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Schar herbei, die ebenfalls völlig durcheinander waren. Kein Junge, kein Bus, keine Busfahrt - das Krächzkonzert griff um sich wie ein Lauffeuer.

       Pech gehabt, dachte er sich und stellte sich dabei vor, was in ihren Köpfen wohl gerade vor sich gehen mochte. So gerissen und intelligent diese Tiere auch waren, es sollte für sie eine wohl schier unlösbare Aufgabe darstellen, den Begriff Wochenende in ihr Koordinatensystem zu integrieren.

      Aber er musste zugeben, dass er für ihre Belagerungstaktik noch immer keine vernünftige Erklärung hatte. Warum ließen sie ihn einfach nicht in Ruhe? Hatte es doch etwas mit seinem Diebstahl zu tun?

      So starrte Valentin noch eine ganze Weile in die ferne Nebelwand und fragte sich, ob es sich dabei wirklich um Nebel handelte. Wie ein geisterhaft schwebender und äußerst zähflüssiger Wasserfall schien der Dunst von den Wipfeln der Bäume herabzustürzen und sich dann kriechend auszubreiten. Das Ganze sah sehr gespenstisch aus.

      Zu gespenstisch, wie Valentin fand. Ohne zu überlegen, lief er los, begleitet von einer Rabenkrähe, die ihn sogleich mit ihren Schimpftiraden übergoss.

      "Halt den Schnabel!", rief er und ließ sie links liegen. Aber abschütteln konnte er die Plage nicht, da der Weg über den Acker schon bald höchst beschwerlich werden sollte. Zuerst kamen die Pfützen, dann der Matsch. Und als er den ersten Nebelschleiern begegnete, hatte sich der Boden längst in tiefen Morast verwandelt.

      "So ein Mist!", schimpfte er, weil er jetzt nur noch mühsam von einem Grasbüschel zum nächsten hüpfen konnte. Der Nebel tat sein Übriges. Wer nichts sieht, der weiß auch nicht, wohin er springt. Und auch nicht, was so alles vor ihm liegt...

      Hrrrrrrrrr!, machte es plötzlich in den Tiefen der wabernden Suppe.

      Valentin rutschte fast das Herz in die Hose. Das merkwürdige Knurren konnte nicht weit von ihm entfernt sein. Er blieb stehen und horchte. Da war es wieder...

       Hrrrrrrrrrrrrrrrr!

      Wenige Meter vor ihm tauchten die Schemen einer Katze in den Schleiern auf - einer Katze, die im Matsch saß und ihr Auge leuchten ließ.

      Es war Kuntz. Sein Fell war ganz nass, struppig und überall mit Schlamm besudelt. Er schien die ganze Nacht hier draußen verbracht zu haben und zeigte ihm drohend seine Zähne.

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      "Was machst du denn hier?", wollte Valentin wissen, obwohl er natürlich wusste, dass das Tier nicht antworten konnte.

      Hrrrrrrr!, machte der Kater, sprang auf und verschwand im Nebel.

      "Bleib hier, du doofes Vieh!"

      Doch Kuntz hörte nicht auf ihn. Da meldete sich plötzlich der Krähenspäher und stieß einen gellenden Schrei aus. Die kleine Plage war davongeflogen, einfach so. Doch irgendwie ahnte Valentin schon, warum sie das tat. Keine Minute später hörte er auch schon die Flügel der übrigen Schar über seinen Kopf hinwegflattern. Der Späher hatte also Verstärkung geholt. Fragte sich nur, wozu? Kuntz blieb verschwunden. Selbst am Waldrand war nichts von Joes verkommener Ausrottung zu sehen. Dafür konnte man hier wieder vernünftig laufen. Er verschärfte das Tempo und blendete alle Gedanken an irgendwelche Gefahren aus. Es war ja schließlich nur Kuntz, eine selten dämliche Katze.

      Über einen schmalen Weg gelangte Valentin hinunter an den See, an dessen Ufer sich die dichte Böschung mit der alten Bootshütte befand. Hier war der Nebel nicht mehr ganz so dicht wie auf dem Acker, dafür ging ein richtiger Landregen hernieder. Man konnte bereits die einzelnen Sträucher erkennen - und die Krähen, welche soeben auf ihnen gelandet waren. Von der alten Hütte war wegen des Buschwerks noch nichts zu sehen, dafür aber die ersten Spuren der Vernichtung.

      Ein toter Marder lag in unnatürlich verkrümmter Haltung auf einem Grasbüschel, als wäre er im hohen Bogen durch die Luft geschleudert worden. Zwei kleine Vögel hatten das tobende Gewitter der vergangenen Tage ebenfalls nicht überlebt. Einer von ihnen war blutüberströmt, der andere lag mit ausgebreiteten Flügeln auf dem Rücken.

      Ein paar Schritte weiter stieß Valentin plötzlich auf etwas, für das es nun wirklich keine Erklärung gab. Da lag eine uralte Laterne im Dreck. Sie war völlig deformiert, das Glas zerbrochen. Er hob sie auf und betrachtete sie. In einer riesigen Wasserlache, welche sich vor dem Eingang des Bootshauses gebildet hatte, schwammen ein paar verkohlte Zweige. Er machte einen Satz über die Pfütze und klopfte sich den Schmutz von den Schuhen. Dann blieb er wie angewurzelt stehen. Was war denn hier geschehen?

      Valentins Kinnlade schien Bodenkontakt zu suchen, so sehr zerrte die Schwerkraft an den Grundfesten seines Verstandes. Die Krähen flatterten wild umher, wohl ebenfalls aufgescheucht von dem, was in den letzten Nächten mit der alten Holzhütte geschehen war. Überall an den Wänden des wackligen Bretterverschlags wucherte schwarzes Gestrüpp empor, mit Ästen, unzähligen Ästen, die alle mit unzähligen, kreuz und quer abstehenden Dornen gespickt waren.

      Das fremdartige Gewächs hatte die Hütte umspannt wie ein gigantisches Spinnennetz, das Schindeldach in seiner Mitte gespalten und die Scheibe des kleinen Fensters durchschlagen. Die Tür war zur Hälfte aus den Angeln gehoben worden und unnatürlich nach außen gewölbt.

      Kuntz saß auf der Türschwelle und spuckte einen verendeten Vogel aus.

      "Was tust du hier, verdammt?", keuchte Valentin, während er einen riesigen Schuhabdruck unweit der Schwelle entdeckte. Von wem er stammte, konnte er sich nicht erklären. Eines stand jedoch fest: Irgendjemand hatte dem Bootshaus einen Besuch abgestattet. Und von diesem Jemand stammte offenbar auch die zerschlagene Laterne. Hatte ihn der Landstreicher also doch verfolgt?

      Valentin wagte es nicht, dem seltsamen Gewächs zu nahe zu kommen. Er schnappte sich einen langen Ast und versuchte damit, Kuntz von der Schwelle zu scheuchen. Doch das war keine gute Idee, denn plötzlich bewegte sich die Tür.

      "UAAAAH!", schrie er entsetzt. Das von vielen heißen Sommern ausgebrannte Holz knackte und ächzte und begann, sich langsam nach innen zu biegen. Das Bootshaus schien zu atmen. Er konnte nicht glauben, was er da gerade erlebte und blieb wie versteinert stehen.

       Krrrp...

      Nun erwachte auch das zerborstene Fenster zum Leben. Der Rahmen wölbte sich nach außen und knackte. Ein verbliebenes Stück der Scheibe begann dabei bedrohlich zu knistern. Mit weit aufgerissenen Augen verfolgte Valentin, wie sich inmitten dieses Glasstücks ein Riss bildete.

       Srrrp...

      Er wollte einen Schritt zurück machen, was ihm allerdings nicht gelang. Der Schreck saß ihm so tief in den Gliedern, dass er die Kontrolle über seine Beine verloren hatte. Dann explodierte die Scheibe.

       Krach!

      Ein Ast des gespenstischen Gewächses war urplötzlich aus dem Fenster geschnellt und peitschte mit seinen messerscharfen Dornen in die Wasserlache hinein. Ein Meer aus Glasscherben schoss dabei knapp über Valentins Kopf hinweg. Er schrie auf, stolperte und landete mit dem Hosenboden in der Wasserpfütze.

      "Aaaaah!"

      Immerhin gewann er die Kontrolle über seine Beine zurück. Er sprang aus dem Wasser, in allerletzter Sekunde. Denn schon fegte da ein zweiter Ast aus dem Fenster. Das war genug. Valentin rannte. Er rannte, als hätte er den Leibhaftigen gesehen - bloß weg, weit weg, in absoluter Panik, beraubt jeglicher Logik und jeglicher Spur von gesundem Menschenverstand. Die Krähen erhoben sich in den düsteren Himmel und hefteten sich an seine Fersen. Und unter den teuflischen Schreien einer irrsinnigen Katze schickte eine schwere Gewitterwolke prasselnden Regen herab.

      Die Wetterlage über der Waldlichtung verschlimmerte sich nun dramatisch. Aus Regen wurde Hagel, aus Hagel eine mittlere Sintflut. Irgendwann zuckten auch die Blitze wieder vom Himmel, ganz so, als hätte die verwilderte Hütte den ungebetenen Besuch bemerkt und daraufhin die süße Verlockung ungezügelten Zorns entdeckt.

      Wie gelähmt starrte der Unglücksjunge von seinem Fenster aus auf das apokalyptische Treiben und

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