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jubelte auf, als sie Marco bemerkte, der sie nach einigen Kilometern gefunden hatte. Als Kalle und Kudde ebenfalls den Wohnwagen bemerkt hatten, hatte Kalle das Gaspedal voll durchgedrückt.

      „Seit ihr verrückt geworden? Was soll das werden, wenn’s fertig ist?“

      Rasende Wut hatte sie erfasst. Nur mit Mühe konnte sie sich auf den Beinen halten. In ihrem Kopf schien ein Vorschlaghammer zu rotieren. Im Hintergrund miaute Shiva kläglich auf. Verzweifelt versuchte sie Halt zu finden, ständig wurde sie kreuz und quer durch den Bus geschleudert. Lea drehte sich um, den helfenden Blick auf Shiva gerichtet. Mit der Kraft der puren Verzweiflung hielt sich die kleine schwarze Katze nun mit ihren Krallen an der Gardine des Rückfensters fest. Kalle konnte im letzten Augenblick das Hindernis, das plötzlich vor ihm auftauchte, gerade noch rechtzeitig erkennen und trat voll auf die Bremse. Shiva wurde Richtung Führerhaus geschleudert, an ihren Krallen hing die Gardine, in die sie sich verfangen hatte. Sie rutschte über den Campingtisch und hinterließ mit ihren Krallen eine tiefe Kratzspur. Unsanft landete sie mit einer Drehung in der Luft auf ihren vier Pfoten, um dann ungebremst, die Gardine im Schlepptau, mit einem Sprung zielgenau auf Kuddes Hinterkopf zu landen. Fauchend fuhr sie ihre Krallen aus und hielt sich krampfhaft an Kuddes Stirn fest. Die Augen angstvoll aufgerissen, starrte sie aus dem Fenster, in abwartender Haltung, was da wohl noch auf sie zu kam. Ihr kleines Herz schlug ihr bis zum Hals. Kudde, dessen Schrammen von der letzten Begegnung mit Shiva noch nicht richtig verheilt waren, stieß vor

       Schmerzen einen markerschütternden Schrei aus. Vor Schreck trat Kalle das Gaspedal voll durch, so dass Shiva, um nicht nach unten zu rutschen, ihre Krallen noch tiefer in Kuddes Fleisch bohrte. Kudde, der sich weiterhin festhalten musste um nicht wie ein Gummiball durch das Fahrerhaus geschleudert zu werden, sah Kalle mit weitaufgerissenen Augen angstvoll an und schrie lautstark um Hilfe. Doch Kalle hatte selber alle Hände voll zu tun. Mit Entsetzen nahm er die kleine Anhöhe wahr, die quer über den Feldweg verlief. „Festhalten!“

       Seine Warnung bewegten Kudde und Lea dazu nach vorne aus dem Fenster zu schauen. Mit ungläubigen Augen sahen sie das Hindernis direkt auf sich zukommen. Alle drei stießen einen markerschütternden Schrei aus, als das alte Vehikel wie ein Geschoss abhob und schwerelos durch die Luft segelte....

      1

      Einige Monate vorher.

      Zaghaft zeichnete sich ein schwaches Rot am Himmel. Die Nacht musste dem Tag weichen, seit Millionen von Jahren ein Kampf, bei dem es am Ende doch keinen endgültigen Sieger gab.

      Es war eine besonders klare und somit recht kalte Nacht gewesen. Lea zog fröstelnd die warme Decke etwas fester um Ihre Schultern. Sie saß auf Ihrem Lieblingsplatz auf der Fensterbank und schaute zu den langsam verblassenden Sternen. Sie liebte die aufgehende Sonne, denn erst durch sie erwachte Leben, erstrahlte die Welt in Licht und Farbe. Sie hielt die Tasse mit dem frisch aufgebrühten Kaffee in beiden Händen und trank einen kleinen Schluck. Kaum hörbar entrann ihr ein kleiner Seufzer. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es eigentlich noch viel zu früh war, um aufzustehen. Im selben Augenblick machte sich auch schon der kleine Störenfried bemerkbar, der sie unsanft aus Ihren Träumen gerissen hatte.

      “Na, komm schon her, Shiva,“ lockte Lea.

      Die kleine schwarze Katze blieb in der Tür stehen, machte einen Buckel, streckte sich genüsslich und sprang mit langen geschmeidigen Sprüngen zu Lea auf die Fensterbank. Lea lächelte, drückte sie an Ihre Schulter und. schmiegte ihren Kopf an das weiche Fell. Es war Samstagmorgen. Der Zeiger der Uhr stand auf kurz vor halb sechs. Es schien ein wirklich schöner Apriltag zu werden Shiva miaute ungehalten und zwängte sich umgehend aus Leas Umarmung. Der Kaffee war mittlerweile lauwarm geworden. Sie schwang sich von der Fensterbank um frischen, heißen Kaffee nachzuschenken. Sie wollte den neuen Morgen noch ein wenig genießen, bevor er mit dem Lärm und der Hektik des Alltags seine Unschuld verlor. Die Sonne hatte endgültig den Kampf gegen die Nacht gewonnen. Rubinrot leuchtete sie gegen das noch fahle Blau des Himmels. Lea schwang sich, nachdem sie das Radio eingeschaltet hatte, wieder auf die Fensterbank. Nachdenklich schloss sie die Augen. Die ruhige Musik ließ sie nachdenklich werden. In einigen Wochen würde sie ihren neunundzwanzigsten Geburtstag feiern. Nach einer gescheiterten Beziehung, die fünf Jahre dauerte, lebte sie sehr zurückgezogen. Vor einiger Zeit hatte sie beruflich einen Neuanfang gewagt. Die Geschäfte liefen gut. Sie konnte zufrieden sein. Die Arbeit als Innenarchitektin machte ihr Spaß. Sie reiste viel, und die Begegnung mit immer neuen Menschen brachte die notwendige Abwechslung, um nicht zu vereinsamen. Vor ungefähr drei Jahren hatte sie einen kleinen heruntergekommenen Bauernhof in der Nähe von Berlin gekauft und ihn liebevoll restauriert. Humorvoll umschiffte sie die kleinen Tücken des Lebens, interessierte sich für Kunst und Musik und liebte es stundenlang durch die Natur zu wandern. Falschheit und künstliches Gehabe waren ihr fremd. Allzu leicht neigte sie zur Träumerei. Eine Wesensart, die von vielen Menschen, auch von ihrer besten Freundin Sylvie, belächelt wurde. Ihr unerschütterlicher Optimismus war schon legendär und selbst negativem rann sie noch etwas Gutes ab. Entscheidungen traf sie meistens spontan und aus dem Bauch heraus. Sie strahlte Stärke und Selbstsicherheit aus. Und doch war sie sensibel für die Gefühle Ihrer Mitmenschen und wünschte sich tief in ihrem Herzen einen neuen Partner, dem sie ihre ganze Liebe schenken und mit dem sie alt werden wollte. Gedankenverloren strich Lea sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Die Jahre hatten sie reifer und auch fraulicher werden lassen. Ihr goldbraunes Haar fiel in zartgeschwungenen Locken auf Ihre Schultern. Wenn ihre Zeit es erlaubte joggte sie regelmäßig in der näheren Umgebung ihres Bauernhofes. Das plötzliche Läuten der Türglocke riss Lea unsanft aus Ihren Gedanken. Ein Blick auf die Uhr erinnerte sie daran, dass sie ja um sieben Uhr mit ihrer Freundin Sylvie zum Joggen verabredet war. Sie sprang von der Fensterbank und wäre beinah über Shiva gestolpert, die sich auf dem Teppich mitten im Wohnzimmer zu einem Nickerchen zusammengerollt hatte. Aufgeschreckt von der plötzlichen Bewegung Ihres Frauchens trollte sie sich davon.

      „Einen schönen guten Morgen, ich rieche Kaffeeduft.“ tönte es gutgelaunt, als Lea die Tür öffnete.

      Zielstrebig ging Sylvie mit prüfendem Blick an Lea vorbei, direkt in die Küche, um sich eine Tasse Kaffee ein zu schenken.

      „Mein Gott, du siehst ja schrecklich aus.“ bemerkte Sylvie, während sie es sich auf der Eckbank bequem machte. Sie war etwas jünger als Lea mit einer frechen Fransenfrisur und einer schlanken sportlichen Figur.

      Nichts, aber auch gar nichts konnte ihre immer gute Laune verderben. Ihr Gesicht zeigte echte Bestürzung und Lea musste unwillkürlich lachen. Ja, so war Sylvie nun mal. Sie trug das Herz auf der Zunge.

      „Nein, es ist nichts,“ beschwichtigte Lea Ihre Freundin.

      „Shiva hat mich nur ein bisschen früh aus den Federn geworfen. Ich konnte nicht mehr einschlafen und da habe ich auf meinem Lieblingsplatz den herrlichen Sonnenaufgang beobachtet.“

      Sylvie setzte die Tasse ab und schaute Lea belustigend an.

      „Du bist und bleibst eine Träumerin, Lea.“

      Mit einem Schmollmund ging Lea in die Küche und bereitete das Frühstück. Sorgfältig bestückte sie das Tablett mit Butter, frisch aufgebackenen Hörnchen, verschiedene Wurst und Käsesorten und Honig. Sie stellte den Eierkocher an und zauberte mit flinken Händen einen Obstsalat. Sylvie war ihr in die Küche gefolgt, nahm das Kaffeegeschirr aus dem Schrank und deckte in der Essecke den Frühstückstisch. Ein frischer Blumenstrauß, den Lea gestern von ihrem Sparziergang mitgebracht hatte, zierte frühlingshaft das Ende des Tisches. Süß strömte der Duft der Blumen durch den Raum. Kurze Zeit später saßen beide gut gelaunt und aufgeregt plaudernd beim Frühstück. Plötzlich lehnte sich Sylvie nach hinten, verschränkte die Arme und schaute Lea nachdenklich an. Den Kopf hatte sie leicht auf die Seite geneigt.

      „Du gefällst mir gar nicht, Lea.“ schoss es aus ihr heraus.

      „Es wird Zeit das wieder ein Mann in dein Leben tritt.“

      Lea war so perplex, das sie sich beinah an ihrem

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