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Feuerwehr - Challenge. Jürgen Ruhr
Читать онлайн.Название Feuerwehr - Challenge
Год выпуска 0
isbn 9783742770127
Автор произведения Jürgen Ruhr
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Selbstverständlich. Sie haben eine gute Wahl getroffen. Unsere Fisken sind wirklich frisch. Fangfrisch, ebenso natürlich die Dover sole.“
‚Merkwürdige Leute hier an der Küste‘, dachte ich, nachdem die Kellnerin gegangen war. Die Fritten nannten sie Fisken und die sollten dann ‚fangfrisch‘ sein? Und ebenso das Filet? Ich leerte mein Bierglas und schaute zufrieden in die Runde. Auch am letzten Tisch saßen nun hungrige Gäste und ich wusste, dass ich eine gute Wahl mit diesem Lokal getroffen hatte.
Das Essen kam nach einer kurzen Wartezeit, die ich mir damit verkürzte, die Leute an den Tischen ringsherum zu beobachten. Alle schienen die Nähe zum Meer ausnutzen zu wollen und durchweg Fischgerichte zu sich zu nehmen. Insgeheim schüttelte ich den Kopf. Selbst wenn diese glibberigen Tiere frisch aus der Nordsee auf den Teller kamen, so ging doch nichts über ein großes, saftiges Rindersteak. Oder ein Filet, auch wenn es aus Dover kam.
Die Bedienung stellte alles auf den Tisch, versorgte Bingo mit einer Schale Wasser und ein erster Blick zeigte mir, dass sie Mayonnaise und Ketchup vergessen hatte. „Bei beiden Gerichten fehlen Mayonnaise und Ketchup“, reklamierte ich dann auch direkt, bevor sie wieder fortlaufen konnte. Zum Glück war kein Salat dabei, doch die Pommes bei meinem Steak schienen nur eine einfache Portion zu sein. Nun, ich würde mir die von Bingos Kinderteller dazutun und im Zweifelsfall noch eine Portion nachbestellen.
„Hier“, sie zeigte auf vier kleine Tütchen, Zweimal Mayonnaise und zweimal Ketchup.“
„Das ist aber zu wenig“, lächelte ich. In diesen winzigen Tütchen konnte ja nicht viel drin sein. „Würden sie mir dann noch einmal vier von jeder Sorte bringen? Und noch ein Bier, bitte.“
Sie sah mich ein wenig merkwürdig an, nickte aber und verschwand. Wenn schon mit Geschmack, dann aber richtig. Während ich auf die Mayonnaise wartete, betrachtete ich mein Steak. Es war ziemlich dünn und paniert, was mich ein wenig verwunderte. Ein richtiges Rindersteak musste auf dem Grill medium gegart sein und höchstens mit ein wenig grobem Pfeffer bestreut werden. Vorsichtig schnitt ich das Steak an, um zu schauen, ob es wenigstens medium gebraten war.
Doch das Fleisch erschien mir merkwürdig weiß und weich. Von ‚medium‘ keine Spur. Ich überlegte ernsthaft, ob ich es nicht zurückgehen lassen sollte, doch dann knurrte mein Magen vernehmlich und ich zuckte mit den Schultern. Hier an der Küste war das wohl so und ein Dover-Steak hatte ich ja noch nie gegessen. Vielleicht musste das so sein ...
Bier, Mayonnaise und Ketchup kamen schon nach wenigen Minuten, als ich gerade Bingo das Schnitzel vorsetzte. Natürlich hatte ich die Pommes zuvor auf meinen Teller geschaufelt. Dann öffnete ich ein Tütchen nach dem anderen und verteilte die Mayo- und Ketchupmasse kunstvoll auf Pommes und Steak, was eine lustige Farbmischung ergab. „Guten Appetit“, wünschte ich Bingo, der sein Schnitzel aber schon aufgefressen hatte.
Das Steak war weich und labbrig und schmeckte ein wenig nach Fisch. Vielleicht hatte man die Rinder in Dover mit Fischmehl gefüttert, doch zum Glück rettete der Ketchup den Geschmack. Ich nahm mir vor, dieses Dover-Steak nie mehr zu essen, doch dank der doppelten Portion Pommes und der Verfeinerung mit Mayonnaise und Ketchup hatte das Essen doch einigermaßen gut geschmeckt. Sobald ich zurück in Mönchengladbach war, würde ich in meinem Lieblingssteakhaus einkehren und mir ein richtiges, gutes deutsches Rindersteak gönnen.
Die junge Frau trat an meinen Tisch, um die leeren Teller und das Besteck abzuräumen, warf einen skeptischen Blick auf meinen soßenverschmierten Teller und meinte: „Hat es dem Herrn geschmeckt?“
„Sehr gut“, lobte ich, konnte dann aber eine gewisse Kritik nicht zurückhalten: „Allerdings erschien mir das Filetsteak ... nun, also ... ein wenig ... merkwürdig.“ Ich wusste nicht, wie ich mich ausdrücken wollte, ohne direkt zu sagen, dass es überhaupt nicht gelungen war. „Also, mein Rindersteak bin ich ein wenig anders gewöhnt.“
„Rindersteak?“ Sie sah mich aus großen Augen an. „Das war doch Filet vom Dover sole. Fisken, sie verstehen?“
Ich schüttelte den Kopf. „Fritten?“
„Fisch. Fisken sind Fische und wir bieten nur Fisch an, deswegen auch Fiskenhuus.“ Sie lächelte in Richtung des Hundes. „Und natürlich für die Kinder Schnitzel. Wenn sie keinen Fisch mögen. Dover sole ist doch Seezunge ...“
Ich sah ihr entgeistert nach, als sie mit den leeren Tellern in Richtung Küche ging und verspürte plötzlich ein leichtes Würgen. Die Konstitution eines Jonathan Lärpers war nicht auf die Aufnahme irgendwelcher Fischgerichte ausgerichtet.
Doch ich riss mich tapfer zusammen und würgte ein paar Mal dezent hinter vorgehaltener Hand, bis ein enormer Rülpser mir ein wenig Linderung verschaffte.
X.
Die folgenden Tage verbrachten Bingo und ich bei herrlichem Wetter durchweg am Strand. Wir machten lange Spaziergänge und genossen die freie Zeit so gut es eben ging. Einmal wanderten wir ohne ein Ziel durch den Sand und plötzlich fand ich uns in Bensersiel wieder, doch um dieses Fiskenhuus, also das Fischhaus mit den fangfrischen Glibbertieren, machte ich einen großen Bogen. Da bevorzugte ich jetzt doch lieber die Speisen eines Schnellimbisses, wobei ich akribisch darauf achtete, auch wirklich nur Fleisch vorgesetzt zu bekommen. So etwas, wie mit dem ‚Dover sole‘ sollte mir nicht noch einmal passieren.
Am Sonntag vergaß ich fast die Einladung meiner Mieterin zum Mittagessen und wir eilten im Laufschritt vom Strand zurück zum Bauernhof. Zwei Minuten vor halb eins betrat ich das Haus, während Bingo sich draußen im Schatten niederließ und wieder mit seinem Knochen kämpfte.
Rieke de Düün kam mir schon in der Diele entgegen. „Da sind sie ja endlich, Herr Lärrperts“, begrüßte sie mich und wischte sich die Hände an einer fleckigen Schürze ab. „Wir dachten schon, sie hätten die Einladung vergessen.“
„Nein, nein“, log ich. „Ich habe an nichts anderes denken können und freue mich schon auf das Essen. Was gibt es denn Gutes?“
„Snirtjebraten. Aber kommen sie doch erst einmal herein!“ Sie führte mich in das Wohnzimmer, das ich bisher noch nicht kannte. Mit ausgestreckter Hand kam mir ihr Mann entgegen, zwei Gläser und eine Flasche in der anderen haltend. „Das ist Jendrik, mein Mann und das ist Herr Jonathan Lärrperts, unser Gast aus der Ferienwohnung.“
Wir schüttelten uns die Hände und Jendrik de Düün drückte mir direkt ein Schnapsglas in die Hand. Rasch füllte er es bis zum Rand auf. Dann redete er in Platt auf mich ein, wobei ich kein Wort verstand.
„Du musst mit dem Herrn Hochdeutsch sprechen, Jendrik“, wies ihn seine Frau zurecht. „Herr Lärrperts versteht kein Platt!“
Jendrik de Düün nickte und bemühte sich mehr schlecht als recht, mich mit verständlicheren Worten zu begrüßen. „Willkommen Herr Lärrperts, willkommen Held von Siel in unserer bescheidenen Kate.“ Der Mann war vielleicht einen Meter fünfundsechzig groß, sehr dünn und roch nach Schnaps. Er nickte mir aufmunternd zu: „Prost Herr Held! Nich lang schnacken, Kopp in Nacken.“
„Trink nicht so viel, Jendrik“, tadelte ihn seine Frau, die wieder in der Küche verschwand.
„Wie gefällt es ihnen bei uns?“, fragte Jendrik de Düün und schenkte erneut nach. Ich spürte schon die Wirkung des scharfen Getränks und wollte dankend ablehnen, musste aber feststellen, dass de Düün auf dem Ohr taub zu sein schien.
„Gut, gut. Der herrliche Strand, das gute Wetter, uns gefällt es hier sehr gut.“
Der Mann nickte sinnend und schenkte uns Schnaps nach. Ich wollte dankend abwehren, war aber zu langsam. „Jo, dat Weer löppt mit“, grunzte er, lächelte und wiederholte seinen Spruch von vorhin: „Nich lang schnacken, Kopp in Nacken.“
Zum