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öffnete er die Augen. „Du stehst schon auf? Wir haben doch alle Zeit der Welt!“

      „Ich wollte noch einiges für morgen vorbereiten“, schwindelte sie. „Bleib ruhig liegen. Ich mache uns erst einmal einen Kaffee.“

      Zuerst ging sie ins Bad und erschrak, als sie einen kurzen Blick in den Spiegel warf. Sie hatte dunkle Augenringe, was durch die zerlaufene Wimperntusche noch betont wurde und fand sich äußerst unattraktiv. Rasch wusch sie sich das Gesicht und beseitigte die schwarzen Überreste. Doch mit ihrem Anblick war sie immer noch mehr als unzufrieden. Seufzend ging sie in Volkers Kochnische. Viel mehr als einen Schnellkaffee und einige Kekse fand sie nicht, aber sie stellte alles auf ein Tablett und trug es ans Bett. Volker hatte sich jetzt aufgerichtet und schaute ihr liebevoll entgegen.

      „Ich wünschte, wir würden jeden Morgen gemeinsam frühstücken“, meinte er.

      „Dann sollte das Angebot aber üppiger sein“, hielt sie ihm entgegen und knabberte lustlos an einem Keks.

      Nach der spärlichen Mahlzeit verschwand Volker selbst im Bad und kam nach kurzer Zeit geduscht und gut gelaunt zurück.

      „Soll ich dich gleich zu deinem Zimmer fahren?“

      Steffi schüttelte den Kopf.

      „Ich möchte gerne zu Fuß gehen. Die frische Luft wird mir gut tun.“

      „Da bist du ja mindestens eine Stunde unterwegs!“

      „Das ist mir auch klar. Aber das Wetter ist herrlich – und in der Bude sitze ich nachher noch lange genug.“

      „Wenn du das so möchtest! Sehen wir uns dann heute Abend? Wir können in die Studiosusklause gehen, wo wir bestimmt viele treffen. Einstimmung fürs neue Semester!“

      „Einverstanden. Kommst du - so gegen sechs?“

      Volker nahm sie noch einmal in den Arm und küsste sie leidenschaftlich. „Ich bin pünktlich da.“

      Steffi hatte es plötzlich eilig. Sie schlüpfte in ihre Jacke und öffnete die Tür.

      „Also bis heute Abend.“

      Dann stand sie auf der Straße, atmete tief die würzige Frühlingsluft ein und marschierte los.

      Als sie in ihrer Straße ankam, fragte sie sich mal wieder, was eigentlich mit ihr los war. Sie hatte wahrscheinlich mehrere Blasen an den Füßen, denn die Discoschuhe waren nicht gerade ihre bequemsten. Und doch hatte ihr der lange Weg geholfen einen klareren Kopf zu bekommen.

      Birgit war noch nicht zu Hause, aber damit hatte sie auch nicht gerechnet. Sie duschte erst einmal ausgiebig und verarztete dann ihre Füße. Anschließend legte sie sich ins Bett und schlief auch gleich noch einmal für eine Stunde ein.

      Birgit kam gegen 14.00 Uhr. Sie ging gar nicht erst in ihr Zimmer, sondern klopfte gleich bei Steffi. Ihre Wangen waren gerötet, ihre Augen glänzten, aber ihr Gesicht war ernst. Sie ließ sich in einen Sessel fallen.

      „Und?“ fragte sie.

      „Was und?“

      „Was willst du mir sagen? Begeistert wirkst du ja nicht gerade.“

      „Na ja, ich bin gelinde gesagt etwas überrascht. Immerhin hast du behauptet, ihn auf dieser Abschlussfete nur flüchtig gesehen zu haben.“

      „Und jetzt denkst du, ich habe dich angeschwindelt?“

      „Ganz ehrlich, ich weiß nicht, was ich denken soll.“

      „Wir haben bei dieser Feier tatsächlich kaum miteinander gesprochen. Schließlich war ich nicht allein dort und man hatte eher den Eindruck, er wolle uns meiden. Er hat mich aber bei Wertkauf an der Kasse gesehen und stand abends plötzlich da. Und von da an hat er mich fast jeden Abend abgeholt. Du kannst mir glauben, anfänglich war es mir sogar unangenehm.“

      „Jetzt offensichtlich nicht mehr. Was ist denn mit der Frau, mit der Babs ihn gesehen hat?“

      „Das war seine Schwester, die ihn gerade besuchte. Da Babs Anhänglichkeit ihm unheimlich wurde, hat er die Gunst der Stunde genutzt.“

      „Das hat er dir gesagt?“

      „Natürlich. Und ich habe keinen Grund es anzuzweifeln.“

      „Mmh“, brummte Steffi.

      Birgit warf ihre Haare zurück. „Mein Gott, Steffi, mir ist auch nicht wohl, wenn ich an Babs denke. Deshalb wollte ich ja auch nicht in die Studiosusklause. Aber glaub mir, sie hatte nie eine Chance! Und ich - ich kann einfach nichts dagegen tun. Ich habe solche Männer immer gemieden, weil ich der Meinung bin, denen kann man nicht trauen, aber er hat nicht aufgegeben und nun ist es passiert.“

      Steffi hing ihren Gedanken nach und war dankbar, dass Birgit nur bei Babs ein Problem sah. Sie zuckte zusammen, als Birgit fortfuhr:

      „Für dich ist alles so einfach. Du hast Volker, der wie geschaffen für dich ist, und jeder freut sich mit dir über dein Glück. Aber ich manövriere mich in so eine Situation. Du weißt, wie sehr ich Babs schätze und ich möchte ihre Freundschaft wirklich nicht verlieren. Nur – auf Henno kann ich auch nicht mehr verzichten. Du musst mir helfen.“

      „Wie soll ich das denn anstellen?“

      „Bitte, du musst mit Babs reden, es ihr schonend beibringen! Sie muss einfach einsehen, dass ich ihr nicht den Traummann ausspannen wollte.“

      Steffi hob den Kopf und betrachtete Birgits Gesicht.

      „Wie schön sie ist!“ dachte sie. „Es ist kein Wunder, dass er sich ausgerechnet in sie verliebt hat.“

      „Ich mache uns mal einen Kaffee“, sagte sie laut. „Schätze, das tut uns beiden gut.“

      Als der Kaffe fertig war, saßen sie erst eine Weile schweigend da und nippten an dem heißen Getränk. Schließlich fragte Steffi: „Was hast du heute Abend vor? Volker und ich wollten in die Studiosusklause.“

      „Ella hat vier Karten fürs Frühlingskonzert. Olaf holt mich später ab.“

      „Olaf? Auch ein interessanter Typ. Ist er Maler?“

      Birgit hatte ihr Lachen wiedergefunden.

      „Das wäre er gerne. Aber seine Eltern haben verlangt, dass er etwas Bodenständiges lernt, deshalb studiert er wie Henno Architektur. Nebenbei ist er sein bester Freund und sie teilen sich fast alles: die Wohnung, das Auto, ich glaube sogar Ideen. Ella ist Olafs langjährige Freundin, sie studiert an der Musikhochschule Violine und Gesang. Die beiden sind ein richtiges Künstlerpärchen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Olaf sich nach dem Studium ganz der Malerei widmet.“

      „Das ist auf jeden Fall eine ganz andere Welt, als wir sie mit unserer Clique gewohnt sind. Fast möchte ich dich beneiden!“

      „Du bist doch jederzeit willkommen! Ich würde mich wirklich freuen, wenn du und Volker öfter etwas mit uns gemeinsam unternehmt. Allerdings habe ich Henno gebeten, die Studiosusklause erst einmal zu meiden. Ich möchte keine Gefühle verletzen.“

      „Tja, aber ausgerechnet da fühlt Volker sich am wohlsten! Es wundert mich ja schon manchmal, dass er lieber in unserer Gesellschaft ist als bei seinen Medizinern.“

      „Mich wundert das gar nicht. Wir sind so ein lustiges Völkchen und würden auch füreinander durchs Feuer gehen. Das findet man nicht oft!“

      „Aber du möchtest dich erst einmal rar machen!“

      Birgit zuckte die Schultern.

      „Im Moment weiß ich nicht genau, was ich will. Du weißt, wie sehr ich an unserer Clique hänge, sie war immer wichtiger und vor allem beständiger als irgendwelche Typen. Doch mit Henno – das ist etwas ganz Besonderes. Und wenn Babs sich nicht so in ihn verknallt hätte, wäre alles kein Problem. Dann könnte ich ihn als meinen Freund vorstellen und er wäre so ein Bestandteil wie Volker. Er hätte bestimmt kein Problem mit den Leuten!“

      „Ja, das glaube ich auch.“

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