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der Unterschied in einer Vielzahl von Privatpatienten, intensivem – u. U. sogar exzessivem – IGeL-Verkauf, aggressivem Marketing oder der Praxisgröße zu suchen ist. Doch weit gefehlt!

      Wertet man Praxisanalysen in Bezug auf die Praxismanagement-Merkmale aus, die besonders erfolgreiche Praxisbetriebe von anderen unterscheiden, so sind die Best Practices vor allem auf den ersten Blick eher unscheinbare Verfahren, Regelungen und Verhaltensweisen, die den Unterschied Praxisgröße – das entscheidende Plus – machen. Sie werden umfassend berücksichtigt, sorgfältig kombiniert und vor allem konsequent umgesetzt.

      Diese Best Practices finden sich in diesem Buch: einfach und praktisch dargestellt, problemlos im Praxisalltag umsetzbar. Die Checklisten, Handlungsempfehlungen, Praxis-Tipps und Explorations-Ergebnisse entstammen dem Blog Benchmark! (http://ifabsthill.wordpress.com ), dessen Beiträge, übersichtlich gegliedert nach Praxismanagement-Aktionsbereichen für diese Publikation zu einem Praxisführungs-Rezeptbuch zusammengestellt wurden. Es besteht aus kurzen, thematisch fokussierten Informationseinheiten, die an den am häufigsten zu beobachtenden Problemsituationen in Arztpraxen aufgehängt sind. Sie zeigen auf, welche Best Practice-Lösungen dazu beitragen, diese zu vermeiden und so zu einem optimierten Praxismanagement zu gelangen: der Basis für qualitativ hochwertige Patientenbetreuung und wirtschaftlichen Erfolg.

       1 Grundsätze eines Best Practice-Praxismanagements

       1.1 Zehn Thesen zum Praxismanagement auf dem Prüfstand

      Best Practice: Denkfallen vermeiden!

      Nicht nur in Gesprächen mit Ärzten, sondern auch in Publikationen stößt man immer wieder auf eine Reihe von Statements zur Praxisführung, die mit Nachdruck kommuniziert werden, aber meist nur durch Einzelfall-Beobachtungen belegbar sind.

      (1) Das Praxismanagement in ärztlichen Kooperationen (Praxisgemeinschaften, Gemeinschaftspraxen) ist besser als in Einzelpraxen.

      Gerade Praxen, die personell wachsen, verpassen häufig den richtigen Zeitpunkt, Prozesse, Strukturen, Instrumente und Verhaltensweisen an die veränderte Situation anzupassen. Vielmehr werden die Verfahrensweisen der Einzelpraxis fortgesetzt, die jedoch mit der neuen Struktur nicht kompatibel sind.

      (2) Ältere Praxisinhaber managen den Betrieb besser als jüngere.

      Viele Ärzte in etablierten Praxen haben sich mit Problemen in ihrem Praxismanagement arrangiert statt sie zu beseitigen. Je mehr das Ende der Praxistätigkeit naht, desto weniger kümmern sich die meisten um Verbesserungen, obwohl gerade diese den Praxiswert nachhaltig steigern können. Ärzte, die sich neu niederlassen, achten heute wesentlich mehr auf ein adäquates Management, da die Thematik deutlicher in den Vordergrund gerückt und wirtschaftliches Denken ausgeprägter ist.

      (3) Praxismanagement lässt sich nicht planen.

      Fehlende Praxisplanung (Entwicklung von Zielen, Festlegung von Zielgruppen, Zielkontrolle etc.) ist ein eindeutiger "Stern-Killer". Praxisinhaber, die nicht oder nur wenig planen, erreichen meist nicht mehr als maximal zwei Benchmarking-Qualitätssterne. Sie sind sog. "Akut-Akteure", die aus dem Augenblick heraus handeln und so durch das Praxisgeschehen gelenkt werden statt es selbst zu steuern.

      (4) Nur Großpraxen benötigen eine Erstkraft.

      Der Praxisvergleich zeigt: Arztpraxen - unabhängig von der Größe -, in denen eine leitende Erstkraft mit Weisungskompetenz oder eine Praxismanagerin arbeitet, liegen zum Großteil im Vier- und Fünf-Sterne-Segment. Der Grund: erst die Zwischenhierarchie ermöglicht eine ideale Arbeitsteilung, bei der sich die Ärzte im Tagesgeschäft vollständig auf ihre Kerntätigkeit konzentrieren können.

      (5) Die Patientenurteile in Arzt-Bewertungsportalen spiegeln die Praxisqualität kaum wieder.

      Ein Stichprobenvergleich der Benchmarking-Qualitätsklassifizierung von Praxen mit den Portalbewertungen zeigt einen sehr hohen Übereinstimmungsgrad.

      (6) Das Management von Arztpraxen, die in Netzen zusammengeschlossen sind, ist besser als das von Einzelpraxen.

      Das ist nicht der Fall. Teilweise ist es sogar schlechter, da Netzpraxen häufig andere Schwerpunkte setzen und z. B. Aspekte wie Marketing oder Personalführung zu Gunsten des netzorientierten Patientenmanagements zurückstellen.

      (7) Zertifizierte Praxen haben ein besseres Management als nicht zertifizierte.

      Auch das ist in der Absolutheit der Aussage nicht haltbar. Zertifizierte Praxen erfüllen besonders vorbildlich die erforderlichen Normen, können aber im Marktvergleich durchaus schlechter abschneiden, da sie Instrumente und Maßnahmen, die außerhalb der Normierung liegen, nicht oder nur in geringem Umfang einsetzen (z. B. Pressearbeit, Veranstaltungen, Bewertungsportal-Management etc.).

      (8) Praxen mit halboffener Sprechstunde sind patientenfreundlicher.

      Das Gegenteil ist der Fall: Praxisteams, die unangemeldete Patienten in den terminierten Ablauf integrieren, haben deutlich schlechtere Patientenzufriedenheits-Werte. Der Grund: die eingeschobenen Patienten bringen die Abläufe aus dem Gleichgewicht und die vereinbarten Termine können nicht eingehalten werden. Praxen mit vier und fünf Sternen arbeiten ausschließlich auf Terminbasis.

      (9) Intensives IGeLn schreckt Patienten ab.

      Die Zufriedenheit von Patienten in IGeL-aktiven Praxen unterscheidet sich nicht von den Ergebnissen in Praxen mit geringem IGeL-Anteil. Grundsätzlich bestimmt die Frage, wie die Angebote an die Patienten herangetragen werden, die Ausprägung der Zufrieden- oder Unzufriedenheit. Praxisteams, die viel und professionell IGeLn, haben teilweise sogar bessere Weiterempfehlungsquoten als IGeL-passive Praxen. (10) Arztpraxen benötigen kein Marketing.

      Es besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Intensität der Marketingarbeit und der Anzahl der erreichten Sterne. Dabei kommt es jedoch nicht darauf an, möglichst viele Instrumente einzusetzen, sondern ausgewählte intensiv und kontinuierlich zu nutzen (z. B. Praxisbroschüre, Recall etc.).

       1.2 Sind niedergelassene Ärzte Masochisten?

      Best Practice: Handeln statt Resignieren!

      Arbeitsüberlastung, unzureichende Honorierung, Bürokratisierung: wenn niedergelassene Ärzte über ihre Arbeit sprechen, dominiert die Klage. Die Arbeitsrealität in den Praxisbetrieben zeigt jedoch, dass das nicht sein müsste:

      (1) Das aktivierbare Potenzial ungenutzter Optimierungen des Praxismanagements liegt im Mittel bei 28 Verbesserungsmöglichkeiten pro Praxis, die zum großen Teil vor allem den Mitarbeiterinnen bekannt sind, aber von den Praxisinhabern nicht berücksichtigt werden.

      (2) Bislang haben lediglich 15% aller Ärzte schon einmal eine grundlegende Organisationsanalyse durchgeführt, in jeder zweiten Praxis könnten jedoch Produktivität und Arbeitsbedingungen durch identifizierte Defizite nachhaltig verbessert werden. Doch selbst, wenn Probleme erkannt werden, erfolgt häufig keine Veränderung.

      (3) Neue Ideen - z. B. von Medizinischen Fachangestellten entwickelt - haben in Arztpraxen kaum eine Chance. Es werden keine professionellen Ideenkonferenzen durchgeführt, Verbesserungs-Vorschlagssysteme sind eine Seltenheit.

      Die Frage nach dem "Warum?" bleibt unbeantwortet, denn die Antworten von Ärzten auf entsprechende Nachfragen sind in ihrem Tenor unverbindlich-diffus: man habe keine Zeit, die Mitarbeiterinnen würden sich sperren, man müsse noch einen Plan erstellen, die Konsequenzen wären nicht überschaubar etc. Vielleicht ist ja doch ein Hauch Masochismus dabei? Auf jeden Fall hat das Ganze auch einen sadistischen Aspekt, denn für Mitarbeiter und Patienten resultieren aus der "Veränderungs-Verweigerung" z. T. quälende Situationen.

       1.3 Praxismanagement: Die

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