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Gefahren - Abwehr. Jürgen Ruhr
Читать онлайн.Название Gefahren - Abwehr
Год выпуска 0
isbn 9783742716774
Автор произведения Jürgen Ruhr
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Mea culpa, Jonathan. Asche über mein Haupt. Aber du hättest den Schlüssel ja auch am Schließfach ausprobieren können. Dann wüssten wir jetzt auch mehr.“
Ich nickte. ‚Mea culpa‘, das musste ich mir merken. Es klang nicht zu abgehoben und ‚Asche über mein Haupt‘ auf Latein würde sich bestimmt immer irgendwo anwenden lassen. „Mea culpa, mea culpa, mea culpa“, flüsterte ich vor mich hin, um es mir zu merken.
„Ja, das heißt ‚meine Schuld‘ in der Übersetzung“, erklärte Gisbert und ich sah ihn fragend an.
„Nicht ‚Asche über mein Haupt‘?“, hakte ich noch einmal nach und sah wie der junge Schnösel mit einem Grinsen auf dem Gesicht den Kopf schüttelte.
„Nein, Jonathan. Aber ich befürchte, du lernst es nie. Komm, wir müssen hier entlang, das Gepäckcenter befindet sich neben der Apotheke im Verbindungsgang Hauptpassage zum Nordtunnel.“
„Was du wieder alles weißt“, murmelte ich und folgte meinem Gehilfen.
„Guten Tag“, grüßte ich freundlich und verzichtete diesmal darauf, meinen Finger an die Hutkrempe zu legen. Ich wollte ja auf gar keinen Fall missverstanden werden.
„Guten Tag“, echote der vorlaute Praktikant neben mir. „Wir haben wohl die Frist, unser Schließfach zu leeren, versäumt und nun sind meine ganzen Sachen fort. An der Information sagte man uns, dass sie uns weiterhelfen können.“
Ich blickte Gisbert böse an. Wieso drängte der Junge sich immer so in den Vordergrund? „Das Fach ist leer“, ergänzte ich.
„Guten Tag“, grüßte der Mann hinter dem Schalter. Er blickte durch eine dicke Hornbrille und schielte ein wenig. „Um welches Fach handelt es sich denn?“
„Um ein Schließfach“, erklärte ich schnell, bevor Gisbert wieder voreilig etwas sagen konnte. „Um ein Schließfach, guter Mann.“
„Ja, das sagte ihr Sohn eben schon. Haben sie denn einen Schlüssel? Was befand sich denn in dem Fach?“
Ich hielt dem Mann den Schlüssel hin und wollte gerade erklären, dass ich keine Ahnung hatte, was sich in dem Fach gewesen war, als der vorlaute Gisbert mir wieder ins Wort fiel.
„Ich hatte dort meine Unterlagen für die Abiturarbeit aufbewahrt, als ich bei Freunden in der Stadt war“, log er und wurde nicht einmal rot dabei.
Der Bahnangestellte tippte derweil auf einer Tastatur herum. „Waren die Unterlagen in einem Koffer?“, wandte er sich an Gisbert und ignorierte mich völlig. „In einem Aluminiumkoffer?“
Der Praktikant nickte heftig: „Ja. In so einem Koffer.“ Er wedelte mit den Armen herum und deutete vage die Größe eines Koffers an.“
„Dann haben sie aber Glück gehabt. Den Koffer haben wir hier. Ich bräuchte dann wohl noch ihren Personalausweis ...“
„Papa, kannst du das machen? Ich habe meinen Ausweis nicht dabei.“
Ich seufzte. Wie konnte sich das Jüngelchen erdreisten, mich als seinen Vater auszugeben? Vielleicht sollte ich ihm jetzt und hier in guter erzieherischer Maßnahme ein paar hinter die Ohren geben.
Wortlos hielt ich dem Angestellten meinen Ausweis hin.
„Jonathan Lärpers? Das sind sie?“
Ich nickte. Wer sollte das sonst sein, außer mir? „Was denken sie denn, wer das so...“
„Und ich heiße Janosch Lärpers“, unterbrach mich mein Gehilfe und meine rechte Hand zuckte verdächtig. Nur noch eine Bemerkung und ich würde hier und jetzt meinem Sohn eine Lektion erteilen.
Moment, Gisbert war doch gar nicht mein Sohn ...
„Dann lesen sie sich das hier bitte durch und unterschreiben sie, Herr Lärpers. Ich hole inzwischen ihren Koffer.“
Kaum war der Mann fort, zischte ich Gisbert an: „Verdammt, was ist das jetzt für eine Nummer? Ich bin doch nicht dein Vater. Und das Reden überlässt du ab jetzt mir, sonst kannst du gleich wieder bei Jennifer in der Lobby dein Praktikum fortsetzen. Ist das klar?“
„Pacta sunt servanda“, erwiderte Gisbert nur achselzuckend.
„Die Verträge müssen eingehalten werden“, übersetzte der Bahnangestellte und stellte einen Aluminiumkoffer, der dem mit dem Schlüssel zum Verwechseln ähnlichsah, auf die Theke. Ich hoffte nur, der Mann hatte von unserem kurzen Dialog nichts mitbekommen. Wieso schlich sich dieser Mensch auch so an uns heran?
Ich griff zum Koffer, doch der Mann legte eine Hand auf den Griff: „Moment. Erst brauche ich das Formular. Haben sie auch unterschrieben?“
Ich nickte und schob ihm das Papier hin. Dann schnappte ich mir den Koffer. „Nichts wie weg hier“, flüsterte ich zu Gisbert und wandte mich um.
„Danke und auf Wiedersehen“, verabschiedete er sich und vertrödelte damit Zeit.
„Und dir alles Gute beim Abitur!“
Nun gut, bei so viel Höflichkeit wollte ich nicht hintenanstehen. Im Gehen wandte ich mich kurz um und tippte nach bester Detektivmanier an meine Hutkrempe. Dummerweise stieß ich aber mit einem Passanten zusammen und erneut landete mein Finger auf der Stirn.
Irgendwie war heute wohl nicht mein Glückstag.
VI.
Für eine Mittagspause war es leider noch zu früh und so entschloss ich mich, vom Bahnhof direkt zum Krav Maga Studio und zu Bernd zurückzufahren.
„Ich möchte zu gerne wissen, was in dem Koffer ist“, plauderte ich mit meinem jungen Gehilfen während der Autofahrt. Er war die letzte Zeit auffallend still gewesen und ich überlegte, ob es daran lag, dass der Bahnangestellte mir nach meinem gutgemeinten Gruß einige Bosheiten hinterhergerufen hatte. Auch er rief irgendetwas von ‚Anzeige wegen Beamtenbeleidigung‘ und ich fragte mich, warum die Leute dort so empfindlich waren.
Gisbert sah mich entsetzt an: „Das werden wir schon noch früh genug erfahren. Du willst doch wohl so kurz vor dem Ziel nicht doch noch in den Koffer hineinschauen? Domo curiositatis!“
„Ja, ja jetzt fängst du auch noch mit Griechisch an“, stöhnte ich. „Homo sirtaki.“ Ich bog auf den Parkplatz vor dem Krav Maga Studio.
„Domo curiositatis - bezähme deine Neugier“, ließ sich Gisbert vernehmen und stieg aus dem Wagen.
„Habt ihr den Koffer geöffnet?“ Bernd schaute von mir zu Gisbert und wir beiden schüttelten gleichzeitig den Kopf.
„Nein, genau wie du gesagt hast. Leider war er aber nicht mehr im Schließfach, sondern mittlerweile bei der Gepäckaufbewahrung. Die leeren nach zweiundsiebzig Stunden die Schließfächer und da...“
„Gut, dann wollen wir einmal sehen, womit wir es hier zu tun haben“, unterbrach mein Freund meine wichtigen Erklärungen. „Gehen wir in das Labor und schauen, was sich darin befindet, bevor wir den Koffer öffnen.“
Bernd schob das Gepäckstück in den kleinen Scanner. Sekunden später erschien auf dem Computerbildschirm das gewohnt krisselige und kaum zu erkennende Abbild des Koffers.
Mein Freund pfiff durch die Zähne: „Na da schau mal einer an. Gut, dass du deine Finger von den Schlössern gelassen hast, Jonathan.“
„Warum?“, erkundigte ich mich und blickte auf das Schwarzweißbild. Ehrlich gesagt konnte ich nicht viel erkennen.
„Deswegen hier.“ Bernd zeigte mit dem Finger auf eine kleine weiße Linie, die vom Rand des Koffers ins Innere führte. „Das ist ein kleines Kabel. Erkennst du es, Jonathan?“
„J... ja sicher. Ein Kabel, genau. Wenn du es sagst.“
„Du