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behalten es, oder?“

      Ohne nachzudenken sagte er schnell: „Ja, sicher, Schatz.“ - Er wollte nicht mit ihr diskutieren, besonders nicht auf ihrem Urlaub. Er hatte sich schon daran gewohnt an den Gedanken, einst sein Hab und Gut seinem Neffen zu vererben. Kinderlos zu sein und zu bleiben war nie sein Wunsch gewesen, aber irgendwann hatte er akzeptiert, dass dies sein Schicksal war.

      Ganz anders war das für Andolia gewesen. - Sie konnte nicht aufhören von einem Baby zu träumen und sich eines zu erhoffen, und hier hatte sie nun tatsächlich eines in ihren Armen.

      „Wie willst du es nennen?“, fragte er sie.

      „Was meinst du?“

      „Hm was mit Gwen oder Liu?“

      „Dann wohl eher Beur oder Alwin“, meinte sie.

      „Alwin wäre gut. - Oder wir könnten es auch nach dem Sturm benennen: Reo, was meinst du?“

      „Reo“, sagte Andolia, so ausgesprochen, als wäre das Baby schon so benannt. Reo bedeutete das Sturmkind in der allgemeinen Sprache auf Ayulu.

      Nach weiterem Diskutieren blieben sie bei dem Namen.

      „Wie hat das Baby eigentlich das Land erreicht, bei diesem stürmischem Wetter?“, fragte Clen.

      „Die Götter haben es beschützt. – Es war auf einen Stuhl gebunden, und zudem umhüllt von einem überirdischen Schutz. Ich konnte es erst in meine Arme nehmen, als der Schutz erloschen war.“

      „Wahrlich, das war eine erstaunliche Begegnung. Es ist ein richtiges Wunderkind!“

      Das Kind würde es gut haben bei der neu gefundenen Familie.

      Clen Belor war ein Fürst des Mittellandes. Zwar konnte er nicht kämpfen wie die meisten anderen Fürsten, aber dafür konnte er gut und viel reden. Er diente am Hof des Königs. Er war geachtet, geschätzt und geliebt unter den Leuten.

      *****

      Reo ritt begleitet von seinem Vater Clen die Reichsstrasse in Richtung Süden. – Ein frischer Frühlingstag war es gewesen, und zudem: Der schönste Tag seines bisherigen Lebens.

      „Reo, ich bin so stolz auf dich!“, sagte Clen bereits zum neunundneunzigsten Mal an diesem Tag.

      „Ach, bei so guten Eltern muss ich ja etwas Grosses zustande bringen in meinem Leben.“, sagte Reo bescheiden.

      „Du hast Andolia so glücklich gemacht in den vergangen Jahren.“, freute sich Clen sehr über die unglaublich positive Entwicklung seiner Familie, seit dem Zeitpunkt, wo Reo zu ihnen gefunden hatte.

      Reo wusste nicht, was er darauf antworten sollte, und schwieg daher. Er genoss die zwitschernden Amseln, und atmete tief ein. Die untergehende Sonne verzauberte die Umgebung in eine Märchenlandschaft.

      Reo war von einer tiefen Dankbarkeit erfüllt, dass er im freien Mittelland aufwachsen durfte. Hier blühte der Handel. Hier wurde viel Neues gebaut: Paläste, grosse Häuser mit Gartenanlagen, Tempel für die Götter, aber auch Bauernhöfe, Arbeiterhütten, neue Strassenverbindungen, und vieles mehr.

      Die Arbeiter waren gut bezahlt, es war so manch armen Wanderer innert weniger Jahre, viel Hab und Gut anzuhäufen, Wagen zu kaufen, um die schwere Landwirtschaftliche Arbeit effektiver durchzuführen.

      Reo wusste es zu schätzen, dass er eine strenge Schulbildung genossen hatte. – Denn in der Erntezeit, wo alle Kinder der armen Familien bei der Feldarbeit mithalfen, wurde auch von ihm erwartet, sich den angestellten Bauernkindern anzuschliessen, um die harte körperliche Arbeit zu verrichten.

      In den letzten vier Jahren hatte er zudem das besondere Vorrecht gehabt, eine Kriegerakademie zu besuchen. – Er wurde schon als zwölfjähriger zugelassen, da sein Vater über Beziehungen und Geld verfügte. Normalerweise musste ein Kind mindestens vierzehn Jahre alt sein, um eine kriegerische oder magische Akademie zu besuchen. – Die Magier mussten zwei Jahre länger in der Ausbildungsstädte verweilen, und waren dann lebenslang ihrer Akademie gegenüber verpflichtet, während die Krieger nur dem König und dem Fürst die Treue zu schwören hatten, aber ansonsten ihr Leben frei planen konnten.

      Nur in Kriegszeiten hatten alle ausgebildeten Soldaten die Pflicht, vollzeitlichen Dienst für das Königreich zu verrichten.

      Auch Bauern und gewöhnliche Leute wurden zudem rekrutiert wenn ein Krieg besonders heftig Verheerung über die Bevölkerung brachte – was auf Ayulu häufig geschehen konnte. Zu solchen Zeiten musste praktisch jeder Mann ein Schwert ergreifen. Daher war es ein riesiger Vorteil, wenn man die Kampfkunst richtig gelernt hatte. – Wer es sich also leisten konnte, sandte seinen Sohn immer in eine Kriegsakademie. –

      Still ritten die Beiden, der junge Krieger Reo mit seinem Vater, der seine Tage nutzte, um am Königshof zu richten und zu beraten, durch die vertraute Natur.

      Der Tag war lange gewesen. Es war viel geredet worden am Hof des Fürsten. - Reo war heute zum Ritter ernannt worden. Äusserst ungewöhnlich für einen Krieger in seinem Alter von knapp sechzehn Jahren. – Dem ritterlichen Kodex stimmte er in allem zu, von dem Sichtpunkt her würde er an seinem Leben nichts ändern müssen. Aber Vorteile hatte er nun viele: Er hatte ein persönliches Schlachtross erhalten, eine schwere Plattenrüstung für Kriegszeiten und eine Harnisch-Rüstung für friedlichere Zeiten. Er war sehr froh, dass von den mittelländischen Rittern nicht erwartet wurde, ständig in der bleiernen Vollkörperrüstung unterwegs zu sein. – So eine falsche Planung gab es nur in den östlichen Fürstentümern, in bestimmten Regionen.

      Ihre Ehrentitel hatten seine zwei Freunde und er erhalten, weil sie alle zusammen eine Schurkenbande nach der anderen aufgefunden und ausgelöscht hatten, viele Banditen und Strassenräuber gestellt hatten. – Eigentlich hätten nur Inuel und Quin den Titel erhalten dürfen, die beiden waren schon volljährig, das heisst über einundzwanzig Jahre alt.

      Doch der amtierende Fürst hatte Reo erklärt, dass er aufgrund seiner Körpergrösse von den geladenen Gästen keine dummen Fragen gestellt bekommen würde. – Reo war bereits 1.96 Meter, über einen Kopf höher als Inuel, und viel höher als Quin. Würde er noch weiter wachsen? Aber sicher!

      Zurück an den Kriegern vorbei, die strengstens die noch geöffneten Tore bewachten, betraten sie ihren weiten Rosengarten. Einige Pappeln säumten den Weg zu dem geräumigen Gebäude auf der höchsten Stelle des Hügels. Sie passierten die Badehäuser zur linken, die Häuser ihrer persönlichen Wachsoldaten.

      Andolia hatte ihren Gemahl und ihren Sohn schon erwartet. Obwohl sie den ganzen Tag zusammen mit ihnen unterwegs gewesen war, hatte sie bereits wieder begonnen, die beiden zu vermissen, da sie in der Küche noch mithelfen ging. Besonders Reo vermisste sie immer sehr stark. Schliesslich war er ja auch vier Jahre lang nur an den Wochenenden bei ihnen zu Hause gewesen. – Doch jetzt war alles anders. – Reo verliess das Haus schon früh morgens, um sich mit Inuel und Quin zu treffen. – Dann ging das Abenteuer los. – Andolia rief ihm jedes Mal hinterher, dass er gut auf sich aufpassen solle, und dass sie ihn liebe.

      Ein himmlischer Duft von frisch gebackenem Wild drang aus dem Speisesaal. – Reo umarmte seine Mutter, und setzte sich auf seinen vergoldeten gepolsterten Stuhl. Er sei von Wasserelfen geschnitzt worden, auf dem Markt in Gartum hatten sie gleich zehn solche Stühle gekauft. – Sie waren extrem teuer. –

      Auf dem gedeckten Tisch fand Reo Bratkartoffeln, Speck, Wildschwein, grüner Salat, Nüsslisalat, neu gebackene Brötli. – Ein kurzer Blick in Richtung der Küche verriet ihm, dass der verdeckte Dessert-Tisch ebenfalls ziemlich voll sein musste.

      Sechs der Wachsoldaten hatten sich ebenfalls in der Runde um den edel verzierten Eibenholztisch eingefunden, auch andere höher gestellte Bedienstete.

      Es war jeden Abend ein Festmahl hier angerichtet.

      Normalerweise wurde Reo gefragt, welche Heldentaten er denn am heutigen Tage vollbracht hatte. Heute erübrigte sich die Frage. –

      Unruhen im Norden mit den Orks, das Verhalten der Zwerge, Geheimnisse über Wasserelfen und über viele weitere neue

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