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Wie der Stahl gehärtet wurde. Nikolai Ostrowski
Читать онлайн.Название Wie der Stahl gehärtet wurde
Год выпуска 0
isbn 9783754939536
Автор произведения Nikolai Ostrowski
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Die Nacht ließ ihnen völlig freie Hand. In der undurchdringlichen Finsternis gehen Mord und Totschlag leichter vonstatten. Auch Schakale ziehen die Nacht bei ihren Raubzügen vor und fallen nur die bereits dem Tode Geweihten an.
Keiner wird sein Leben lang diese entsetzlichen zwei Nächte und drei Tage vergessen. Wie viele Menschen wurden zu Krüppeln geschlagen oder vernichtet, wie viele junge Köpfe ergrauten in jenen blutigen Stunden, wie viele Tränen wurden vergossen! Und wer weiß, ob jene glücklicher waren, die am Leben blieben - mit leerem Herzen, unmenschlich gepeinigt von der untilgbaren Schmach, voll von unsagbarem Kummer, dem Kummer um die erschlagenen Angehörigen. Teilnahmslos lagen junge Mädchenkörper in den Gässchen, geschändet, gefoltert, mit verrenkten Gliedmaßen, apathisch gegenüber allem, was vor sich ging.
Und nur ganz unten am Fluss, in dem Häuschen des Schmiedes Naum, stießen die Banditen, als sie seine junge Frau Sara überfielen, auf den erbittertsten Widerstand. Der athletische Schmied, in der Kraft seiner vierundzwanzig Jahre, mit den stahlharten Muskeln des geübten Hammerschlägers, wollte seine Gefährtin unter keinen Umständen hergeben.
In dem kleinen Haus kam es zu einem kurzen, aber erbitterten Gefecht, wobei zwei Petljura-Leute getötet wurden. Nachdem Naum alle Patronen verschossen hatte, opferte er die letzte Kugel seiner Frau Sara und warf sich selbst mit gefälltem Bajonett dem Tod entgegen. Von vielen Kugeln durchlöchert, sank sein schwerer Körper auf die erste Stufe der Treppe nieder.
In dem Städtchen tauchten, die wohlgenährten Pferde vor den Wagen gespannt, Großbauern aus den umliegenden Dörfern auf und beluden ihre Fuhrwerke mit allem, was ihr Gefallen erregte. Von ihren Söhnen und Verwandten aus der Golub-Abteilung begleitet, fuhren sie eilig zwei-, dreimal zwischen Dorf und Stadt hin und zurück.
Als Serjosha Brusshak, der gemeinsam mit seinem Vater die Hälfte seiner Kollegen aus der Druckerei im Keller und auf dem Boden verborgen hatte, durch den Gemüsegarten auf sein Häuschen zuging, erblickte er auf der Chaussee einen flüchtenden Mann.
Die Arme schwenkend, in einem langschößigen, geflickten Überrock, ohne Mütze, rannte dort keuchend ein alter Jude, mit totenbleichem Gesicht, gejagt von einem Petljura-Mann auf einem grauen Pferd, der gerade zum Schlag ausholen wollte. Als der Alte das Pferd dicht hinter sich hörte, machte er eine Handbewegung, als wollte er sich vor dem drohenden Hieb schützen. Serjosha lief auf die Chaussee, sprang schützend vor den Alten und warf sich dem Pferd entgegen:
»Untersteh dich, du Bandit, du Hund!«
Der Berittene, der gar nicht daran dachte, den Säbelhieb aufzuhalten, ließ die flache Klinge auf den weißblonden Kopf des Jungen niedersausen.
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