren erreicht hatte, die in den Statuten der Organisation für einen Wechsel in der Führung vorgesehen war. Davor war er regelmäßig alle sechs Jahr zum Vorsitzenden der Vereinigung, die sich dem Erbe des Heiligen Ronan verschrieben hatte, gewählt worden.

      Didier Kerduc erklärte bei seinem Amtsantritt, dass er die Wallfahrt der heutigen Zeit anpassen wollte. Die Touristen erwarteten, dass die Pardons zu einem Volksfest wurden. Da Locronan zum überwiegenden Teil vom Tourismus lebte konnte man nicht einfach an dem Althergebrachten festhalten. Es gab viele, die die Behauptung aufstellten, dass Locronan ohne den Tourismus ein dem Untergang geweihter Ort wäre. Vom Tourismus lebten die Künstler, der Glasbläser, die Keramiker, die Skulpteure, die kleinen Boutiquen, die Andenkenläden, die Restaurants und natürlich auch die Bistros. Die Saison war kurz. Von Juni bis September kamen beinahe 80% der Besucher, so dass die Wallfahrt im Juli wichtig war und als Publikumsmagnet wirken sollte.

      Didier Kerduc schlug vor, auf dem 12 Kilometer langen Weg rund um den Berg, den die Wallfahrer nahmen, Getränkebuden zu errichten und auch den Verkauf von Andenken vorzusehen. So konnten die Touristen, die es nicht so genau mit der Wallfahrt nahmen, Pausen einlegen, etwas trinken und rasten, sich nach einem Mitbringsel umsehen und dann gemütlich zur nächsten Station ziehen. Er ging davon aus, dass auf diese Art und Weise mehr Geld im Ort bliebe. Der erhöhte Umsatz würde bestimmt zu einer Steigerung der Gemeindeeinnahmen führen. Das Geld wurde dringend gebraucht, um Ausbesserungsarbeiten an den Wegen und Straßen durchzuführen.

      Der Maire und der Stadtrat stimmten dem Vorschlag zu, und so konnten die Vorbereitungen sofort beginnen. In der Stadt selber wurde der Vorschlag durchaus kontrovers diskutiert. Die Geschäftsleute fanden ihn gut, der eine oder andere der älteren Einwohner wiesen auf den Ursprung der Troménie hin und meinten, dass der Heilige Ronan die Änderungen nicht für gut befunden hätte.

      Alle waren nach der Sitzung des Gemeinderates auf ein Glas ins benachbarte Bistro gegangen und diskutierten dort nun weiter.

      „Ihr kennt die Sage! Was dem Heiligen nicht gefällt, das wird er bestimmt nicht tolerieren. Vergesst nicht, unser Ortsname kommt von ihm, und wir sind letztlich die Hüter seiner Grabstätte“, meinte der frühere Maire der Gemeinde, Pereg Quemen, und griff zu seinem Glas Cidre, das vor ihm auf der Theke des Bistros stand.

      Er bezog sich auf die Bedeutung des Ortsnamens. Loc bedeutet in der bretonischen Mundart Heilig. Locronan ist somit die Stätte des Heiligen Ronan.

      „Wir können aber nicht nach über 1000 Jahren unser Leben an eine Sage binden“, antwortete Kerduc auf den Einwand.

      „Der Heilige Ronan liegt in seinem Grab in der Kapelle und wird uns bestimmt nicht verurteilen, nur weil wir dem Ort eine bessere Zukunft bescheren wollen“, ergänzte Marc Legall und sah in die Gesichter der Ratsmitglieder, die gerade mit ihrer Stimme für die Änderungen gestimmt hatten.

      „Ich habe mich entschlossen, ganz neue Skulpturen herzustellen, moderner und schlichter und nicht mehr so religiös wie die alten. Die Leute möchten die Skulpturen nicht für einen privaten Altar haben, sondern als Schmuck in ihrer Wohnung“, ergänzte er seine Aussage.“

      „Dem kann ich nur zustimmen“, meinte Yann Morgat, der dem Tourismusbüro vorstand.

      „Wenn die Besucher zu uns ins Büro kommen, dann höre ich des Öfteren aus ihren Gesprächen, dass sie sich über die heiligen Bilder und Skulpturen amüsieren. Neues und vielleicht auch mehr Künstlerisches kommt bestimmt besser an.“

      Als die Bistrobesucher auseinandergingen waren die Meinungsverschiedenheiten zwar immer noch nicht ausgeräumt, aber man hatte sich etwas angenähert.

      Kapitel 2

      Ewen Kerber und Paul Chevrier saßen in ihren Büros und arbeiteten diverse Papiere durch. Es war ruhig geworden in Quimper, wenigstens für die Mordkommission. Nicht, dass Ewen den Mangel an Toten bedauerte, er freute sich sogar, wenn alles ruhig blieb und die Menschen sich nicht gegenseitig umbrachten, aber der liegengebliebene Papierkram, den er dann erledigen musste, gehörte nicht zu seinen liebsten Aufgaben. Auch wenn ein Großteil der schriftlichen Arbeiten von seiner Sekretärin, Anne Kerflor, übernommen wurde, blieb trotzdem noch genügend für die Kommissare übrig. Manches konnten nur die wissen, die mit der Lösung des Falles betraut waren, und das waren nun einmal in einem Mordfall die Herren Kerber und Chevrier.

      Der Sommer zeigte sich schon seit Wochen von seiner schönsten Seite. Die Temperaturen schwankten beständig zwischen 23 und 25°C. Häufig wehte ein leichter Wind, so dass das Wetter auch ideal für die Freizeitkapitäne war, die jetzt das Meer entlang der bretonischen Küste bevölkerten. Kerber gehörte nicht dazu. Die Kosten für eine Segelyacht, für den Liegeplatz und die weiteren Gebühren, waren für einen Kommissar der police judiciaire einfach zu hoch. Aber Ewen wäre auch bestimmt kein Freizeitkapitän geworden, wenn er das nötige Kleingeld dafür gehabt hätte. Er neigte dazu recht schnell seekrank zu werden. Schon die Überfahrten zu den Inseln mit den recht ansehnlichen Fähren machte ihm bei einem stärkeren Seegang zu schaffen. Carla, seine Frau, lag ihm seit einigen Tagen in den Ohren, die Insel Groix zu besuchen. Auf France 3 hatte sie eine Dokumentation über die Insel gesehen und war sofort Feuer und Flamme für einen Besuch gewesen. Ewen war nicht abgeneigt die Insel anzusehen, zumal er vor geraumer Zeit in einem Buch, das Carla im geschenkt hatte, über den Mineralienreichtum der Insel gelesen hatte, von dem konvexen Strand und vielen anderen interessanten Dingen. Wenn da nicht die Überfahrt wäre. Es war nur eine kurze Fahrt, höchstens vierzig Minuten, dennoch war es eine Barriere, die Ewen erst einmal überwinden musste.

      Vor einigen Wochen war er mit Carla zu seinem Freund Georges Ehinger gefahren, der in der Normandie das Château Bois Avenel erworben hatte. Bei dem Aufenthalt war er in die Vorbereitungen eines Attentats auf den Präsidenten geraten und hatte an der Lösung des Falles mitwirken können. Die Schreibarbeit zu diesem Fall war ihm erspart geblieben, die durfte jetzt sein Kollege, Eric Mortain, in Saint-Lô erledigen. Das war eine ganze Menge.

      Seit seiner Rückkehr saß er nun Tag für Tag in seinem Büro und versuchte die liegengebliebenen Berichte zu ergänzen, abzuarbeiten und für die Archivierung vorzubereiten.

      „Ewen, wir haben einen neuen Fall“, eröffnete ihm Paul, der in der Tür zu seinem Büro stand.

      „Ein neuer Fall!“ Ewen rief es, als sei dies eine freudige Botschaft.

      „Gerade habe ich von der Zentrale die Nachricht bekommen, dass es in Locronan einen Toten gibt. Ein älterer Spaziergänger hat einen Mann gefunden. So wie es aussieht, ist er wohl erstochen worden.“

      Ewen ließ sofort den Kugelschreiber fallen, den er noch in der Hand hielt, stand auf, nahm sein Jackett vom Besucherstuhl und verließ mit Paul das Büro. Trotz der Temperaturen ließ

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