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ansehen.“ Behutsam nahm er dann sein zitterndes Bienchen in die Arme.

      Schniefend sagte sie schließlich: „Ich habe Eugen verlassen!“

      Erstaunt sah er sie an: „Ist das dein Ernst? Du hast ihn also wirklich verlassen?“, hakte er ungläubig nach.

      „Ja“, sagte sie mit piepsiger Stimme und laufender Nase, wobei sie etwas hilflos in ihrer Jackentasche nach einem Taschentuch kramte, „dieses Mal, ja, dieses Mal ist er definitiv zu weit gegangen.“

      „Na endlich hast du es geschafft!“, seufzte Marc. Sichtlich erleichtert über ihren Entschluss, zog er ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und überreichte es ihr. „Mein armes kleines Bienchen“, tröstete er sie weiter, „alles wird wieder gut, glaub mir.“

      Marie-Claire schnäuzte kräftig hinein und fühlte sich, für den Moment jedenfalls, verstanden.

      „Gleich nach dem Frühstück, werde ich dir das Gästezimmer herrichten“, schlug er vor.

      „Nein, nein“, unterbrach sie ihn sofort, „es ist besser, wenn ich vorerst bei meiner Mutter wohne, alles ist dann unverfänglicher.“

      Er ging etwas auf Distanz und sah sie fragend an.

      „…wegen der Scheidung … und so“, antwortete sie.

      „Ahhh … und so!“, wiederholte er enttäuscht.

      „Naja, meine Mutter ist der Auffassung ich sollte mein Leben zuerst einmal selbst in die Hand nehmen, bevor ich mich wieder in eine Beziehung stürze.“

      Verdutzt sah er sie an, „ja weiß sie denn über uns Bescheid?“, fragte er.

      Sie schnäuzte erneut ins Taschentuch und antwortete: „Glaub mir, meiner Mutter kann man nichts vormachen, sie sieht einen an und weiß genau was in einem vorgeht.“

      „Ah verstehe, verstehe“, nickte er mit hochgezogenen Augenbrauen, „aber wenn ich dir behilflich sein kann, bei was auch immer, hab keine Scheu mich zu fragen!“

      „Danke, das ist sehr lieb von dir und ich weiß das auch sehr zu schätzen“, antwortete sie mit einem gequälten Lächeln, „aber mir genügt schon, wenn du mich hin und wieder in die Arme nimmst, so wie jetzt, mich drückst und mich einfach nur so nimmst wie ich bin.“

      „Liebend gerne mein Bienchen“, hauchte er. Dann umarmte und küsste er sie – und dieser Kuss war fordernder und intensiver als alle Küsse die sie zuvor getauscht hatten.

      Plötzlich hatte sie alle Mühe sich von ihm zu lösen, und genau diese Art von Umklammerung versetzte sie nun in Panik. „Marc bitte, ich muss zurück bevor meine Mutter aufwacht. Außerdem kommt mein Bruder Laurel mit der Frühmaschine, und dann gibt es noch ganz viel zu bereden, du weißt … wegen der Scheidung und so …“, stammelte sie.

      „Och Bienchen, das sind mir zu viele und so’s! Außerdem hast du mir noch nicht einmal erzählt was geschehen ist.“

      Kopfschüttelnd, aus Scham über das Geschehene den Blick gesenkt, drückte sie ihn auf Distanz. Zum jetzigen Zeitpunkt war sie nicht in der Lage mit ihm über ihren Missbrauch zu reden, was sie benötigte war Abstand.

      Eindringlich sah er sie an, „was hat dir der Kerl bloß angetan?“, fragte er sichtlich besorgt.

      Sich erinnernd kullerten erneut Tränen über ihre Wangen, ihr war als würden die ehelichen Misshandlungen geballt in ihrer Kehle stecken und sie zum Schweigen bringen.

      „Es ist besser, wenn ich jetzt gehe“, kamen die Worte schließlich stockend über ihre Lippen.

      „Okay, Bienchen, du musst mir aber versprechen, dass wir uns bald wieder sehen, es muss ja kein Schäferstündchen sein“, versuchte er sie aufzumuntern, „vielleicht können wir uns nur sehen, zusammen einen Kaffee trinken und dabei reden, oder ins Kino gehen, oder sonst was unternehmen“, sagte er mit einem milden Lächeln.

      „Marc, bitte, sei mir nicht böse, lass mir Zeit.“

      „Alle Zeit die du brauchst, mein Bienchen“, entgegnete er. Wobei in der Modulation seiner Stimme bereits ein Quäntchen Hoffnung auf ein Wiedersehen lag.

      Marie-Claire fühlte sich irgendwie unwohl, ja, geradezu von seiner Fürsorge überrumpelt, sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln und eilte die Treppe hinunter. Am unteren Treppenabsatz blieb sie stehen, drehte sich zu ihm um und sagte: „Apropos Zeit, es ist dir doch recht, dass ich einige Tage Urlaub nehme!“

      „Kein Problem“, antwortete er mit seinem schönsten Lächeln, wobei er ihr einen Luftkuss zuwarf, sie fing ihn auf und warf ihn, wenn auch mit einem gezwungenen Lächeln, wieder zurück.

      Als sie später auf der Rückfahrt zu ihrer Mutter war, dachte sie über Marc nach. Sein plötzliches Drängen auf ein Wiedersehen passte ihr zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht. Ihr stand so gar nicht der Sinn nach Liebesgeplänkel oder gar einer festen Beziehung. Aber zu weiteren Vertiefungen kam sie nicht mehr, denn vor der Einfahrt zu ihrem Elternhaus parkte ein Taxi, ihr Bruder Laurel kletterte heraus und eilte mit seinem Piloten-Köfferchen Richtung Haus. Nun hatte sie ein Problem. Während sie sich den Kopf zerbrach, wie sie unbemerkt wieder ins Haus kommen könnte, stand Laurel bereits vor der Haustür und kramte fluchend in seinen Jackentaschen nach dem Hausschlüssel.

      Just in dem Moment als Marie-Claire neben ihm stand, riss ihre Mutter die Tür auf.

      „Da bist du ja, mein Junge!“, begrüßte Ella freudestrahlend den Weltenbummler. Dann sah sie zu Marie-Claire und fragte erstaunt: „Wo kommst du denn jetzt her?“

      „Ich?“, antwortete sie völlig perplex, wobei sie verlegen mit dem Zeigefinger den Sitz ihrer Kummer-Versteck-Brille korrigierte.

      Laurel sah zu ihr hin und erkannte schon gleich an ihrem verzweifelten Gesichtsausdruck, dass sie Hilfe benötigte, stellvertretend antwortete er für seine Schwester: „Sie hat mich vom Flughafen abgeholt weil, weil ich in meiner Schusseligkeit den Hausschlüssel verlegt habe und dich, liebes Mütterlein, nicht aufwecken wollte!“

      „So, hat sie das!“, entgegnete Ella barsch und bestrafte Marie-Claire mit einem argwöhnischen Blick.

      „Ja, ja“, stimmte sie ihrem Bruder erleichtert zu, „so war das.“

       In jenem Augenblick war es wieder wie früher, wenn Laurel ihr ein Alibi geben musste.

      „Dann kommt mal rein“, befahl sie in ihrer rauen aber doch sehr herzlichen Art.

      „Mein Gott, Mütterchen, was ist das denn wieder für eine Begrüßung“, scherzte Laurel. Im Nu hatte er Ella umarmt und sie kurz in die Höhe gehievt, „hey, hast du wieder zugenommen?“, fragte er augenzwinkernd und griff dabei beherzt in ihre Hüftrolle.

      Ella juchzte auf, „du frecher Kerl du, lass das!“

      Laurel wusste wie Ella anzupacken war und küsste dabei ihre hochroten Wangen.

      Marie-Claire schüttelte den Kopf, ihr war absolut nicht nach Flachsen, in ihr brodelte eine angespannte bis depressive Stimmung.

      „Na, Schwesterherz“, sagte Laurel, „und welche Laus ist dir am frühen Morgen über die Leber gehüpft?“, woraufhin er sie scherzeshalber in die Seite knuffte.

      Erst als sie ihre Brille von der Nase zog, wurde er still, entsetzt sah er sie an, dann sagte er: „Holla die Wald-Fee! Welches Scheunentor kam dir denn diesmal entgegen?“, worüber er nur verständnislos mit dem Kopf schütteln konnte.

      Ella klatschte in die Hände, so wie früher, wenn beide keine Ruhe gaben. „Lasst uns zuerst frühstücken, danach können wir über alles reden“, fügte sie an, wobei sie ihrer Tochter einen strafenden Blick zuwarf – war auch sonnenklar warum – denn wie konnte sie es wagen, sich mit ihren Problemen, zwischen das Mutter-Sohn-Duo zu drängen.

      An diesem Morgen hatte die Mutter ihrem geliebten Sohn alles aufgetischt was sein Herz begehrte: Es gab Rührei mit kross gebratenem Frühstücksspeck,

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