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Ich wollte nie Kaiserin werden. Carina Zinkeisen
Читать онлайн.Название Ich wollte nie Kaiserin werden
Год выпуска 0
isbn 9783754179765
Автор произведения Carina Zinkeisen
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Wir besuchten außerdem noch ein Taubstummenheim und ein Irrenhaus, letzteres war sehr spannend.
02. Juli 1854
„Ich bin schwanger?“
Fast entsetzt schaue ich Hofrat Dr. Seeburger an. Eigentlich müsste ich glücklich sein wie Schwangere es nun mal sind, aber ich bin es nicht. Nicht einmal ansatzweise. Ich bin so müde, schon an Fronleichnam fühlte ich mich zu Tode erschöpft, als ich mit dem Kaiser bei der Prozession mitgehen musste.
„Jawohl Majestät, Ihre Kaiserliche Hoheit befinden sich, wie ich eben sagte, in der Erwartung. Kaiserliche Hoheit wird den Erben zur Welt bringen. Sie müssen sich nun ein bisserl umstellen. Keine Reiterei mehr.“
Das hatte ich schon befürchtet und sehe entsetzt meinen Franzl an, der meine Hand hält, mich liebevoll anlächelt und nickt. Kein Reiten mit Graf Grünne, meinem guten Freund, dem die kaiserlichen Stallungen unterstehen. Was hat der Mann für ein Wissen über Pferde, es gibt niemanden, der sich besser mit Pferden auskennt als er. Oft reite, nein, ich muss jetzt sagen, ritt ich mit ihm aus, wenn der Kaiser keine Zeit für mich hatte, also ziemlich oft.
Ich hatte schon befürchtet, schwanger zu sein. Als wir aus Prag zurückkamen, musste ich, obwohl mir unwohl war, ich sehr müde war, mich kaum auf den Beinen halten konnte und fürchtete, diesen öffentlichen Auftritt nicht mit der nötigen Grazie zu absolvieren, an der Fronleichnamsprozession teilnehmen, da die Kaiserin sich in der Öffentlichkeit präsentieren muss.
„Ich werde dick und unansehnlich, ich habe das doch bei meiner Mama gesehen, wenn sie schwanger war“, flüstere ich tonlos vor mich hin.
„Du darfst doch im Schönbrunner Park spazieren gehen, Sisi und du bist immer schön, vor allem, wenn du schwanger bist, ich freue mich ja so“, flüstert mir Franzl ins Ohr.
12. Juli 1854
Mir ist ständig schlecht und ich habe schon ein wenig zugenommen, was mir gar nicht gefällt. Der Doktor Seeburger behandelt mich, als ob ich ein kleines Kind wäre und ich muss allem folgen, was er, Tante Sophie und der Kaiser von mir erwarten.
Im Schönbrunner Park spazieren gehen. Normalerweise gehe ich gerne spazieren, aber die Menschen starren mich an, wenn ich im Schönbrunner Park flaniere. Und ich muss spazieren gehen, ich muss mich dem Volk zeigen. Sie sollen sehen, dass ich Mutter werde, dass ich wirklich ein Kind vom Kaiser in mir trage. Ich muss ihnen meinen dicken Bauch zeigen. Die Leute haben angeblich ein Recht darauf, zu sehen, dass es ihrer Kaiserin gut geht. Dass ich ein Kind bekomme, gibt ihnen Vertrauen in die Zukunft des Kaiserreiches. Sophie und auch mein Franzl wollen das so. Dabei kommen so viele Leute in den Schlosspark, seitdem alle Welt weiß, dass ich schwanger bin. Und sie gaffen mich an und rauben mir meine Seele. Tante Sophie behauptet, ich würde ein Theater machen und dem Franz mit meinen Launen schaden. Auch mein enges Schnüren findet sie doof, aber ich will nun mal nicht aufgehen wie ein Ballon.
Was ich will und wie ich mich fühle, das ist ihnen egal, auch meinem Franzl. Er sagt immer, er würde mich lieben, aber er lässt mich immerzu im Stich. Er hat so viel mit diesem dämlichen Krieg auf der Krim zu tun, mit den Hungersnöten, die überall in den Provinzen ausbrechen und mit der Cholera, die bei den Truppen in der Walachei seinen Ursprung nahm.
Und ich soll mich von meinen Tieren fernhalten, weil mein Kind dann wie ein Papagei aussehen würde, wenn ich meinen Papagei in seinem Käfig betrachte. Tante Sophie ist so blöd!
30. Juli 1854
Ich bin in Ischl, wo die Sophie uns die Villa Marstallier nach unserer Verlobung als Hochzeitsgeschenk gekauft hat, die zur Kaiservilla umgebaut wird. Mama, Karl Theodor und Mathilde sind da. Mein Gott, war das ein Spaß mit dem Telegramm, denn in dem war zu lesen: Kaiserin Elisabeth, Ischl, eintreffe mit Spatz und Gackel, Mimi.
So nahm jeder an, die reisende Mimi, die am Bahnhof abzuholen war, wäre eine exzentrische Reisende mit zwei Vogelkäfigen, dabei ist Mimi meine Mama, Gackel mein Bruder Karl Theodor und der Spatz meine jüngste Schwester Mathilde, die so klein und so zierlich wie ein Spatz ist.
Meiner Mama war die Angelegenheit vor Sophie peinlich, aber ich musste so lachen!
22. August 1854
Franz Joseph hat nie Zeit für mich, immerfort beschäftigt er sich mit diesem blöden Krimkrieg, der schon seit letztem Jahr dauert. Mir geht es nach immer noch schlecht, ich muss oft brechen und weinen. Tante Sophie hält mich für unreif und behauptet, ich würde Theater machen, ich sei selber noch ein Kind. Ich sollte mich zusammenreißen. Immerfort würde ich jammern, statt ihren Unterweisungen, die sie nur gut meint, zu folgen. Mein Unwohlsein reicht nicht aus, Termine abzusagen und ich muss weiter spazieren gehen, damit jeder sehen kann, dass ich den Thronfolger oder zumindest eine kleine Erzherzogin, die man später gut verheiraten kann, erwarte. Als ob sie mir das nicht ohnehin schon klar gemacht haben.
Sie wird mir ohnehin das Baby wegnehmen. Lässt den Wickelraum des kleinen Prinzen schon in ihren Gemächern herrichten. Das Kind ist noch nicht mal geboren und schon will sie es mir wegnehmen, bis ich bewiesen habe, dass ich mich selber um das Kind kommen kann. Bis dahin wird sie das Kind großziehen. Ich werde erstmal nicht mehr schreiben. Auch Mama rät mir, mich nicht so in meinem Selbstmitleid zu vergraben. Das würde mir nicht bekommen. Und ich soll laut ihr nicht so viel lesen, weil dies meine Nerven strapaziert. Auch mein Papa liest viel, aber der darf das, weil er ein Mann ist. Männer dürfen lesen, Männer dürfen reisen.
Ach wäre ich doch nur als Mann geboren!
Ich will mich nun in der Handarbeit versuchen.
Ich lese immer noch.
Ich habe nämlich Heinrich Heine für mich entdeckt. Einen großen Dichter, der am Hofe nicht gut gelitten ist, da er angeblich ein Aufrührer und ein Atheist sei. Die Menschen an diesem Hof sind im Gegensatz zu meinem Vater erschreckend wenig belesen und üben sich lieber im Klatsch, vor allem die Esterházy. Und mich halten sie für geistlos, weil ich mit fremden Menschen keine Konversation betreiben kann. Aber die sprechen mit mir auch nicht über Bücher und ich weiß nicht, was ich mit denen sonst reden soll. Für den Hof gilt nur die richtige Abstammung und nicht wie klug oder gebildet jemand ist. Auch ein Shakespeare hätte es in ihrer Mitte schwer.
Selbst die Politik bespricht Franz hauptsächlich mit seiner Mutter. Was ich denke, interessiert niemanden.
15. Oktober 1854
Hofburg, prunkvoll eingerichtete Räume, aber schlecht durchlüftet, überall zieht es und es ist bitterkalt. Man kommt sich wie in einem Museum vor und nicht wie in einem behaglichen Heim.
Wenigstens konnte ich erreichen, dass mir ein Badekabinett eingerichtet wird. Dann ist endlich Schluss damit, dass mein Kammermädchen das Badewasser über endlose Gänge schleppen muss und es kalt und in einer nicht ausreichenden Menge vorhanden ist, wenn ich bade. Sophie war natürlich dagegen. Mitglieder des Kaiserhauses wären nicht schmutzig, es würde genügen, sich mehrfach am Tage umzuziehen und die armen Kammermädchen und die Lakaien könnten ruhig schleppen, es sei ja deren Arbeit. Außerdem trinke ich Bier statt Wein zum Essen und gehe alleine spazieren.
15. November 1854
Tee mit Sophie.
„Russland ist jetzt unser Feind“, bringe ich ihre etwas langatmigen