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mir solchen Ruhm bringen, wie ihn nur ein König besitzen konnte. Meine Mutter, mein Vormund, Johann, Franz und Cäcilie sollten in der ersten Reihe auf den besten Plätzen sitzen, - - Ich wäre rascher mit dem Dichten vorwärts gekommen, hätten mich nicht meine Mitdichter alle Augenblicke in schwierigen Fällen zu Hilfe gerufen. Sie litten zwar keinen Mangel an Gedanken, fanden jedoch oft keine passenden Reime.

      Eines Nachmittags nahm das Dichten ein trauriges Ende. Johann war mit seinem Gedicht „Leim“ nahezu fertig; es fehlte ihm nur noch ein geeigneter Reim auf „Schranktürfüllung“, und ich war bestrebt, ihm über das Hindernis hinwegzuhelfen, - da stecket der lange Lorenz seinen Kopf in den Ofenwinkel und schrie uns an:

      „Hundsfötter, was treibt Ihr hier für verdammte Faxen? Heiz ein, dass wir nicht erfrieren in der verfluchten Bude!“

      „Wir haben kein Holz mehr, Herr Lorenz!“ erwiderte Johann, der in solchen Fällen als ältester Stift die Pflicht zu reden hatte.

      „Unsinn, verdammter! Draußen liegen Bretter und Bohlen; auf dem Boden liegen Stollen und Furniere; in allen Winkel hat’s Holz! Zerhackt die Hobelbänke! Schmeißt das Werkzeug ins Feuer! Zerschlag die Schränke und verbrennt sie!“

      Sein Blick fiel auf den Bogen Papier, auf dem das Leimgedicht stand. Er ergriff es und sagte: „Das kann ich zum Einwickeln brauchen. Ich will mir die Pantoffeln mit nach Hause nehmen.“

      Johann wollte das Blatt retten. Dabei entschlüpften ihm halblaute Worte der Entrüstung. Für diese Unbotmäßigkeit erhielt er eine so kräftige Maulschelle, dass er hin taumelte. Schnell raufte er sich auf und schrie in maßlosem Zorne: „Sie lange Esel! Sie Grobian! Jetzt lass ich mich von Ihnen nicht mehr hauen!“ Mit einem kräftigen Stoß warf er den trunkenen Altgesellen nieder und flüchtete zur Tür hinaus. Das kostbare Blatt ließ er leider in den Händen des Langen Lorenz zurück. Der polnische Lukas lachte über den Spaß; wir aber – Franz und ich – machen uns sprungfertig, aus Angst, Lorenz könnte sich für die erduldete Schmach an uns beiden rächen. Er aber kroch zu seiner Hobelbank, richtete sich dort auf, schimpfte und fluchte und trank auf ein Ansetzen seine Flasche leer.

      „Besorgt zu saufen!“ grölte er befehlend und richtete seine finsteren Augen auf uns.

      Wir hatten für unsere letzten Pfennige Papier zum Dichten gekauft, konnten ihm also nicht dienlich sein. Früher pumpte der Gastwirt; seit der Meister fort war, borgte er nichts mehr, forderte sogar Bezahlung der alten Schulden. Trotzdem verlangte Lorenz von uns Schnaps. Widerspruch litt er nicht, und er wäre grob geworden, wenn nicht der polnische Lukas das Unglück von uns abgewendet hätte. Lukas verfiel auf den Politurspiritus und holte ihn aus der Kammer.

      Johann und ich hatten geahnt, dass es so kommen werde, und um den Politurspiritus zu retten und die Gesellen vor einem schweren Rausche zu schützen, hatten wir ein wenig Schellack in die Flasche getan. Schellack schmeckt abscheulich.

      Der polnische Lukas nahm einen starken Schluck und schüttelte sich voll Abscheu und Zorn. „Brrr - is sich Schellack drin!“

      „Schellack?“ fragte der lange Lorenz. „Wer hat den Schelllack hineingetan?“

      „Meister, verfluchtiges! Wer sunst!“ entgegnete Lukas.

      Lorenz kostete. Den Probeschluck spie er prustend aus. Nachdem er kräftig geflucht hatte, erklärte er in feierlichem Tone, dass ihm sein Ehrgefühl verbiete, in einer Bude zu bleiben, in der aus Misstrauen gegen die Gesellen der Politurspiritus mit Schellack vermischt werde. Fortwährend schimpfend, suchte er seine Sachen zusammen. Meine Aufmerksamkeit war beständig auf Johanns Leimgedicht gerichtet. Ich wartete auf eine Gelegenheit, es heimlich zurückzuerobern; sie fand sich aber nicht. Lorenz wickelte seine Filzpantoffeln in das Blatt – und ich musste schaudernd und empört zusehen, wie das Gedicht auf schandhafte Weise vernichtet wurde.

      Ohne sich zu verabschieden, zog der lange Lorenz ab.

      Immer noch beschäftigte sich der polnische Lukas mit der Spiritusflasche. Dem Meister zum Trotz müsse, meinte er, der Politurspiritus gesoffen werden. Und wirklich: im Laufe zweier Stunden leerte er die mit neunzig gradigen Kartoffelspiritus gefüllte Literflasche bis auf den Rest. Der Schellack schien ihm den Genuss nicht zu verleiden. Als die Flasche leer war, legte er sich in die Hobelspäne und schlief ein.

      Im Hofe stand Johann und winkte uns zu. Wir eilten hinaus und berichteten ihm, dass der lange Lorenz fort sei. Die Nachricht war ihm gleichgültig. Er erzählte, dass er auf dem Getreidemarkt einen Bauer aus seinem Heimatdorfe getroffen und ihn gebeten habe, mit ihm nach Hause fahren zu dürfen. Er wäre bei uns geblieben, wenn er gewusst hätte, dass Lorenz auf dem Sprunge sei; nun müsse er sein Versprechen halten und mit dem Bauer fahren.

      Als Johann seine Habe zusammenpackte, kam auch über Franz die Sehnsucht nach der Heimat. Er rannte gleichfalls nach dem Getreidemarkt, um eine Fahrgelegenheit zu suchen. Eine Stunde später kam es zu einem herzlichen Abschied. Johann lachte und zeigte sich gleichmütig; mir aber war das Herz recht schwer. Denn ich fürchtete, dass es ein Scheiden fürs ganze Leben sei, und Bangigkeit und Trauer brachten mich zum Weinen. Durch meine Tränen verleitet, weint auch Franz; als er aber auf den lachenden Johann blickte, heiterte sich sein kleines Gesicht schell auf. Ich bat sie beide, das Dichten nicht zu vergessen und mir ihre Gedichte zu senden. Sie versprachen es leichthin und gingen.

      Nun stand ich allein. Ich suchte und fand Trost bei meinem Vertauschten Kinde. Leider war alles vorhandene Schreibpapier so voll gedichtet, dass sich nirgends mehr ein Vers unterbringen ließ. Geld für neues Papier besaß ich nicht; daher war ich gezwungen, auf glatt gehobelte Brettstücke zu dichten.

      Am andern Morgen erwachte der polnische Lukas aus seinem langen Schlafe. Er rieb sich die Augen und redete närrische Worte. An mich wandte er sich mit der Frage, ob seine Frau da gewesen sei. Ich wusste nicht, dass er eine Frau besaß. Er wohnte „auf Schlafstelle“ bei einer Witwe. Seine Augen waren verstört und glanzlos; sein Gesicht hatte ein leichenfahles Aussehen bekommen. Mich befiel bei seinem Anblick eine Angstbeklemmung, wie ich sie zuweilen empfand, wenn wir Lehrjungen einander des Nachts vor dem Einschlafen Gespenstergeschichten erzählten. Schreckhaft waren seine Augen, unheimlich, hohl. Er schwankte zur Tür hinaus in den kalten Wintertag, barhäuptig, in seinem leichten Arbeitsrock, Pantoffeln an den Füßen. Langsam, den Kopf gesenkt, zog er wie ein Träumender an den Fenstern vorüber, dem Hintertore zu. Unter der Hobelbank standen seine Stiefel, an der Wand hingen sein Rock und sein Hut, auf dem Fensterbrett lag sein Taschenspiegel.

      Als ich mich kaum wieder über mein Vertauschtes Kind hergemacht hatte, trat Cäcilie geräuschlos in die Werkstatt. Ein seltener Gast! Schnell warf ich das Brettstück, auf das ich einen neuen Jammerausbruch der um ihr Kind betrogene Gräfin niederschreiben wollte, hinter den Ofen, sprang empor und trat dem Fräulein zaghaft und mit klopfendem Herzen entgegen. Doch meine Befürchtung, Cäcilie werde schimpfen, weil ich faulenzend in den Hobelspänen gelegen, war grundlos. Scheu blickte sie umher und fragte, ob ich allein sei.

      „Ja!“

      „Ich sah den Johann und den Franz aus dem Hofe gehen; den einen mit einem Koffer, den andern mit einem Bündel. Wo sind die hingegangen?“

      „Nach Hause! Sie haben Fahrgelegenheit gefunden. Mit ihrer Arbeit sind sie fertig, und da…“

      „Wie können sie ohne meine Erlaubnis nach Hause fahren?“ schrie Cäcilie in jähem Zorn. „Das sein ja erzfreche Lümmel! Und Du lässt sie gehen und rufst mich nicht?“

      Ich kam zu keiner Erwiderung. Cäcilie begann zu weinen und bedeckte das Gesicht mit der Schürze. Sie schluchze so laut, dass ein tiefes Mitgefühl auch mir die Tränen in die Augen trieb.

      „Nicht einmal ’raufgekommen sein sie und haben adje gesagt!“ klagte sie weinend. „Bin ich denn das nicht wert?… Bin ich denn eine schlechte Person?… Alle sein schlecht zu mir, und ich hab’ es immer so gut gemeint…“

      Ihr Weinen und Schluchzen steigerte sich bis zum heulen; plötzlich aber brach sie ab und rief: „Das lasse ich mir nicht bieten!“ Hastig trocknete sie die Augen. Darauf sah sie mir offenen Blickes ins Gesicht und fragte: „Verachtest Du mich auch?“

      Die

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