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Ich wollte nie Kaiserin werden. Carina Zinkeisen
Читать онлайн.Название Ich wollte nie Kaiserin werden
Год выпуска 0
isbn 9783754179765
Автор произведения Carina Zinkeisen
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
02. März 1855
Bald habe ich es überstanden. Hoffentlich ist es ein gesunder Sohn, die Mühe hat sich dann wenigstens gelohnt und alle sind zufrieden mit mir.
Soeben ist ein Telegramm eingetroffen. Zar Nikolaus I. von Russland ist gestorben. Er hatte Franz verflucht, weil er ihm 1848 gegen die Ungarn geholfen hatte und Franz ihm nicht im Krimkrieg. Trotzdem müssen wir vier Wochen lang Staatstrauer tragen.
Zudem hat die Erzherzogin eine Baronin Welden zu meiner Kinderfrau bestimmt. Eine Frau, die selber keine Kinder hat und deren verstorbener Mann beim Aufstand 1848/49 in Ungarn sehr brutal zu Werke gegangen ist. Als ob sie für seine „Verdienste“ belohnt werden muss!
05. März 1855
Meine Kleine ist da!
Gottseidank war Franz Joseph nicht enttäuscht, dass es nur ein Mädchen ist. Ich war nämlich furchtbar enttäuscht, heißt es doch, noch einmal schwanger zu werden, noch einmal diese Tortour, solange bis ich einen Sohn bekomme. Qualvolle Aussichten.
Die Kleine wird nach Tante Sophie benannt, was mich traurig stimmt, denn ich mag den Namen nicht, genauso wenig wie ich Tante Sophie mag. Obwohl sie so sanft und liebevoll an meinem Bett saß, dass ich sie gar nicht in Einklang mit meiner strengen Schwiegermutter brachte und sie fassungslos anschaute. Fast war ich angefasst und sie war gerührt, dass die Kleine nach ihr benannt wird. Allerdings hatte sie mir noch eingeschärft, dass es nicht nur mein Kind, sondern das der Krone sei, da ich kurz vor der Niederkunft ungehorsam war und an die frische, kühle Märzenluft wollte.
Meine Mama war leider nicht da, da Sophie ihr, die sie immer noch Louise und nicht Ludovika nennt, die Reise nicht zumuten wollte.
08. März 1855
Tante Sophie hat die kleine Sophie zu sich geholt. Ich sei selber noch ein Kind und unreif, so wie ich mich in der Schwangerschaft betragen habe und könnte nicht auf ein weiteres Kind aufpassen.
Mit meinem Betragen in der Schwangerschaft mag sie recht haben, aber ich habe ja auch keine Erfahrung damit, schwanger zu sein. Der Rest ist aber Blödsinn. Daheim habe ich mich mit sehr viel Freude um meine jüngeren Geschwister gekümmert. Was haben sie mich geliebt und was haben wir alle geweint, als ich fortging nach Wien. Meine Eltern hatten nie Bedenken, wenn ich der Amme zur Hand ging. Und hier muss ich um Erlaub bitten, wenn ich mein Kleines sehen will.
20. März 1855
Ich möchte heulen oder schreien vor Wut! Vorhin wollte ich die kleine Sophie sehen. Der Weg zu ihrem Schlafzimmer ist weit und führt über eiskalte Treppen und endlose Gänge. Als ich dann endlich da war, haben sie mich behandelt wie einen ungebetenen Gast. Ich durfte meine Tochter nur streicheln, weil Tante Sophie dabei war. Wie sehr ich diesen Namen hasse. Warum muss man diesem unschuldigen Wesen nur die Aura einer bösen alten Fee überstreifen? Wie soll ich mein Kind lieben, wenn ich es nicht einmal richtig kennenlernen darf. Die Amme gibt ihr Milch und die Aja, die Kinderfrau, erzieht das Kind. Und ich, die Mama? Franz steht wie immer hinter seiner Mutter. Seit Menschengedenken wird dies am Hofe so gehandhabt, ich darf nicht daran rütteln, da es nicht meine Aufgabe ist, mein Kind zu pflegen und erziehen. Ich bin wahrscheinlich nur die Gebärmaschine. Mehr steht mir nicht zu.
Soll schön sein, Kinder bekommen und ansonsten den Mund halten!
Eine leere Hülle, ein Köper ohne Geist und Seele.
Mama meint, dass ich übertreibe, auch bei uns gab es Ammen fürs Stillen und Kinderfrauen fürs Erziehen der Kinder. Das ist halt so.
20. Mai 1855
Ich habe wieder angefangen zu reiten. Ich habe die Macht meiner Schönheit entdeckt und werde diese nutzen. Ich werde Gymnastik treiben, um schlank zu bleiben. Eine schlanke Taille ist mir das wichtigste.
Karoline Lemberg war natürlich alles andere als begeistert, als ich den guten Forrester satteln ließ und einfach davonritt, ohne mich nach ihr umzudrehen. Es war herrlich, die pure Leichtigkeit!
Dem Kaiser und der Erzherzogin gefällt das natürlich nicht, da ich mit der Reiterei noch warten soll und mich überanstrengen würde. Aber was soll ich sonst tun? So wie eine Mama an der Wiege meines Kindes stehen? Es in meinen Armen wiegen? Ihm vorsingen? Darf ich alles nicht!
Außerdem fahre ich jeden Tag im offenen Wagen über den Graben, was Tante Sophie natürlich unanständig und anstößig findet. Schon seltsam, vor wenigen Monaten hat sie mich gezwungen, mit meinem dicken Bauch spazieren zu gehen, damit alle Welt sieht, dass ich schwanger bin. Ich habe mich aufgedunsen und hässlich gefühlt. Jetzt dagegen bin ich schön.
Im Sommer werde ich viele Bälle geben und mich ordentlich amüsieren. Und ich werde in mein geliebtes Possi reisen, so sehr freut es mich, alle wiederzusehen.
10. November 1855
Ein Sommer voller Bälle, voller Rastlosigkeit geht in einen tristen Herbst über. Das Gefängnis schließt seine Toren und ich komme mir wie eine Gefangene im eigenen Heim vor. Die kleine Sophie erkennt mich fast nicht mehr, so sehr erstickt sie unter der übertriebenen Fürsorge der Erzherzogin.
15. Dezember 1855
Gestern wäre ich fast gestorben, leider nur fast.
Ich bin mit der Gräfin Bellegarde nach Schönbrunn gefahren, als ein Pferd gescheut hat. Der Kutscher wurde vom Bock geschleudert und das herrenlose Gespann ist davon gestürmt. Die Bellegarde ist in Panik geraten und wollte sich aus dem Wagen stürzen. Ich habe sie zurückgehalten, ich war ganz ruhig, vielleicht, weil ich ähnliches daheim in Possenhofen auch schon erlebt habe.
Ein Fuhrmann hat dann seinen Wagen quer gestellt und den unseren zum Stehen gebracht. Die Bellegarde war vielleicht blass. Wir sind dann mit dem Fiaker zur Hofburg zurückgebracht worden und ich habe jetzt nur einen Wunsch: Tot zu sein.
Mir geht es schauerdhaft schlecht, aber das liegt wahrscheinlich daran, dass ich wieder schwanger bin.
24. Dezember 1855
Ich bin jetzt 18 Jahre alt. Das nächste Jahr muss einfach besser werden. Ich brauch dazu ganz dringend einen Sohn, den Thronfolger.
27. Februar 1856
Das neue Jahr ist nicht besser als das alte. Die Friedensverhandlungen in Sachen Krimkrieg haben begonnen. In Paris beraten die Kriegsgegner und Franz Joseph ist natürlich sehr angespannt. Er hat Angst vor Russland, das nicht vergessen kann, dass er es im Stich gelassen hat. Außerdem hofft Franz, mit der Hilfe Napoleons III., seine italienischen Besitztümer zu retten. Ich glaube nicht, dass das gut geht, ich traue Napoleon III. nämlich irgendwie nicht.
29. März 1856
Ich hatte recht, Napoleon denkt gar nicht daran, Franz Joseph zu helfen und mein Franzl ist ganz niedergeschlagen. Moldawien und die Walachei bleiben unter osmanischer Herrschaft. Der Zar ließ wutentbrannt Franzens Portrait in seinem Arbeitszimmer entfernen, weil er so wütend