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      Die ältere Frau lief nun zu ihrem Mann und berichtete ihm: "Die Jüngere hat einen Hund geboren." Der Häuptling war wütend und sagte: "Geh, ich möchte so etwas gar nicht sehen, geh und bring das Tier sofort um." Da brachte die Frau den Welpen in den Viehkraal zurück. Von jetzt an behandelte der Häuptling seine jüngere Frau roh, gab ihr böse Worte und hielt ihr vor, dass sie ein Ungeheuer zur Welt gebracht habe. Folglich schenkte er ihr auch nichts mehr, sondern sagte, dass sie sich in Zukunft an ihren Vater halten solle, wenn sie etwas brauche. Die kleine Ratte aber brachte das Kind jede Nacht heimlich zu seiner Mutter, damit sie es säugen konnte, und das tröstete die arme Frau sehr.

      Eines Tages, als niemand da war, ging die ältere Frau in die Hütte der jüngeren und beobachtete, wie die kleine Ratte mit dem Kind spielte. Unruhig geworden, ersann sie eine List. Als der Häuptling nach Hause kam, gab sie vor, krank zu sein, und auf die Frage ihres Mannes, was ihr denn fehle, erwiderte sie: "Ich habe heute den Medizinmann kommen lassen, und der hat geweissagt, dass du die Hütte der jüngeren Frau niederbrennen musst, wenn ich mich je wieder erholen soll." Der Häuptling, der die ältere Frau liebte, war damit einverstanden, und am nächsten Morgen wurde die Hütte der Jüngeren bis auf den Grund niedergebrannt. Aber die kleine Ratte hatte mitgehört, was geschehen sollte, und das Kind schnell im Viehkraal in Sicherheit gebracht.

      Als die ältere Frau später einmal durch den Viehkraal ging, beobachtete sie erneut, wie die kleine Ratte mit dem Kind spielte. Auch diesmal stellte sie sich krank und erzählte ihrem Mann, dass der Medizinmann geraten hatte, den Viehkraal zu zerstören, weil sie sonst ganz bestimmt sterben müsse. Der Häuptling gab den Befehl, den Viehkraal niederzubrennen. Aber die kleine Ratte hatte gelauscht und war mit ihrem kleinen Freund heimlich in das Dorf eines benachbarten Häuptlings geflohen. Dort brachte sie das Kind in einer Gästehütte unter, in der es aufwuchs.

      Jahre später wohnten einmal zwei Besucher in der Hütte und sahen mitten auf der Brust des Jungen, der inzwischen herangewachsen war, den Halbmond. "Woher kommst du?" fragten sie ihn erstaunt. Der Junge, der seine Geschichte von der kleinen Ratte erfahren hatte, nannte den Männern den Namen seines Vaters. "Und was tust du hier?" wollten die Männer wissen. Da erzählte ihnen der Junge, was ihm seit seiner Geburt widerfahren war. Voller Staunen über das, was sie erfahren hatten, versprachen die Männer, dem Vater des Jungen schon am nächsten Morgen vom Aufenthaltsort seines Sohnes zu berichten. Aber aus Furcht davor, dass die ältere Frau versuchen würde, ihn zu töten, ließ sich der Junge versichern, dass die Männer niemandem außer seinem Vater das Versteck verraten würden.

      Der alte Häuptling konnte sich kaum fassen, als er die Neuigkeit gehört hatte. "Seid ihr sicher, dass es mein Sohn ist?" fragte er. "Ganz sicher", antworteten die Männer, "er hat den gleichen Halbmond auf der Brust wie du." Sofort rief der Häuptling seine ältere Frau zu sich und befahl ihr, viel Bier brauen zu lassen. Er selbst begab sich am Abend in das Dorf, wo sich sein Sohn versteckt hielt, und als er den Halbmond sah, war er endgültig beruhigt und lauschte schweigend der Geschichte, die sein Sohn zu erzählen hatte. "Bleib heute Nacht noch hier, morgen werde ich nach dir schicken", sagte er.

      Als er wieder in seinem Dorf angelangt war, rief der alte Häuptling zwei Boten. Dem einen gab er ein Lö­wenfell und hieß ihn den Sohn holen. Den anderen sandte er zu dem wichtigsten Unterhäuptling und ließ ihm ausrichten, dass er alle seine Leute versammeln solle und zusammen mit ihnen morgen im Hauptdorf erscheinen möge. Der Sohn wurde nach seiner Ankunft heimlich in eine Hütte gebracht, und als alle Leute versammelt waren, befahl der Häuptling, das Bier zu bringen. Und während alle tranken und sich fragten, was wohl geschehen würde, holte der alte Häuptling seinen Sohn, der unter einem Löwenfell verborgen war, aus der Hütte. Er setzte ihn vor die Versammelten und ließ sich dicht daneben nieder. Nach einer kleinen Weile erhob er sich, nahm das Löwenfell weg und enthüllte für alle sichtbar seinen Sohn mit dem Halbmond auf der Brust. Die Leute gerieten vor Überraschung außer sich. Dann wandte er sich an seine ältere Frau mit der Frage: "Woher kommt dieser Sohn?" Die Frau gab keine Antwort, sie schlug nur die Augen nieder. Der Häuptling sah, dass sie schuldig war, und sagte: "Geh, du Elende, nimm deine Söhne und alle deine Sachen und verschwinde für immer aus diesem Dorf." Dann wandte er sich an seine Leute und sprach: "Hier ist euer Häuptling. Nicht ich werde von heute an Häuptling sein, sondern mein Sohn. Er nimmt meinen Platz ein. Ihr müsst ihn ehren, wie ihr mich geehrt habt." Großer Jubel brach aus. Es wurde viel Vieh geschlachtet, und jedermann aß und trank und erwies dem neuen Häuptling die Ehre.

      Der Häuptling und seine Frauen

      Ein großer Häuptling hatte acht Frauen. Er legte bei der ersten seinen Stab nieder und gebot ihr, das niemandem zu sagen. Bei der zweiten legte er seine Keule ab. Auch ihr trug er auf, das niemandem zu verraten. Der dritten ließ er sein Wurfgeschoß, die vierte bekam seine Lanze, die fünfte sein Beil, die sechste sollte die Sterne bewahren, die siebente den Mond und die achte die Sonne. Allen hatte er streng verboten, mit jemandem darüber zu sprechen. Dann begab er sich auf die Jagd. Als er fort gegangen war, entbrannte ein Streit unter den Frauen, welche von ihnen am meisten geliebt werde. Jede behauptete von sich: "Geliebt werde nur ich!" Schließlich konnte die erste Frau nicht mehr an sich halten und sprach: "Geliebt werde ich allein, denn seht, er hat seinen Stab, mit dem er immer ausgeht, bei mir niedergelegt." Die anderen riefen: "Zeige ihn uns, damit wir sehen, ob du wirklich geliebt wirst." Da führte sie die Frauen zu ihrem Haus und zeigte ihnen den Stab. Doch die anderen sagten: "Der Stab ist kein Liebesbeweis, er ist nicht viel wert." Das gleiche Urteil fällten sie über die Keule der zweiten Frau und über die Gaben, die der dritten, der vierten und der fünften Frau anvertraut worden waren. Als die sechste Frau aber die Sterne zeigte, waren die anderen sehr beeindruckt und sprachen: "Nun haben wir gesehen, dass du mehr geliebt wirst als wir." Die siebente Frau aber konnte das nicht hinnehmen und behauptete: "Die Sterne beweisen nichts. Bei mir hat er etwas viel Schöneres gelassen, um mir seine Liebe zu zeigen." Darauf rührte sie die Frauen in ihr Haus und zeigte ihnen den Mond. Als die Frauen ihn sahen, bewunderten sie die große Liebe des Häuptlings. Nun konnte es auch die achte Frau nicht mehr aushalten und sprach: "Das ist alles nichts. Weil ihr nicht wisst, was ich habe, denkt ihr, dass der Mond der größte Liebesbeweis ist. Doch ich werde mehr geliebt als ihr alle. Nur darf ich euch mein Geheimnis nicht preisgeben, denn ich versprach, es niemandem zu zeigen und mit keinem darüber zu sprechen. Aber so viel sei gesagt: Es ist sehr groß, es übertrifft alle eure Gaben, auch die Sterne und den Mond. Was ihr als wertvoll betrachtet, wird von meiner Gabe übertroffen." Da wurden die anderen Frauen sehr unruhig und drängten sie, ihnen doch das Geschenk des Häuptlings zu zeigen. Schließlich gab sie nach und ging zu ihrem Haus. Als sie mit den anderen Frauen dort ankam, öffnete sie die Tür. Alle sahen die Sonne und waren in höchstem Maße erstaunt. Doch sie konnten nicht lange verweilen, denn die Sonne be­gann sie zu verbrennen. Sie brannte so heiß, dass es der Frau nicht gelang, die Tür wieder zu schließen. Und so kam die Sonne aus dem Haus hervor. Als der Häuptling, der auf der Jagd war, auf einmal die große Hitze spürte, sandte er Boten zu seiner Frau und ließ ihr sagen, dass sie die Sonne wieder einschließen solle. Zorn packte ihn, dass seine Frauen die Anordnungen übertreten hatten, aber er vermochte nichts auszurichten, denn kein Mensch war imstande, die Sonne je wieder einzuschließen. Und so musste der Häuptling in der Sonnenglut sterben. Seit diesem Tage sind Sonne, Mond und Sterne nicht mehr bei den Menschen, sondern am Himmel.

      Der Junge auf dem Stier

      In längst vergangener Zeit hatte ein Häuptling viele Frauen geheiratet, und eine von ihnen war schwanger. Da kam ein Stierkalb zur Welt. Der Häuptling sprach: "Wenn die Frau niederkommt, soll ihr Kind auf diesen Stier gelegt werden." Der Name des Stiers war Ubongopa-kamagadhlela. Das Kind wurde geboren und auf den Stier gelegt. Es blieb da und schlief auf ihm, bekam dort auch sein Essen und hatte nichts auf dem Leibe. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde das Tor des Dorfes geschlossen, und die Leute gingen zum Schlafen in die Hütten. Das Kind aber schlief auf dem Stier.

      Gegen Morgen sagte das Kind:

      "Ubongopa-kamagadhlela,

      Ubongopa-kamagadhlela!

      Wach auf nun,

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