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Wie der Stahl gehärtet wurde. Nikolai Ostrowski
Читать онлайн.Название Wie der Stahl gehärtet wurde
Год выпуска 0
isbn 9783754939536
Автор произведения Nikolai Ostrowski
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Die Deutschen nahmen auf dem Platz im Zentrum der Stadt in einem Viereck Aufstellung. Die Trommel wurde geschlagen. Eine kleine Gruppe etwas dreister gewordener Einwohner hatte sich angesammelt. Der Hetmanfeldwebel stieg auf die Vortreppe der Apotheke und verlas mit lauter Stimme den Befehl des Kommandanten, Major Korff:
Ich befehle:
§1 Alle Bürger der Stadt haben binnen 24 Stunden die in ihrem Besitz befindlichen Schuss- und Hiebwaffen abzuliefern. Nichteinhaltung dieses Befehls wird mit dem Tode durch Erschießen bestraft.
§ 2 Über die Stadt wird der Belagerungszustand verhängt. Nach acht Uhr abends
ist das Verlassen der Wohnung verboten.
DER STADTKOMMANDANT MAJOR KORFF
In dem Gebäude der früheren Stadtverwaltung, wo nach der Revolution der Rat der Arbeiterdeputierten seinen Sitz gehabt hatte, richtete sich die deutsche Militärkommandantur ein. Vor dem Eingang stand ein Posten, der keinen Stahlhelm, sondern eine Pickelhaube mit dem riesigen kaiserlichen Adler trug. Im Hof befand sich die Waffenablieferungsstelle.
Durch die angedrohte Erschießung erschreckt, schleppte die Bevölkerung den ganzen Tag Waffen herbei. Erwachsene ließen sich nicht blicken. Kinder und Halbwüchsige lieferten die Waffen ab. Die Deutschen nahmen niemanden fest. Wer die Waffen nicht bis zur Sammelstelle tragen wollte, warf sie einfach in der Nacht auf die Straße. Am Morgen sammelte eine deutsche Patrouille die Waffen auf, packte sie auf einen Wagen und schaffte sie zur Kommandantur.
Um ein Uhr mittags, nach Ablauf der Ablieferungsfrist, zählten die deutschen Soldaten ihre Trophäen. Es waren insgesamt vierzehntausend Gewehre abgeliefert worden, sechstausend Gewehre blieben somit in den Händen der Bevölkerung. Die daraufhin vorgenommenen allgemeinen Haussuchungen hatten nur ganz magere Ergebnisse.
Im Morgengrauen des darauf folgenden Tages wurden hinter der Stadt beim alten jüdischen Friedhof zwei Eisenbahnarbeiter erschossen, bei denen während der Haussuchung Gewehre gefunden worden waren.
Sofort nach Bekanntgabe des Befehls war Artjom nach Hause gerannt. Im Hof begegnete er Pawel. Er packte ihn an der Schulter und fragte mit leiser, jedoch eindringlicher Stimme:
»Hast du etwas von dem Lager nach Hause gebracht?«
Pawel wollte erst die Sache mit dem Gewehr verschweigen, doch widerstrebte es ihm, den Bruder zu belügen, und so erzählte er ihm alles.
Sie gingen miteinander zum Schuppen. Artjom holte das Gewehr hinter dem Dachbalken hervor, entfernte den Verschluss und das Bajonett, packte dann das Gewehr am Lauf und schlug es mit aller Kraft gegen einen Zaunpfosten. Der Kolben brach in Stücke. Die Reste des Gewehrs warf Artjom auf einen unbebauten Platz weit hinter dem Garten. Das Bajonett und den Verschluss versenkte er in die Abortgrube.
Als er mit allem fertig war, wandte sich Artjom an seinen Bruder und sagte:
»Du bist kein Kind mehr, Pawka, du verstehst, dass Waffen kein Spielzeug sind. Ich warne dich ganz ernstlich: Schlepp nichts mehr ins Haus. Du weißt doch, dass es einem jetzt das Leben kosten kann. Sei vernünftig, und dass du mich nicht hinters Licht führst. Denn wenn du so was nach Hause bringst und man findet es, werde ich als erster erschossen. Dich Rotznase wird keiner anrühren. Es sind jetzt verfluchte Zeiten. Verstanden?«
Pawel gab dem Bruder das Versprechen, nichts mehr nach Hause zu bringen.
Als die beiden über den Hof gingen, hielt gerade eine Kutsche vor dem Tor des Leszczynskischen Hauses an. Ihr entstieg der Rechtsanwalt mit seiner Frau und den Kindern - Nelly und Viktor.
»Ja, ja, jetzt kommen sie wieder angeflogen, die Vögelchen«, brummte Artjom erbittert.
»Nun wird es heiter hergehen, hol alles der Teufel!« Und er ging ins Haus.
Pawel trauerte den ganzen Tag seinem Gewehr nach. Zur selben Zeit mühte sich sein Freund Serjosha im Schweiße seines Angesichts ab, mit dem Spaten in einem alten verlassenen Schuppen an der Wand eine Grube auszuheben. Endlich war sie tief genug, und Serjosha legte drei nagelneue, in Lappen eingewickelte Gewehre hinein, die er bei der Verteilung erbeutet hatte. Es fiel ihm gar nicht ein, sie den Deutschen abzuliefern. Dazu hatte er sich nicht eine ganze Nacht lang geplagt, dass er sich jetzt von seiner Beute trennen sollte.
Als er die Grube wieder zugeschüttet hatte, stampfte er die Erde sorgfältig fest und schleppte dann Müll und altes Gerumpel auf die eingeebnete Stelle; darauf betrachtete er kritisch das Ergebnis seiner Arbeit und fand es befriedigend.
Jetzt mögen sie ruhig suchen, dachte er, und wenn sie was finden, so wissen sie noch lange nicht, wem der Schuppen gehört.
Unmerklich schloss sich Pawel immer enger dem rauen Monteur an, der bereits seit einem Monat im Elektrizitätswerk arbeitete.
Shuchrai erklärte seinem Hilfsheizer die Konstruktion eines Dynamos und lernte ihn an.
Der aufgeweckte Junge gefiel dem Matrosen. An seinen freien Tagen kam Shuchrai oft zu Artjom. Geduldig und verständnisvoll hörte sich der ernste Matrose alle Erzählungen über das Leben und Treiben im Städtchen an; besonderes Interesse zeigte er, wenn die Mutter über Pawkas Streiche klagte. Shuchrai verstand es, auf Maria Jakowlewna so beruhigend einzuwirken, dass sie all ihr Missgeschick vergaß und zuversichtlich gestimmt wurde.
Eines Tages hielt Shuchrai im Hof des Elektrizitätswerks zwischen den dort aufgeschichteten Holzstapeln Pawel an und sagte lächelnd zu ihm:
»Deine Mutter hat mir erzählt, dass du dich gern raufst. ›Er ist ein richtiger Kampfhahn‹, hat sie gesagt.« Der Monteur lachte gutmütig. »Kämpfen ist gar nicht so schlecht. Nur muss man wissen, wen man prügelt und wofür.«
Pawel, der nicht wusste, ob Shuchrai das ernst meinte oder sich nur über ihn lustig machte, antwortete:
»Ich raufe mich nicht so ins Blaue hinein, sondern nur, wenn es um etwas Gerechtes geht.«
Plötzlich schlug ihm Shuchrai vor:
»Willst du? - Ich bring dir bei, wie man sich richtig schlägt.«
Pawel blickte ihn erstaunt an.
»Was heißt das: richtig?«
»Das wirst du gleich sehen.«
Und Pawka erhielt seine erste kurze Lektion im Boxen.
Diese Kunst fiel Pawel anfangs nicht leicht, aber er gab sich große Mühe. Mehr als einmal warf ihn Shuchrais Faustschlag kopfüber zu Boden, aber der fleißige Schüler hielt durch.
An einem heißen Sommertag kam Pawel nach einem Besuch bei Klimka heim, schlenderte im Zimmer umher, wusste aber nichts anzufangen. Da entschloss er sich, seinen Lieblingsplatz auf dem Dach des Wächterhäuschens aufzusuchen, das hinter dem Haus in einem Winkel des Gartens stand. Er ging über den Hof in den Garten hinaus zu dem Bretterschuppen und kletterte aufs Dach; er kroch in die dichten Zweige des Kirschbaums, die über dem Schuppen hingen, bis zur Mitte des Daches und legte sich in die pralle Sonne.
Die eine Seite des Wächterhäuschens war dem Leszczynskischen Garten zugewandt; kroch man bis zum Dachrand, so waren der ganze Garten und eine Seite des Hauses zu überschauen. Pawel beugte neugierig den Kopf über den Dachvorsprung und erblickte einen Teil des Hofes, wo die Kutsche stand. Er konnte sehen, wie der Bursche des deutschen Leutnants, der in der Leszczynskischen Wohnung einquartiert war, die Uniform seines Herrn ausbürstete. Pawka hatte den Offizier schon oft am Tor der Villa gesehen.
Der Leutnant war untersetzt, rotwangig und hatte einen gestutzten Schnurrbart; er trug einen Klemmer und hatte eine Mütze mit lackiertem Schirm auf. Pawka wusste, dass der Leutnant das Seitenzimmer bewohnte, dessen Fenster auf der Gartenseite lag und vom Dach aus sichtbar war.
Der Deutsche saß am Tisch und schrieb etwas, dann nahm er das Geschriebene und verließ das Zimmer. Er übergab den Brief seinem Burschen und ging danach durch den Garten. Vor der Gartenlaube blieb der Leutnant stehen und schien sich