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zum Verstand

      Meine Schwingung ist deutlich altägyptisch

      Ich wirke zweifellos kryptisch

      Vielleicht lebte ich irgendwann

      Im alten Assuan

      Oder war’s in Luxor?

      Die Gegend kommt mir bekannt vor

      Ich hab das im Gefühl:

      Ich war einer im Menschengewühl

      Zog mit zu Palästen

      Zu rauschenden Festen

      Ich schrieb Hieroglyphen

      Die Gelehrte heute noch prüfen

      Bezog eines König Ramses würdige Gehälter

      Nur

      warum

      bin

      ich

      dann

      heute

      nur ein

      kleiner

      P r o v i n z a n g e s t e l l t e r ? ? ?

      Im Jardin du Luxembourg, Paris

      Ich las ein Buch und blickte auf, den Tauben

      Bei ihrem Landeanflug zuzusehen

      Ein Wind kam auf und spielte Baum-Entlauben

      Da sah ich sie an einer Säule stehen

      Als wär’ sie eben einem Bad entstiegen

      Und Wasser perle ihr von jeder Hand

      Als hülle sie, vom lang-im-Wasser-Liegen

      Ganz tief gelöst, sich gleich in ein Gewand

      Als sei sie gleichsam noch nicht angekommen:

      Den einen Fuß, wie zaghaft aufgesetzt

      Schien sie vom Baden mir noch wie benommen

      Und ihre Haut schien warm und leicht benetzt

      Als warte sie, dass man ein Handtuch reiche

      So stand sie da, und ihr die weiche Haut

      Ganz sacht abtrockne, sie mit Öl bestreiche

      – Da schrie ein Kind…und Kinder schreien laut –

      Mach dir nichts vor, sprach ich zu mir, das Buch

      Weglegend: Ein Bad nimmt sie nur wenn es regnet

      Sie flüstert niemand zu: Reich mir ein Tuch

      Und wenn ihr ein verzückter Blick begegnet

      Ihr ist es gleich: Lies, lass das Träumen sein:

      Sie wartet nicht, dass man zu Diensten stehe

      Ich seh’ zwar schlecht, doch so viel, dass ich sehe:

      Die schöne Unbekannte ist aus Stein…

      Feierabend

      Vor Dienstschluss war’s, als mir der Schädel brummte

      Und ich ein Feierabend-Motto summte

      Flugs nahm die Tasse ich und schritt zum Becken

      Und ließ das Wasser das TEEin ablecken,

      Als mir, was sonst nur selten mir gelingt,

      Etwas ganz Kleines in die Augen springt

      Es ließ sich leicht als AMEISE bestimmen

      Ich schloss den Hahn, damit sie nicht ins Schwimmen,

      Damit sie in Gefahren nur nicht käme

      Und ihr ein Wasserstrahl das Leben nähme

      Was soll aus dir nur werden? dacht’ ich mir,

      Du wundersam behendes kleines Tier,

      Wenn ‘Herr Kollege‘ bald die Tasse spült

      Und für die Gattung reichlich wenig fühlt

      Ich bot ihr meines kleinen Fingers Kuppe,

      Damit sie ihn als Rettungsring betrachte

      Und sich auf ihr in Sicherheit verfrachte,

      Doch sie lief fort, als wäre es ihr schnuppe,

      So dass ich meinen Finger leicht verrückte

      Und seine Kuppe gleichsam nach ihr bückte,

      Doch wie ich ihn auch vorsichtig verschob,

      Sie krabbelte, wich immer aus, sie stob

      Davon, und sie durchlief das halbe Becken

      Bald kommt, so dachte ich, um zu entflecken

      Die Tasse vom TEEin der Herr Kollege...

      So baute ich erneut ihr Finger-Stege,

      Damit sie, sich zu retten, sie erklimme,

      Damit im Wasser sie zu Tod nicht schwimme

      So drehte ich den Finger nach den Seiten,

      Ließ ihn, wie zufällig, zum Becken gleiten,

      Doch da bei ihr dies keinen Anklang fand,

      Versucht’ ich es mit meiner anderen Hand

      Bald nahte sie und schien nun doch bereit

      Nun sah man, dass das Krabbeln sie leicht schwächte

      Ich hielt ganz still, ließ ihr zum Aufstieg Zeit,

      Der sie in Sicherheit vorm Wasser brächte,

      Damit ein Strahl sie nicht zu Tode schwemme

      Und so mein Finger ihr die Ausflucht hemme

      Noch zagte sie und hielt sich in der Nähe

      Doch dann, als ob sie es nun doch einsähe,

      Besann sie endlich sich und wurde weich

      Ich barg sie sacht und sprach: ‘Warum nicht gleich?‘

      Auf eine Kassiererin

      Deines Jobs wohl überdrüssig,

      Wirkt dein Auftritt nicht sehr schlüssig:

      Deine Augen gucken dumpf

      Aus den Höhlen, völlig stumpf

      Von der trockenen Routine

      Präsentierst du deine Miene

      Der Winkel deines Munds: Verkürzt,

      Als schmecktest du, was schlecht gewürzt

      Du dauerst mich in deinem Los

      Auf Bildern von Hochlandindios

      Sah ich einmal arme Frauen

      Genau wie du, so traurig schauen

      Stünd’ es mir zu, ich gäb’ dir frei

      Egal wie stark der Andrang sei

      Auf eine Fotografie des Dichters Stefan George (1868–1933)

      Was will mir dieses Bildnis sagen?

      Der streng zurückgekämmte Schopf

      Auf klassisch herb-markantem Kopf

      Der fest im Griff von steifem Kragen

      Die Stirn will alles

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