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Stürme der Prärie. Jutta Maschmeier
Читать онлайн.Название Stürme der Prärie
Год выпуска 0
isbn 9783742759887
Автор произведения Jutta Maschmeier
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Er ist wirklich wunderschön. Da steckt sicher viel Arbeit drin.“
Karen fand, dass dieser Garten zwar kleiner war als der ihres Vaters, aber genauso gepflegt und geschickt angelegt und der wurde von einem angestellten Gärtner instand gehalten. Sie hätte sich gerne noch länger umgesehen, doch David drängte jetzt, ihr die Ställe zu zeigen. Als sie den Garten nun auf der anderen Seite wieder verließen, kamen sie an einer Holztreppe vorbei, die zu einer kleineren Terrasse am Ende des Hauses führte.
„Und wo geht es da hin?“, fragte Karen neugierig.
„Das ist Dereks Reich. Er hat den Anbau vor ein paar Jahren gemacht, als er verlobt war. Er wollte wohl mit seiner Zukünftigen ungestört sein, aber aus der Hochzeit ist nichts geworden. Nun wohnt er allein dort. Komm, die Ställe sind gleich hier um die Ecke.“
Karen hätte gerne gefragt, warum aus der Heirat nichts geworden war, doch David war schon vorausgeeilt. So beeilte sie sich, dass sie hinterherkam. Der Pferdestall schien noch nicht sehr alt zu sein und nach den neusten Erkenntnissen eingerichtet. Da Karen selbst gerne ritt, hatte sie schon einige Ställe gesehen, doch das hier übertraf alles. Es gab automatische Wasserzuläufe und Futtertröge und der Boden war ordentlich gefegt. Außerdem schienen die Gänge kein Ende zu nehmen, dieser Stall war einfach riesig. Wenn David nicht dabei gewesen wäre, hätte sie sich sicher verlaufen.
„Mein Gott, das ist ja Wahnsinn! So einen Stall habe ich noch nie gesehen“, entfuhr es ihr. David nickte.
„Nicht wahr? Dereks ganzer Stolz! Er möchte irgendwann ganz auf Pferdezucht umstellen, doch da sich das noch nicht rentiert, fahren wir jetzt zweigleisig. Auf der einen Seite die Viehzucht und auf der anderen Seite die Pferdezucht. Komm, ich zeig dir was.“
David zog sie aufgeregt hinter den Stall, wo sich eine große Pferdekoppel befand. Dort tollten etwa zwanzig Pferde herum, Eines schöner als das andere.
„Du darfst nur nicht hinter den Zaun, das sind nämlich Wildpferde. Die sind unberechenbar“, erklärte er.
„Ich wusste gar nicht, dass es noch Wildpferde gibt“, erwiderte Karen erstaunt.
„Leider nicht mehr viele, man darf auch nur einen kleinen Teil einfangen. Wir reiten sie zu und verkaufen sie dann als Reitpferde oder nutzen sie selbst. Die, die wir nicht gebrauchen können, entlassen wir wieder in die Freiheit. Keine Angst, davon landet keines beim Metzger, dafür sorgt Derek schon. Er ist ein totaler Pferdenarr, das würde er niemals zulassen.“
Das wiederum macht ihn ein klein wenig sympathischer, dachte Karen.
David führte sie am Zaun entlang. Sie erreichten die nächste Koppel und die nächste und die nächste. Das schien hier kein Ende zu nehmen. Auf den Koppeln waren nicht nur Pferde, sondern auch Rinder. Einige wurden deshalb von der Herde getrennt, weil sie krank oder verletzt waren oder einfach nur zu wild, erklärte ihr David. So umkreisten sie einmal die ganze Ranch. Karen war sichtlich beeindruckt. Ab und zu begegneten sie Stallburschen oder Viehtreibern, sie alle begrüßten David herzlich, er schien sehr beliebt zu sein. Karen wurde meistens ignoriert oder bekam nur ein kurzes Nicken. Als sie zum Haus zurückkamen, war Karen froh, wieder in den schattigen Mauern zu sein. Die Mittagssonne brannte. Sie verstand jetzt, warum man lieber die kühleren Morgenstunden für anstrengende Arbeiten nutzte. In der Küche wurden sie bereits von Betty und Inka erwartet. Sie nahmen zusammen einen leichten Mittagssnack ein.
„Ich war heute Morgen drei Meilen nördlich vom Oak Creek bei den breiten Hügeln, du weißt schon, da laufen ein paar verirrte Rinder herum. Hilfst du mir später, sie einzufangen?“, fragte Inka ihren Bruder.
David nickte nur, denn er hatte gerade den Mund voll.
„Dann könnte ich vielleicht schon mal einen Blick auf die Buchhaltung werfen“, warf Karen ein. Betty und Inka schauten sich kurz erstaunt an.
„Ja, wollen Sie mir denn wirklich damit helfen?“, fragte Betty.
Nun schaute Karen erstaunt.
„Natürlich, deshalb bin ich doch hier. Ich brauche wirklich einen Job, wenn ich ehrlich sein soll, ich bin zurzeit etwas knapp bei Kasse“, gab sie offen zu.
„Na gut, ich mag Menschen, die ehrlich sind. Nach der Siesta zeige ich Ihnen alles“, sagte Betty.
3. Kapitel
Karen seufzte. Nun war sie schon seit einer Woche mit den Papieren der Ranch beschäftigt. Trotzdem war noch kein Land in Sicht. Verzweifelt schaute sie auf die ganzen Unterlagen, die im Büro auf dem Boden verteilt waren. Das war ihre Art, die Sache anzugehen, erst einmal alles sichten und sortieren. Der Schreibtisch war dafür zu klein gewesen und so hatte sie einfach alles auf dem dicken schweren Teppich verteilt. Sie saß im Schneidersitz mitten drin, einen dicken Aktenordner auf dem Schoß. Karen trug ihre Jogginghose und ein T-Shirt, Gott sei Dank hatte sie ihre Sportsachen eingepackt, denn das war einfach bequemer, wenn man hier auf dem Fußboden hockte. Ihre langen braunen Haare trug sie heute offen. Sie fielen ihr weich über die Schultern. Make-up hatte sie nur wenig verwendet, denn hierher verirrte sich sowieso kein Mensch. Karen schob ihre kleine Lesebrille etwas höher und studierte die Futterbestellungen, die sie gerade in der Hand hielt. Zuerst hatte sie befürchtet, dass sie schnell mit ihrer Arbeit fertig sein würde und sich dann wieder einen neuen Job hätte suchen müssen. Doch als Betty ihr an jenem Nachmittag die Unterlagen gezeigt hatte, ahnte sie schon, dass eine Menge aufgearbeitet werden musste. Betty hatte untertrieben, als sie gesagt hatte, sie käme mit der Buchführung nicht so zurecht. Es war das reinste Chaos! Doch es war eine Herausforderung, der sich Karen gerne stellte. Sie hatte schließlich einen Abschluss in Betriebswirtschaft. Das Büro lag im hinteren Teil des Hauses zur Nordseite. So war es angenehm kühl hier. Die schweren Vorhänge waren immer halb zugezogen, damit die Sonne nicht hereinscheinen und den Raum aufheizen konnte. Überhaupt war es ein wenig düster in diesem Raum, den Bettys verstorbener Mann eingerichtet und benutzt hatte. Die Wände waren mit Mahagonieschränken und Regalen vollgestellt. In der Mitte des Raumes stand ein großer schwerer Schreibtisch. Es gab sogar einen Computer, doch der war nicht mehr auf dem neusten Stand. Er schien nicht oft genutzt worden zu sein. Nur das Internet wurde ab und zu von den jungen Leuten gebraucht, wie Betty erklärte, doch sie selbst stand damit auf dem Kriegsfuß. Mr. Milton hatte eine beachtliche Buchsammlung im Laufe seines Lebens zusammengetragen, die in den Regalen verstaubte. Karen hatte sogar ein paar Erstausgaben entdeckt. Auch signierte Werke waren dabei. Wenn sie mit der Buchführung fertig war, wollte sie auf jeden Fall die Sammlung katalogisieren und vor allem entstauben. Also hatte sie noch viel Arbeit vor sich. Somit brauchte sie sich erst einmal keine Sorgen um die Zukunft machen. Eigentlich fühlte sie sich auch sehr wohl auf der Ranch. Mit Betty und Martha hatte sie sich gleich gut verstanden, aber auch Inka war nicht mehr ganz so zurückhaltend wie noch vor einer Woche. Immer öfter setzte sie sich abends zu ihr und fragte sie über New York und das Leben in der Großstadt aus. Karen erzählte ihr gerne davon, ohne allzu viel von sich selbst zu offenbaren. Schließlich wusste niemand, dass sie eine Millionenerbin war, und das sollte auch so bleiben. Außerdem, wer weiß, vielleicht hatte ihr Vater sie längst enterbt. Doch darüber wollte sie lieber nicht nachdenken. Mittlerweile hatte sie auch Bill, Marthas Sohn, kennengelernt. Ein netter junger Mann, groß, blonde Locken, freundlich blickende Augen. Doch allzu oft hatte sie ihn noch nicht gesehen, da er immer mit Derek unterwegs war. Der wiederum behandelte Karen wie Luft. Ja, er ignorierte sie völlig. Außer „Guten Tag“ und „Auf Wiedersehen“ hatte er nicht mit ihr gesprochen, obwohl er doch nun sehen konnte, dass sie keineswegs Urlaub hier machen wollte. Gleich am zweiten Tag hatte Karen sich den Wecker gestellt und war früh aufgestanden, was sie unter früh verstand, denn die anderen waren trotzdem schon alle unterwegs gewesen. Na ja, sie musste ihre Arbeit nicht um sechs Uhr Morgens beginnen. Also betrat sie nun immer um acht Uhr das Büro. Außer zur Mittagszeit gönnte sie sich keine Pause. Nach dem Mittagessen machte sie immer einen kleinen Spaziergang, schließlich brauchte sie auch ein wenig frische Luft. David hatte sie meist begleitet,