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zu unterwerfen. Es wurde geschrieben, weil es dem Leser über die Zeilen hinaus Spaß und Spannung bieten will. Die Geschichte ist ein Handlungsrahmen dafür, das Land und das Urlaubsziel auf eine ganz andere Art zu entdecken, als ein Reiseführer, ein Museum oder ein Geschichtsbuch es darzustellen vermögen.

      Gecko Publishing

      PIER 54, NEW YORK CITY - 1. MAI 1915

      Die mit Tausenden von Nieten besetzte Stahlwand erhob sich wie ein Wolkenkratzer über dem Kopf von Lærke und Thomas Bennet. Das Weiß der Decksaufbauten verschwamm mit dem Nebel, der den Hudson River hinaufzog. So, als schwebe die Lusitania in einem Wolkenmeer.

      Lærke war unbehaglich zumute, wie sie mit Thomas dastand und auf diesen aus Stahl gegossenen Hochmut blickte, mit dem die Industriegesellschaft einfache Menschen wie sie zu verhöhnen schien. In der wogenden Menschenmenge am Pier fühlte sie sich, als würde sie im Sturm der Zeitgeschichte hin und her geworfen. Die einzige Person, die sie schützen konnte, war ausgerechnet der Mensch, den sie in Kürze verraten sollte.

       ACHTUNG!

       Reisende, die eine Schiffsreise über den Atlantik antreten, werden darauf hingewiesen, dass sich Deutschland und seine Verbündeten mit Großbritannien und dessen Verbündeten im Krieg befindet. Das Kriegsgebiet umfasst auch die Gewässer um die britischen Inseln. Laut einer offiziellen Mitteilung der Kaiserlich-Deutschen Regierung laufen Schiffe, die unter der Flagge Großbritanniens oder einer seiner Verbündeten fahren, Gefahr, in diesen Gewässern angegriffen und zerstört zu werden. Wer auf Schiffen Großbritanniens oder einem seiner Verbündeten reist, tut dies auf eigenes Risiko.

       GEZ. KAISERLICH-DEUTSCHE BOTSCHAFT,

       WASHINGTON, D.C., APRIL 22nd 1915

      Ein Zeitungsjunge brüllte diese Meldung aus der New York Times immer und immer wieder heraus. Mitarbeiter der Cunard Line kamen auf Lærke und Thomas zu, gefolgt von einer Schar sensationslustiger Reporter und Fotografen.

      »Lass uns gehen, Thomas!«

      Thomas nahm Lærke an die Hand, und sie eilten los zur Gangway für die erste Klasse. Über ihre Köpfe hinweg schwebten massive Holzkisten an den Ladekränen.

      »Schau Lærke, in einer von denen ist bestimmt auch meine Laborausrüstung. Wenn wir zurückkehren, habe ich genügend Geld, und wir kaufen uns ein Automobil. Damit fahren wir dann an den Wochenenden zu den schönsten Badeorten der Ostküste.«

      Sie folgte den Kisten mit ihren Augen – und erschrak. Es war, als schnüre ihr jemand die Kehle zu. Oben an der Reling stand ihre Kontaktperson und blickte auf sie herab. Lærke zögerte. Am liebsten hätte sie Thomas alles gebeichtet, ihn gegriffen und wäre mit ihm zurück in ihr bescheidenes Heim geflüchtet. Sobald sie auf dem Schiff waren, würde es zu spät sein. Im Grunde genommen war es das bereits. Sie konnte sich ihm jetzt unmöglich noch anvertrauen. Er würde es nicht verstehen.

      »Komm, wir holen uns die Schlüssel zu unserer Kabine, du wirst Augen machen«, sagte Thomas.

      Am Empfang ging alles erstaunlich zügig, der Vorteil eines Erste-Klasse-Tickets. Hinter dem aus schwerem Mahagoniholz gearbeiteten Empfang mit kunstvoll geschmiedeten Messingverzierungen begrüßte sie der Chefstewart in einem tadellos aufgebügelten und gestärkten weißen Jackett.

      »Herzlich willkommen an Bord der Lusitania, Mr Bennet.

      Mrs Bennet. Sie haben einen First Class State Room Deluxe gebucht, Sir?«

      »Das ist richtig.«

      Lærke merkte ihrem Mann an, dass er sich nicht ganz so sicher fühlte, wie er sich gab. Ihm fehlte die lässige Arroganz der Reichen, die sich täglich auf derart prunkvollem Terrain bewegten, und wie sie es in den Vorzimmern des Bankhauses, in dem sie arbeitete, erlebt hatte. Besser gesagt, ertragen musste.

      »Ich habe eine Frage. In dem Zimmer befindet sich doch ein Safe, oder?«

      »Ja Sir, wie von Ihnen bestellt. Sollte die Größe nicht ausreichen, können Sie Wertgegenstände gern bei unserem Zahlmeister abgeben.«

      Lærke spürte die Blicke des Concierge auf sich. Offenbar fand er nicht, wonach er suchte. Keine kostbaren Colliers oder anderen Schmuck, und auch das Kleid war wie der Anzug ihres Mannes von minderer Qualität. Das Unbehagen in ihr wuchs von Minute zu Minute.

      »Was kostet das Zimmer?«, flüsterte sie Thomas zu.

      »400 Dollar, und man nennt es Kabine, meine Liebste.«

      »400 Dollar? Das ist fast ein Jahreslohn.«

      »Nicht mehr lange, meine Liebe. Für wen sollte ich mein Erspartes ausgeben, wenn nicht für meine wunderschöne Frau?«

      Lærke fuhr zusammen, als sie den Mann von der Reling neben sich bemerkte. Ein Hüne, der bestimmt zwei Meter maß, hatte wortlos neben den beiden Position bezogen. Thomas’ aufgesetztes Selbstbewusstsein bröckelte, und er fragte mit nervöser Stimme: »Kann ich Ihnen helfen?«

      »Zu Ihren Diensten, Sir. Mein Name ist Alexander. Ich bin Ihr Stewart. Wenn Sie mir den Gepäckschein und die Zimmerschlüssel aushändigen, lasse ich die Koffer in Ihre Kabine bringen. Möchten Sie mir schon einmal Ihre Aktentasche geben, Sir?«

      »Nein! Nein, die trage ich selbst …«

      Alexander blickte über die Schulter und schnippte zweimal mit den Fingern. Ein Page, kaum älter als vierzehn Jahre, kam herbeigeeilt und nahm den Gepäckschein entgegen.

      »Möchten Sie ein Glas Champagner?«, fragte der Stewart.

      »Bitte, bedienen Sie sich. Ein Willkommensgruß der Cunard Line.«

      Minuten später schwang die Tür zu ihrer Suite auf. »Mein Gott, die Kabine ist ja größer als unsere Wohnung.«

      »Wo finde ich den Safe, Alexander?«

      »Dort drüben am Schreibtisch, Mr Bennet.«

      Lærke löste sich vom Arm ihres Mannes und durchquerte das Wohnzimmer mit dem angeschlossenen Essraum, das Schlaf-, das Ankleide- und Badezimmer. Sie ließ die Hand über die Badewanne gleiten und konnte dem Drang nicht widerstehen, den Warmwasserhahn aufzudrehen und die Toilettenspülung zu betätigen. Alles war so elegant, so neu, so …

      »Mrs Bennet, Sie tun das Richtige.« Alexander griff nach ihrer Hand und drückte sie sanft.

      »Sie schaffen das! Lassen Sie mich wissen, wenn niemand in Ihrer Nähe ist. Verlangen Sie nach mir persönlich. Sie erhalten dann weitere Instruktionen.«

      Lærke konnte seinem Blick nicht standhalten. Sie wischte sich eine Träne aus dem Auge und warf einen Blick über ihre Schulter zu Thomas. Der beschäftigte sich immer noch mit dem Safe.

      »Wie funktioniert das Ding hier?«

      »Ich bin sofort bei Ihnen, Sir.« Alexander schwang herum und ging auf Thomas zu.

      »Möchten Sie die im Safe deponieren?« Er machte eine Handbewegung in Richtung der Aktenmappe.

      Thomas wich einen Schritt zurück. »Danke, das mache ich selbst. Erklären Sie mir einfach, wie ich die Kombination einstelle.«

      Nun gib ihm doch einfach die verdammte Tasche, hätte Lærke ihn am liebsten angeschrien. Ihre Hände ballten sich zu einer Faust. Sie presste ihre frisch manikürten Nägel fest in die zarte Haut ihrer Handballen. Es half. Der Schmerz lenkte sie ab. Thomas bekam von alldem nichts mit. Er drückte Alexander einen Silberdollar in die Hand und wies ihm die Tür.

      »Danke, Alexander.«

      »Ich danke Ihnen, Sir. Wenn Sie etwas brauchen, Sir, ich stehe jederzeit gern zu Ihrer Verfügung.«

      Der mögliche Kriegseintritt der USA und die lauernde Gefahr durch deutsche U-Boote waren überall an Bord das Thema Nummer eins. Natürlich auch bei den Offizieren. Nur der Kapitän wusste, dass ihre Befehle

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