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       Am Abend hatten sich die Reiterin und der Junge etwas von den Strapazen erholt und man begegnete sich beim Abendessen im großen Saal. Die Frau berichtete, wie sie mit ihrem Sohn vor den Räubern geflohen sei und sich retten konnte. Und der König freute sich über die Gesellschaft und da die Frau und ihr Sohn keine Heimat hatten, nahmen sie das Angebot gern an und blieben auf dem Schloss. Die Frau sollte nach ihrer vollständigen Genesung in der Küche des Schlosses arbeiten und da sich die Königstochter und der Sohn der Reiterin schon ein wenig bekannt gemacht hatten, sollte er als Spielkamerad für die Königstochter am Hofe bleiben.

      

       An diesem Abend lag die Königstochter noch lange wach und überlegte, ob Wünsche manchmal wirklich so schnell Wirklichkeit werden konnten. Denn jetzt hatte sie ihren lang ersehnten Spielkameraden auf wundersame Weise erhalten und sie nahm sich vor, ihn nicht als Marionette, sondern als gleichwertigen Menschen zu behandeln. Und der Sohn der Reiterin und die Königstochter wurden Freunde.

      

       Sie spielten und lachten, erzählten sich viele Geheimnisse, entdeckten die Wunder der Natur und waren immer ehrlich miteinander. Sie wurden wahre Freunde, so wie es sie nur selten auf Erden gibt. Und das lag einzig und allein daran, dass sie sich als wahre Menschen behandelten. Und die Freundschaft währte bis zu ihrem Tod.

      

      Warum es gut für uns ist, Märchen zu schreiben

       Märchen geben uns individuelle Lösungen für unsere individuellen Probleme.

      Einem selbstgeschriebenen Märchen kann eine bestimmte Fragestellung zugrunde liegen. Sie können zum Beispiel fragen, warum sie gerade Schwierigkeiten mit ihrem Partner haben und dazu dann ein Märchen schreiben, dass Ihnen auf symbolische Art und Weise die Lösung für ihr ganz spezielles Problem frei Haus liefern wird - ohne Kosten, ohne Therapeut und niemand außer ihnen wir je erfahren, wie sie auf diese kreative Lösung ihres Konfliktes gekommen sind.

       Wir lassen unserer Phantasie wieder einmal freien Lauf.

      Während Kinder noch sehr häufig in ihrer Traum- und Phantasiewelt leben, haben wir Erwachsenen uns diese Welt verboten und stattdessen unserem Verstand die Herrschaft überlassen. Es tut aber gelegentlich gut, einfach einmal in Träumen und Phantasien zu schwelgen, um Abstand von der vielleicht erdrückenden Dunkelheit des Alltags zu gewinnen. Märchen sind dafür einfach ideal, denn mit dem Schreiben eines Märchens verbinden Sie Entspannung mit Vergnügen und werden ganz nebenbei auch ein bisschen menschlicher und kreativer.

       Mit dem Schreiben von Märchen schöpfen wir wieder Mut und Hoffnung auf positive Veränderungen.

      Märchen haben immer ein gutes Ende. Wenn Sie ein Märchen schreiben, müssen sie sich also ein positives, von ihnen erwünschtes Ende ausdenken. Auch in scheinbar ausweglosen Situationen können sie so eine Lösung herbeiführen. Auch wenn ihr Verstand das dann vielleicht nicht akzeptieren kann oder will: diese symbolische Lösung ist auch die Lösung im Alltag.

      Ein Märchen, das zu einem bestimmten Problem geschrieben wurde, kann ihnen also die Botschaft bringen, dass noch nicht alles verloren ist. Ihre Märchenfigur hat eine Lösung, einen Ausweg gefunden - warum sollten sie in ihrem Leben keine finden? Sie sind die Märchenfigur - nur mit dem Unterschied, dass ihnen ihr Verstand die Lösung komplizierter erscheinen lässt, als sie in Wirklichkeit ist. Schreiben Sie und sie gewinnen Vertrauen in Ihre Kräfte und die mögliche Lösung ist ihnen viel näher, als sie glauben.

       Wir können lernen, wieder unsere Gefühle zuzulassen und zu zeigen.

      Indem wir Märchen schreiben, können wir ungestraft unseren Emotionen freien Lauf lassen. Wir können fluchen, schimpfen, zornig sein, aber auch unsere Liebe und unsere Trauer ausdrücken, ohne dafür den anderen Menschen, den es vielleicht ebenfalls betrifft, die Dinge direkt ins Gesicht sagen zu müssen, was unsere Angst und unsere Scham auch vielleicht nicht zugelassen hätten. Aber einmal ausgedrückte bzw. niedergeschriebene Emotionen verlieren nach und nach an Gewicht und es wird immer leichter, das zu sagen, was wir eigentlich ausdrücken müssen, ohne um den heißen Brei herumzuschleichen.

      Es tut einfach gut, einen Bösewicht zu beschreiben, der alle Menschen hasst und niedermachen will und seine oft wundersame Wandlung zu einem freundlichen, liebenswerten Menschen zu verfolgen. Genauso gut tut es, wenn ein Königssohn einer Königstochter endlich nach vielen Verirrungen seine Liebe gesteht und voller Inbrunst ein Liebesgeständnis zu Papier gebracht wird. In jedem von uns schlummern viele dieser Gefühle und sie auszudrücken, bedeutet, sich ein bisschen mehr damit identifizieren zu können, sie mehr zu einem akzeptierten Teil werden zu lassen, dessen wir uns nicht schämen müssen, denn alle Gefühle sind gleich gut und gleich menschlich.

       Wir können auf diese Weise unsere Ängste und / oder Aggressionen, aber auch Trauer und Wut abbauen und verarbeiten.

      Ich glaube, niemand von uns hat es gern, wenn er von einem anderen Menschen eine emotionale Dusche verabreicht bekommt. Passiert das aber doch, stehen wir anschließend wie begossene Pudel dumm herum und das Ende vom Lied ist dann nur, dass wir uns ein Stückchen weiter in unser Schneckenhaus verkriechen.

      Das muss aber nicht sein. Wir können unsere Verletztheit zu Papier bringen und damit unseren emotionalen Stau, der uns früher oder später krank machen würde, begegnen. Wir können lernen, den Hintergrund der Emotionen zu erfahren und uns für uns entscheiden lernen, so dass wir die Situation mit nicht ganz so viel emotionalem Müll im Herzen neu anpacken und regeln können.

      In der Regel sind Ängste nur Herausforderungen an uns, etwas anders zumachen. Wut zeigt uns, dass wir selbstsicherer werden können und Trauer zeigt uns, dass wir in das Hier und Jetzt zurückkehren müssen. Emotionen in Märchen zu verarbeiten ist meiner Ansicht nach eine der einfachsten und dennoch wirkungsvollsten Methoden der Selbst-therapie.

       Wir können Seiten von uns freilegen, die sonst vielleicht nicht zum Zuge kommen.

      Wenn sie ein völlig aggressionsgehemmter Mensch sind, kann es für sie vielleicht sinnvoll sein, einmal als brummiger, machtliebender König im Märchen zu erscheinen. Wenn Sie im normalen Leben ein gewaltiger Brummbär sind, kann es vielleicht aufregend für sie sein, sich im Märchen einmal in einen kleinen, zarten Schmetterling zu verwandeln und das Leben aus seiner Sicht zu sehen. Märchen können uns mit allen nur erdenklichen Teilen in uns bekannt machen und so unser Leben unendlich bereichern.

       Märchenschreiben kann uns entspannen.

      Märchenschreiben ist keine harte Arbeit, es ist auch kein Muss, sondern eine liebevolle Einladung zur kreativen Entspannung mit nützlichem Nebeneffekt. Es ist für ihre emotionale Stabilität Tausend Mal besser und entspannender, eine Stunde Märchen zu schreiben, als eine Stunde fern zu sehen. Fernsehen bringt uns zusätzliche Eindrücke, die unser Gehirn verarbeiten muss. Während des Märchenschreibens haben sie aber Gelegenheit, die im Laufe des Lebens gemachten Erfahrungen ins rechte Licht zurück. Allein dadurch erfahren sie Entspannung.

       Wir fühlen uns nach dem Märchenschreiben lebendiger, froher und gelöster.

      Sie kennen vielleicht das befreiende Gefühl, wenn sie Aufgabe bewältigt, ein lange währendes Problem endlich gelöst haben. Dieses Gefühl stellt sich auch sehr häufig nach dem Schreiben eines Märchens ein. Sie haben etwas geleistet, das aber keine harte Arbeit war, sondern „nur“ ein entspannendes Stündchen.

      Sie sind vielleicht über ihren eigenen Schatten gesprungen, haben im Märchen gekämpft oder Erkenntnisse

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