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mit riesigen Tonvasen und künstlichen kalkweißen Mauern dekorierten Nischen untergebracht waren. Überall hingen Sträuße getrockneten Lavendels an den Wänden und von der Decke allerlei antikes landwirtschaftliches Gerät, welches zweckentfremdet dort angeschraubt war.

      Es dauerte eine Weile bis ein runtergekommener Wirt mit Baskenmütze und schmierigem Hemd nach meinen Wünschen fragte.

      »Was Kleines, bitte!«, forderte ich müde. Er stieß einen kurzen Lacher aus.

      »Das findest du eher draußen!« Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass er die Nutten auf dem Platz meinte. Ich lächelte verlegen.

      »Ich möchte speisen, was Kleines.«

      »Mon dieu, Sie befinden sich in einem französischen Restaurant, da ist alles klein, wissen Sie?«

      Ich lächelte zurück. »Lassen Sie mich raten, nur die Preise sind groß?«

      Er lachte kurz auf, wobei sich sein fast zahnloser Mund unter einem kleinen Schnäuzer öffnete, aus dem ein so derartig pestilenzartiger Tabakgeruch entströmte, dass ich kurz den Atem anhalten musste. Dann klopfte er mir herzhaft auf die Schulter, drehte sich um, um eine Karaffe mit einer roten Flüssigkeit auf einer Anrichte hinter sich zu ergreifen und mir wortlos auf den Tisch zu stellen.

      Ich schaute ihn fragend an. »Was ist das?«

      »Rotwein!«, gab er wie selbstverständlich zurück, wobei sein Blick einen stillen Triumpf ausdrückte, als er meine Überraschung bemerkte. Alkoholhaltige Getränke sind seit Langem nicht mehr legal zu bekommen!

      Danach reichte er mir das Pad mit der Speisekarte. »Wenn ich etwas empfehlen dürfte, das Lamm muss noch weg«, lachte er, um danach wieder mit enthusiastischem Blick beide Hände an die Lippen zu führen. »Es ist süperb. Aber diese Trottel hier können das nicht richtig schätzen, deshalb hebe ich es für Gäste wie Sie auf.«

      »Richtiges Fleisch?«, fragte ich überrascht.

      Er verzog beleidigt das Gesicht. »Aber natürlich, was halten Sie von mir?«

      Ich war erstaunt. Richtiges Fleisch hatte ich schon lange nicht mehr gegessen.

      »Sie sind nicht von hier?«, fragte er beiläufig.

      »Nicht aus diesem Viertel.«

      Er nickte. »Also das Lamm?«

      Ich gab mich geschlagen, weil ich mich viel zu erschöpft fühlte, es noch in einem anderen Lokal zu versuchen.

      Nachdem ich die Lippenstiftspuren an dem Glas auf meinem Tisch mittels einer Ecke des Tischtuches beseitigt hatte und mich bediente, stellte ich fest, dass der Wein ausgezeichnet schmeckte.

      Es dauerte allerdings gut zwei komplette Baguettebrote, die der Wirt mir reichte, um mir die Wartezeit zu verkürzen und über 30 Minuten, bis er mit einer kleinen Steingutschale zurückkehrte, in der eine winzige Portion würzig duftenden Lammfleisches neben einigen winzigen Bratkartoffelwürfeln und Bohnen ‚übersichtlich‘ dekoriert war. Darüber lag ein Rosmarinzweig, dessen Ende in einer Knoblauch-Kräuter- Paste unterging.

      Ich schaute ihn fassungslos an, als er diese in der Geste eines Fünfsterne-Chefkochs vor mir plazierte.

      »Fehlt etwas?«, fragte er mit gespieltem Erstaunen.

      Ich zögerte. »Die Lupe?«

      Er brach in ein wieherndes Gelächter aus, schlug mir wiederum mehrfach auf die Schulter und entfernte sich dann kopfschüttelnd und laut lachend.

      Wider Erwarten schmeckte das Lamm köstlich, ich möchte sogar sagen, es war wohl das beste, was ich jemals gegessen hatte. Dies und die Tatsache, dass der Wein ein Übriges dazugab, verbesserte meine Stimmung erheblich. Einer plötzlichen Eingebung folgend, beschloss ich, den Wirt ins Vertrauen zu ziehen und nach Frau Montenièr zu fragen. Vielleicht kannte er sie ja zufällig?

      Als er mir das Terminal reichte, um abzurechnen und ich mich überschwänglich einschließlich eines reichlichen Trinkgeldes bedankte, zeigte ich ihm das Bild von Frau Montenièr.

      »Kennen Sie diese Frau vielleicht? Ich sollte mich mit ihr hier treffen.«

      Er stutzte einen Moment, schaute erst das Bild, dann mich an, während sich seine Miene schlagartig verdüsterte. Dann kratze er sich geräuschvoll am Hinterkopf, wobei er seine Baskenmütze bis nach vorne in die Stirn schob. »Ne, nie gesehen!«, antwortete er schroff. »Sind Sie 'nen Bulle?«

      »Nein, ein Bekannter«, log ich. Er schaute mich grimmig an und schnaubte scharf durch die Nase aus. »Ein Bekannter«, echote er, dann rief er in Richtung Küche. »Claude, hilf dem Herrn doch mal in den Mantel, der Herr möchte gehen!«

      Verblüfft schaute ich zur Küchentür hinüber, aus der ein Bulle von einem Koch trat. Dessen Kittel war noch schmutziger als der Fußboden, doch sein kantiges Gesicht ließ erkennen, dass er sich nicht nur als Hilfskoch betätigte, sondern mindestens eine langjährige Karriere als Boxchampion hinter sich haben musste.

      Auf ein Kopfnicken in meine Richtung durch den Chef des Hauses setzte sich dieser wortlos in meine Richtung in Bewegung.

      »Entschuldigen Sie, vielleicht ist das ein Missverständnis?«, versuchte ich es.

      »Hau ab!«, brummte der Riese.

      »Aber, ich bitte Sie...«, weiter kam ich nicht, dann gingen bei mir die Lichter aus.

      Ich wachte einige Zeit später durchnässt vom Regen mit teuflisch schmerzendem Kopf auf dem Straßenpflaster einer Seitenstraße liegend auf.

      Ich brauchte einige Zeit, bis ich mich erheben konnte, weil mir schwindelte und höllisch übel war.

      Als ich es schließlich geschafft hatte, mich an einer Hauswand aufzurichten, musste ich mich übergeben. Benommen blieb ich stehen, mich mit dem Arm an der Wand abstützend, bis ich wieder einigermaßen klar sehen konnte. Ich muss hier weg! Wo sind diese verdammten Polizeidrohnen, wenn man sie braucht? Benommen torkelte ich einige Schritte weit. Ich musste ein AuTaX rufen! Allerdings stellte ich fest, dass mein Arm-Pad und mein Touch-Phone fehlten und auch mein Chip verschwunden war.

      Wie sollte ich jetzt mit jemandem Kontakt aufnehmen? Verzweifelt hielt ich mich an einer Laterne fest, um nicht wieder umzufallen.

      Verdammte Scheiße!

      Was danach kam, ist nur noch bruchstückhaft in meiner Erinnerung. Irgendwann fragte ein Frauengesicht. »Was ist mit ihm?«

      »Komm da weg, Suzanne, komm da weg«, hörte ich wie aus weiter Ferne eine schroffe Männerstimme befehlen. Dann vernahm ich ein Dröhnen, später meinte ich, blinkende Lichter wahrzunehmen, bis ich schließlich in einem mäßig verdunkelten Raum aufwachte.

      Dieser stellte sich als Krankenzimmer in einer Überwachungseinheit heraus. Ein Infusionsschlauch schien zu meinem linken Handgelenk zu führen, ich konnte ihn allerdings nur aus einem Auge sehen, dass linke war monströs zugeschwollen. Neben meinem Bett flimmerte ein Monitor, der jedoch stumm geschaltet war und irgendeine Soap Opera im Programm hatte.

      Wenig später kam eine uniformierte Frau von der Sicherheit in Begleitung eines Krankenpflegers und erkundigte sich nach meinen Identitätsausweisen und meinem Befinden, in dieser Reihenfolge. Ich stellte fest, dass mir das Sprechen schwerfiel, deswegen sagte ich nur. »Raskovnik, bitte benachrichtigen Sie Raskovnik von der Abteilung III der Personenschutzbehörde.«

      Es dauerte eine geraume Weile, während der ich mich bemühte, wieder Anschluss an die Geschehnisse zu bekommen, um meine jetzige Lage richtig einzuschätzen. Das Erste, woran ich mich erinnerte, war ein zahnloser Mund, dem ekelerregender Tabakgeruch entströmte und an ein schrilles Gelächter, in das sich eine weibliche Stimme mischte, die immerz. »Was ist mit ihm?«, ausrief. Ich konnte mich nur nicht besinnen, in welchem Zusammenhang diese Erinnerungsfetzen standen. Wenig später allerdings, nachdem sich die SecurityDame in Begleitung eines Mediziners vor meinem Krankenbett einfand, wurde ich auf unangenehme Weise an die Zusammenhänge erinnert.

      »Ich bin Dr. Ramso, Herr Kollege Krongold, können Sie

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