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Zwischen Heinrich und Jeanniene. Wilhelm Kastberger
Читать онлайн.Название Zwischen Heinrich und Jeanniene
Год выпуска 0
isbn 9783742775528
Автор произведения Wilhelm Kastberger
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Maxl war hellwach. Das ist er bestimmt immer, wenn um Geld gesprochen wurde. So ähnlich dürfte es auch seiner Begleiterin Mariella Nadja Todorova in diesem Moment gegangen sein. Sie war auch neugierig geworden und wollte schon nachfragen.
Alice war ankündigungslos aufgestanden, gab ein paar entschuldigende Floskeln von sich, zeigte mit ihrem Finger auf das Handy und eilte davon, als hätte sie den frischgebackenen Bienenstich von vorhin nicht vertragen.
Da saßen sie nun. Nämlich die zwei jüngst in Partnerschaft verbundenen Blütengartenmeer-Betreuer alleine am Tisch. Vor ihnen lag eine horrend hohe Rechnung, die ihnen beiden ihre Augen zum überschlagenen Rollen verleitet haben. Und das Beste war noch, dass das Missverständnis einer nicht ausgesprochenen Einladung seitens Alice gleichsam danebenlag.
Maxl musste wieder einmal Farbe bekennen. Dieses Mal in ganz anderer Art. Sein angebliches Barvermögen steckte in einem Sakko und dieses wartete geduldig auf einem Kleiderbügel, in einem Schrank im Hotel, auf seinem Besitzer. Also gut. Das kommt bei Festspielgästen öfters vor. Die Rechnung wurde in unkomplizierter Art und Weise ins Hotel transferiert und auf die Zimmerrechnung dazu addiert.
Maxl ist und bleibt halt ein Kavalier.
Alice allerdings entfernte sich nur knapp fünfzig Meter vom Caféhaus. Den Klingelton bei ihrem Handy hatte sie vor dem Treffen mit Mariella Nadja Todorova und Maxl präzise eingestellt. Und akkurat zur passenden Zeit spielte das Ding Mozarts Kleine Nachtmusik los.
Das war der nächste gelungene Schachzug. Alice und ihr Mann, der wie verabredet neben ihr stand, konnten ihr Lachen kaum unterdrücken.
Es traf den Stardirigenten Javier de Rossi und gleichermaßen auch seine Frau Alice wie ein Blitz aus heiterem Himmel, um diese umgangssprachliche Floskel einmal an dieser Stelle zu strapazieren. Es stimmte zwar nicht ganz, weil der Himmel war an diesem Dienstag den 6. August jedenfalls wolkenverhangen und es schnürlete beim Regen in Salzburg ganz gehörig.
Und doch schien ein unvermeidliches Donnerwetter, das nicht in der Disziplin der Meteorologie ihren Ursprung hatte, aufzukommen. Diese Heftigkeit traf Javier de Rossi und vermutlich auch noch viele andere, während er zeitunglesend und das mit Liebe von seiner Alice zubereitete Frühstück genießen wollte.
Am Tag der feierlichen Eröffnung der Salzburger Festspiele schien alles noch eitle Wonne zu sein. So sprachen jedenfalls sämtliche für Kultur, zumindest temporär verantwortliche Politiker über das Schöne der freien Kunst. Das von gewiss mehreren Redeschreibern verfasste Konzept wurde dann langatmig von Damen und Herren in ein heruntergelesenes Gemurmel umgewandelt.
Keine Silbe wurde vor wenigen Tagen darüber gesprochen. Geschweige denn angedeutet! Nämlich dies, was die Weltpresse, quasi als Morgengebet zum Dienstag, den Lesern, ausgenommen jenen, denen das ohnehin wurscht ist, als Beilage zum Frühstückservierte.
Mein lieber Spitz, die Aufregung hätte auch seine Grenzen einhalten können, weil die Schlagzeile – Einsparungen bei Sonderausgaben - beinhaltete ja an sich keine besondere Überspannung der Österreichischen Seele. Es betrifft im Wesentlichen das berühmte Tagesgeschäft der Politiker einerseits und der Printmedien andererseits. Mehr nicht. Außerdem wurde mit dem Wurf von überreifen Tomaten schon öfters das strittige Sommerloch gestopft.
Damit dies auch bis ins kleinste Unteilbare gelingen kann, muss man sich halt auch was einfallen lassen. Und gerade für diese Zwecke war die politische Landschaft die geeignetste Bühne, die ja für sich selbst stets den Anspruch erhebt, die kreativste und innovativste Plattform aller Zeiten zu sein.
Inspiration war das sommerlich anmutende Zauberwort schlechthin. Nur von wem auch immer die am Dienstag den 6. August in den Medien verbreitete Erleuchtung vorgeschlagen worden war, der oder die hatten es meterdick übertrieben.
Eigentlich hatte der Artikel ja ganz harmlos angefangen. Von Satz zu Satz drehte sich dann aber die Gedankenspirale des Schreiberlings behutsamst in ungeahnte Höhen hinauf.
Anfangs waren allgemeine Begriffe über die künftig vorzunehmenden Sparmaßnahmen, welches auch die Durchschnittsbevölkerung noch so halbwegs zu verstehen glaubt. Zwischen dem lauwarmen Einführungstext und den überhaupt nicht notwendigen Zusätzen, wurde ein Foto von der für das Resort für Unterricht, Kunst und Kultur zuständigen Ministerin abgedruckt. Dabei handelte es sich um eine Abbildung, die einem Meisterfotografen den sofortigen Entzug der Gewerbeberechtigung eingebracht hätte, wäre nicht unterhalb vom Bild in einem Klammertext privat gestanden.
Der letzte Absatz war für Javier de Rossi von Bedeutung. Da stand auszugsweise „… auch die Salzburger Festspiele werden meinen Sparstift zu spüren bekommen …“. Ein paar Sätze weiter forderte sie allen Ernstes, dass der in Österreich mit Tradition behaftete dreiviertel Takt in Zukunft eingespart werden müsse.
Der unterzeichnete Chefredakteur merkte auch noch keck an, man streiche ja heute schon ganze Partitur-Passagen willkürlich von viel zu langatmigen Opern heraus, um Zeit und Geld zu sparen.
Die Ministerin preschte mit ihrer Aussendung offenbar um Oktaven zu weit in unkluger Weise vorwärts, um Tage später wieder rückwärtsrudern zu müssen.
Das Sommerloch wurde somit im dreiviertel Takt aufgeschaukelt und gelangte dadurch wieder einmal in den Fokus der Medienlandschaften. Berühmter hätte man mit dieser Art von Morgenpresse die Salzburger Festspiele in der gesamten Welt gar nicht machen können.
Von der angekündigten Drohung der Unterrichtsministerin im Jahre 2013, den Dreivierteltakt aus der Musik zur Gänze streichen zu wollen, beziehungsweise diese unnötigen Noten aus Budgetgründen einzusparen, daraus wurde nichts. Eine unnötige Luftblase?
Glaublich nein! Einerseits musste diese Ministerin daraufhin wenig später ihren Hut nehmen, wenn sie einen gehabt hätte und andererseits waren die aufgeregten Schreie aus der Bevölkerung sowie im Nachhall von den Musikergewerkschaftlern unüberhörbar geworden. Welcher Teufl die Strippen gezogen hatte, das weiß man bis heute noch nicht.
An sich wäre das alles nicht das Gravierendste gewesen, hätte es da nicht auch noch die Lehrergewerkschaft gegeben. Diese Institution mit ihrem schwergewichtigen Vorstandsvorsitzenden hatte ungemein taktlos, noch dazu ohne den Besitz von Notenkenntnis, drauflosgetrommelt und sich in das Orchester der Unverständlichkeiten eingemischt. Beinahe jeder Staatsbürger weiß inzwischen, wenn diese oppositionelle Organisation einmal eine Möglichkeit für einen Frontalangriff auf das Ministerium nur im Weitesten erahnt – dann bitteschön – wünschen wir allen eine gute Nacht.
So richtig wirklich begriffen hatte das damals ja kaum jemand, was diese Gruppe, die sich um die inzwischen exportierte Ministerin gescharrt hatte, eigentlich erreichen wollte. Man sprach sozusagen indianisch miteinander. Was so viel heißt: Man redete mit gespaltener Zunge und verwendete ferner Schall- und Rauchzeichen.
Die eilends installierte Nachfolgerin im Unterrichtsministerium hatte kaum Gelegenheit sich über das Tohuwabohu auf ihrem neuen Schreibtisch einen Überblick zu verschaffen. Sie ließ den Aktenberg, der wegen der unüberlegten Befreiung vom Dreivierteltakt angewachsen war, sogleich ministeriell entsorgen.
Somit war das mit Dreivierteltaktspekulationen gefüllte Sommerloch vorüber. Nur ein zweizeiliger Vermerk in der Chronik, die zugunsten ihrer Vorgängerin von einem extra beauftragten Germanistikprofessor abgefasst worden war, sollte die Nachwelt auf das nichtssagende Schaffen einer leicht überforderten Powerfrau später einmal aufmerksam machen.
Zweifellos hatte der Chronist auch ihre Verdienste um die Republik gewürdigt, die sie schlussendlich mit ihrem Abgang erfüllt hatte. Diese Zeilen wurden im Rahmen einer Präsidialkonferenz der Beamtengewerkschaft zugelassen. Das war aber schon alles. Bisher hörte man nichts mehr von ihr.
Die neue Ministerin verstand von