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Die vom Tod verschmähte Katze. Matthias M. Rauh
Читать онлайн.Название Die vom Tod verschmähte Katze
Год выпуска 0
isbn 9783738091663
Автор произведения Matthias M. Rauh
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
(...) Anmerkung: Sowohl Laune als auch Allgemeinbefinden des Gebräus erlauben es nicht, es zu gießen. Man muss es schon bei Stimmung halten und es dazu bewegen, sich von selbst in das Gefäß zu begeben. Wie das funktioniert, soll hier nicht weiter erläutert werden, da die ausführende Person dabei Gefahr läuft, Begehrlichkeiten bei Gevatter Tod zu wecken. Nur dies: Kochend heiße Marmelade in ein Einmachglas zu gießen, ist keine besondere Kunst. Aber wenn diese aus zyklonisierten Brombeeren besteht, die stets bestrebt sind, ein äußerst launisches Tiefdruckgebiet zu erzeugen, wird es knifflig. Haben wir nicht von der ewig glucksenden Wetterfee gelernt, dass Hitze so ein Tiefdruckgebiet ganz schnell in Rage bringen kann? Das sogenannte Einschlürfen geschieht in der Regel über den Rüssel des Marmeladenzyklons, der (so vermutet man) Appetit auf das Einmachglas bekommt und beim Wechseln des Standorts genussvoll schmatzt. Hinweis: Nicht nachmachen! Allzu euphorischer Umgang mit Brombeermarmelade kann vielfach zu Spannungen führen, sowohl in physikalischer Hinsicht als auch im Hosenbund.
Solange das Unwetter im Glas tobte, war das Schicksal gefügig und bereit, den richtigen Weg einzuschlagen. Der dumme Junge musste sich schließlich von selbst auf den Weg zu ihm machen. Einen Teilerfolg hatte der Mann bereits erzielt: Der Junge konnte nicht mehr nach Hause fahren, da sich seine gewohnte Rückfahrgelegenheit bereits in rote Blubberbläschen aufgelöst hatte. Die beiden Dummköpfe, welche es nun zu beeinflussen galt, waren nur Mittel zum Zweck, Werkzeuge des Schicksals, mehr nicht.
Er verschloss den Deckel des polternden Glases und betrachtete die Uhren an den Wänden. Je weiter die Marmelade abkühlte, desto träger wurde ihre Rotation. Irgendwann würde sich das tiefrote Toben mit einem lauten Klack! des Deckels verabschieden und zu einer gallertartigen Masse erstarren, die aber noch immer verführerisch nach Brombeeren duftete. Dann wurde noch ein liebevoll gestaltetes Etikett auf das Werk geklebt, mit dem Hinweis, den Deckel niemals zu öffnen. Und das war es auch schon. Am Ende blieb nur ein weiteres Glas Brombeermarmelade, dessen Bestimmung es war, im Regal zu verstauben.
Schicksal, Schicksal gehorche mir...
Der Wind jagte den beiden Dummköpfen das Laub nun aus allen Richtungen um die Ohren. Doch das schien nicht viel zu nützen, da sie noch immer bar jeglicher geistiger Regung durch die Zeit trieben. Das piepsende Leuchtkästchen war offenbar mächtiger als erwartet.
"Verflucht!", schimpfte der Mann und schlug mit der Faust auf den Holztisch.
Plötzlich geriet Betriebsamkeit in das Gesicht des ersten Spießgesellen. Er wandte seinen Blick von dem Leuchtkästchen ab und kratzte sich nachdenklich am Kinn.
"Hey, ich hab was!", rief der rothaarige Junge und rammte seinem Kumpan den Ellbogen in die Seite.
"Auaaa!", beschwerte sich dieser.
"Ich hab was! Los, komm mit."
"Wohin denn?", wollte sein Diener wissen und rückte seine Brille zurecht.
"Frag nicht. Komm mit."
"Jaaah, ich komme schon", seufzte die Nickelbrille, klemmte sich die schlichte Aktentasche unter den linken Arm und trottete dem Pickelgesicht hinterher.
Kapitel 19 - Eine unheilvolle Begegnung
Die außergewöhnlichen Minuten mit dem schwarzhaarigen Mädchen hatten Valentins Laune zumindest für diesen Tag verbessert. Sogar der Unterricht war unerwartet glimpflich abgelaufen, abgesehen von einigen gehässigen Blicken und dem dazugehörigen Geflüster. Doch was kümmerte es ihn? Sollten sie doch flüstern, was sie wollten...diese Deppen.
Allerdings sollte der Tag noch eine unangenehme Überraschung bereithalten: Das Schicksal wollte es nämlich, dass er vergeblich auf den Bus wartete. Das verdammte Ding kam einfach nicht, warum auch immer. Zuerst dachte er sich nicht viel dabei. Er träumte aus irgendeinem Grund von einem eiskalten, mit reichlich Sahne garnierten Brombeereis und vertrieb sich die Zeit damit, die Laubblätter beim Tanz im Wind zu beobachten. Doch aus zehn Minuten wurden irgendwann zwanzig, und als er nach einer halben Stunde noch immer an der Haltestelle stand, hatte er die Hoffnung längst aufgegeben. Nur Krähen - aber kein Bus.
Es war nicht das erste Mal, dass dies geschah und auch keine große Katastrophe. Denn immerhin gab es ja noch eine weitere Buslinie, die allerdings nur bis zur Stadtgrenze reichte. Und jener Bus fuhr auch nur von einer Haltestelle in der Innenstadt ab. Aber es half nichts. Zumindest spielte ja das Wetter mit. So gab es wieder Arbeit für den geplagten Krähenspäher, denn sein Zielobjekt machte sich auf Richtung Innenstadt. Ob dort Brombeeren wuchsen? Wer weiß, wer weiß...
"Woher hast du das denn gewusst?", flüsterte Engels und fokussierte mit seiner Nickelbrille den Jungen, der da achtlos auf dem Fußweg entlangtrödelte.
"Keine Ahnung", zischte Pappke und formte dabei eine Kaugummiblase. "War nur so ´ne Eingebung. Ich hatte plötzlich Appetit auf Brombeermarmelade."
"Brombeermarmelaaade?", fragte Engels entgeistert. "Wie kommst du denn jetzt daaarauf?"
"Ist doch scheißegal", motzte das Pickelgesicht. "Hauptsache, dass Kraus jetzt da ist. Los, den machen wir fertig."
"Fertigmachen?", fragte Engels. "Und waaarum?"
"Warum? Warum? Ist doch auch scheißegal, Mann!", fuhr ihn sein Kommandant unwirsch an. "Weil er Kraus ist. Ist doch völlig egal, warum man einen plattmacht. Hauptsache ist, dass man ihn plattmacht. Und den mach ich jetzt platt. Los, da geht´s lang." Daraufhin formte er noch eine Kaugummiblase und ließ seine fettigen Fingergelenke knacken.
Ihr Opfer hatte inzwischen den kleinen Park erreicht, der die moderne Stadt von der Altstadt trennte. Ein eigentlich idyllischer Platz, der allerdings weit entfernt davon war, als Ruheoase durchzugehen. Baustellen trübten zu allen Seiten das Bild, und hinter den goldrot gefärbten Alleebäumen ragten die Kräne gleich reihenweise in den Himmel.
Die moderne Stadt - das waren die Riesen aus Glas, Stahl und Beton: Versicherungspaläste, Banken, Finanzoptimierer, Rechtsanwaltskanzleien und das Sozialamt. Sie sorgten dafür, dass man den Bürgern mit Rat und Tat zur Seite stand. Immer und immer weiter fraßen sich die glänzenden Monster in die Altstadt hinein.
Valentins ungewohnter Weg entfachte im Krähenvolk natürlich jede Menge Unruhe. Sie hatten ihm zunächst ihren Späher auf den Hals gehetzt. Doch als ihnen dieser signalisierte, dass ihr Zielobjekt nicht umkehren würde, blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich selbst an seine Fersen zu heften. Unentwegt zogen sie nun ihre Kreise am Himmel, setzten sich auf die Äste der Bäume und erweiterten ihr Koordinatensystem.
Valentin beobachtete sie und fragte sich, was in ihren Köpfen wohl vor sich gehen mochte. Sie schienen nach einem festen Verhaltensmuster vorzugehen. So flogen sie immer ein Stück voraus, warteten in den Bäumen - und wenn Valentin dann die jeweilige Stelle erreicht hatte, setzten sie auch schon zum nächsten Flug an. Änderte er seine Richtung, ging sofort ein Raunen durchs Geäst. Eine ganze Weile verfolgte er das seltsame Treiben, bis ihm plötzlich jemand von hinten in die Beine trat.
"Und kaum geht man aus dem Haus, trifft man schon den Stolperkraus. Tja, so sieht man sich wieder. Auf den Boden mit dir, du Null!"
Es war Pappke. Valentin war gestolpert und unsanft auf dem Asphalt gelandet.
"He, was soll das?", rief er empört.
"Was das soll, fragt der Dorftrottel! Ja, was wohl? Du kriegst jetzt ein paar aufs Maul. Ich hau dich platt. Das soll das."
"H-hmm", machte Engels, der sich mit verschränkten Armen hinter dem Rücken des Pickelgesichts versteckte und zustimmend nickte.
Pappke zückte sein Handy, um ein Foto von seinem Opfer zu machen. Dabei formte er eine Kaugummiblase, die aber unerwartete Dimensionen annahm und ihn für einen Augenblick irritierte. Diesen Moment nützte Valentin. Blitzschnell