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ja am vorigen Tag nicht geklappt hatte, haben sie mir gesagt, ich solle vorher noch etwas trinken. Also schnell unter die Dusche, anziehen und einen halben Liter runter stürzen, in der Hoffnung, dass es mir hilft. Ich betete so, dass es heute klappt. Ich machte mich also auf den Weg zur Blutabnahme. Da ich aber noch niemanden gesehen hatte, setzte ich mich auf einen der bequemen Sessel, die dort standen. Ich wusste schon wieder im Voraus, dass ich nicht lange dort sitzen werde. Kaum gedacht, kam ein junger Mann auf mich zu, der mich abholte. Er sagte zu mir: Heute wird Ihnen ja Blut abgenommen. Und ich sagte: ja, das versuchten sie gestern schon und es ist nichts gekommen. Er schaute mich an und ich konnte in seinem Gesicht sehen, dass er etwas komisch geschaut hat. Ok, so probieren wir es doch heute nochmals, meinte er. Mein Herz pumpte schon wieder bis zum Hals und Kopf hinauf. Ich probierte ruhig zu bleiben. Nach langem Tasten sagte ich zu ihm, dass ich gestern beim Gottesdienst war und gebetet habe, dass es Morgen klappen wird. Ich werde es versuchen, meinte er. Die Spritze war drin, ja, es kam etwas Blut, aber einfach nur langsam. Aber die Freude hielt nicht lange an. Ich hörte so ein ppppfffffff und schon ist das Blut raus gespritzt. Ich schaute ihn an und sagte: werde ich jetzt verbluten? Ich war so erschrocken, dass ich nichts anderes sagen konnte. Er: nein, das ist nur das angestaute Blut was raus gespritzt ist. Mich hat das so mitgenommen, dass es mir wieder schlecht ging. Ich wollte gar nicht mehr wissen, wann ich das nächste Mal wieder hingehen muss. Aber langsam traue ich mich nicht mehr, den Arm hinzuhalten. Ich hätte mich jetzt am liebsten im Zimmer verkrochen und wäre bis abends drinnen geblieben. Das Morgenessen konnte ich auch nicht geniessen. Das Einzige, was bei mir noch funktioniert hat, war das Weinen. Ich hatte nach dem Morgenessen gleich auch noch einen Termin bei meiner Psychologin. Es ging nicht lange, flossen mir schon wieder die Tränen runter. Sie fragte mich, wieso ich jetzt weine. Ich habe ihr gesagt, dass ich mich frage, ob ich vielleicht schuld daran wäre, dass sie das Blut nicht abnehmen konnten, weil ich etwas aufgeregt war und es dadurch vielleicht ausgelöst wurde. Ich hatte so grosse Hoffnung, dass ich mir es heute gewünscht hätte, in meinem Kopf etwas abzuhaken. Ich weiss, meine Geduld ist nicht gerade meine Stärke. Das heisst aber bei mir, es kommt immer darauf an, was es ist. Auf jeden Fall beruhigte mich das Gespräch mit meiner Psychologin wieder. Als wir fertig waren, ging ich noch etwas spazieren. Mir ging so viel durch den Kopf, dass ich schon wieder weinen musste. Als ich wieder zurück in meinem Zimmer war, nahm ich meine schmutzige Wäsche und ging zum Wäscheraum. Danach strickte ich noch bis zum Mittagessen. Für mich ist stricken das einzige, was mir im Moment hilft.

      Am Nachmittag machte ich mich auf den Weg zur Maltherapie. Das ist ja auch nicht grad mein Ding. Aber ich wollte es ausprobieren. Als ich angekommen bin, zeigte mir die Therapeutin, was sie so alles an Farben und zum Gestalten hatte. Plötzlich entdeckte ich ein schönes Mandala Bild. Ich fragte sie, ob ich das haben durfte. Sie hat gesagt: ja sicher, ich solle mal damit anfangen. Bei der Maltherapie geht es ja eh darum, so zu malen, was grad in einem vorgeht. Aber da ich das ja noch nicht konnte, habe ich mir dieses Bild ausgesucht. Ich konzentrierte mich auf die Farben, die ich mir ausgesucht hatte. Ich dachte, das Bild schaffe ich heute noch fertig. Denkste, nach eineinhalb Stunden war ich so erschöpft, wie wenn ich einen ganzen Tag gearbeitet hätte. Hätte nicht gedacht, dass so ein kleines Bild auszumalen so anspruchsvoll ist. Ich hatte Mühe mit aufräumen. Ich wollte mich so gerne hinlegen. Aber damit musste ich warten, weil es mal wieder eine kleine Runde gab um sich austauschen zu können, was man so erlebt hat, was man gemacht hatte.

      Ich konnte kaum meine Beine bewegen bis zum Zimmer. Aber ich blieb hart und legte mich nicht hin. Sonst habe ich wieder Probleme mit einschlafen. Jetzt lasse ich den Abend ausklingen und bin gespannt, was mich Morgen erwartet.

      *

      17. November 2017

      Nicht ganz ausgeschlafen, machte ich mich auf den Weg zur Dusche. Ich war wieder etwas unruhig und nervös. Und ich stellte mir immer wieder die gleiche Frage: wieso eigentlich und warum ich? Aber ich finde es nicht heraus und das ist das Schlimmste für mich. Ich bin hier ja gut aufgehoben und werde 24 Stunden betreut. Aber irgendetwas geht in mir vor, was das immer wieder auslöst.

      So, jetzt wird nicht mehr gejammert, ab zum Frühstücken. Muss mich etwas beeilen, da ich um 8.30 schon wieder parat sein musste zum Spazieren. Das stand auf meinem Plan. Beim Bereitmachen kam grad mein Zimmernachbar von nebenan. Ich fragte ihn, ob er auch mitkommen möchte. Nach seinem Gesicht sah es nicht gerade danach aus. Also packte ich meine Sachen und wartete auf die Begleitperson. Als sie kam, sagte ich: sind wir nur zu zweit? Es sieht so aus. Als wir noch ein paar Minuten warteten, kam doch tatsächlich der Zimmernachbar auch mit. Also machten wir uns zu dritt auf den Weg. Ich merkte schnell, dass die beiden mir immer einen Schritt voraus waren. Mein Herz pumpte und ich schnaufte wie ein Bär. Aber ich liess mir nichts anmerken. Ich ziehe es durch bis zum Schluss. Ich war zwar nachher kaputt, aber stolz auf mich.

      Eine halbe Stunde später hatte ich noch ein kurzes Gespräch mit meiner Bezugsperson. Danach Pause bis zum Mittagessen. Freitagnachmittag haben wir immer fast eine Stunde Hausversammlung, was ich gar nicht gerne mochte. Da sitzt man im Kreis und jeder erzählt, was er für Highlights gehabt hatte in dieser Woche. Ich war froh, als es vorbei war. Nachher gibt es immer ein Dessert und einen Kaffee. Das heisst; in der Runde wo wir immer zusammensitzen, kann sich jemand melden, der gerne etwas backen möchte. Ich liebe es ja zu backen, aber dafür reichen meine Kräfte noch nicht. Also geniesse ich den Kaffee und Kuchen. So, jetzt wollte ich noch raus an die frische Luft bevor es zum Singen geht. Eine Kollegin fragte mich, ob ich mitkommen möchte. Ich sagte aber, dass ich nicht singen kann. Sie antwortete: das macht nichts, es geht darum, Freude zu haben, also sagte ich zu. Da ich ja alleine unterwegs war und mich niemand hören konnte, dachte ich mir, ich übe mal ein wenig. Na ja, gut ist anders, aber wenn man ja nicht singen können muss, wie man mir sagte, klappt das schon. Schnell ins Zimmer und ab zum Singen. Oh je, mit mir waren es nur 4 Leute, das kommt nicht gut, dachte ich mir. Ein kleiner Chor wäre mir jetzt lieber gewesen, so wäre meine Stimme nicht so aufgefallen. Also fingen wir an mit einem einfachen Lied. Mein Wunsch nach einem kleinen Chor hat sich doch noch erfüllt. Während dem Singen sind sieben dazu gekommen. Jetzt war ich erleichtert und habe es genossen mit den anderen zusammen zu singen. Es waren meistens nur Vier- und Zweizeiler. Das wurde ein paar Mal wiederholt. Auf Deutsch ging es ja noch, aber als Englisch, Französisch und Spanisch dazu kamen, wurde es schon schwer mitzuhalten. Ich brummte einfach vor mich hin. Mir hat es so gut gefallen, dass ich wieder gehen werde. In diesem Moment vergass ich all meine Sorgen in meinem Kopf.

      So, jetzt noch Nachtessen und danach mit einer Kollegin einen Film schauen und stricken. Und schon ist wieder ein Tag vorbei. Morgen besucht mich mein Mann Severin, ich freue mich schon drauf.

      *

      18. November 2017

      Die letzte Nacht habe ich wieder etwas unruhig geschlafen. Ich bin aufgewacht und hatte einen leichten Druck im Kopf, der mich schon wieder nervös gemacht hat. Ich weiss meistens was es bedeutet, wenn das kommt. Ich merkte schon die ganze Zeit, dass es mir nicht so gut ging. Dabei sollte ich mich ja freuen, da mein Mann mich gleich abholen kommt und wir einen schönen Tag zusammen verbringen werden. Aber der Druck im Kopf verhinderte, dass ich mich freuen konnte, da sich meine Gedanken immer daran festhielten. Ich fragte mich, warum das jetzt ausgerechnet kommen musste mit dem Druck. Hatte ich Angst, die Klinik zu verlassen? Ich habe ja keine Betreuung von der Klinik, falls es mir nicht gut gehen würde, usw. Anstatt an das Schöne zu denken, drehte sich alles wieder nur um das eine, was mit mir nicht stimmt. Als ich mich fertig angezogen und mich parat gemacht habe, fing ich schon langsam an zu zittern. Mir ging es gar nicht gut. Ich probierte umzudenken. Ich redete mit mir selbst, und sagte: Du bist nicht alleine, Monika, wenn was ist, ist dein Mann dabei, was mir aber auch nicht wirklich helfen konnte. Hat aber nichts mit meinem Mann zu tun, das bin ich selber. Ich hatte Angst und hatte keinen Grund dazu und doch ist sie da, in mir drin. Als mich mein Mann abgeholt hatte, erzählte ich ihm, dass es mir nicht so gut geht. Er sagte zu mir, ich hätte doch keinen Grund dazu. Ich sagte: ja, ich weiss es, aber ich kann nichts machen. Also stieg ich ins Auto und wir fuhren los. Mein Herz hörte ich bis zu den Ohren hinauf schlagen. Ich versuchte mich etwas abzulenken, mit Reden und an etwas Schönes zu denken. In Wil machten wir einen kleinen Spaziergang. Mit der Zeit merkte ich, dass ich ruhiger wurde. Da ich gerne in einer Zigarrenlounge sitze, fragte ich meinen Mann, ob wir nach Gossau fahren wollen. Also setzten wir uns ins Auto und fuhren los. Bevor es aber

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