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Noch nie hatte er sich so angestrengt wie an diesem ersten Arbeitstag. Er hatte begriffen, dass es hier nicht wie zu Hause war, wo er der Mutter nicht immer folgte. Der Schieläugige hatte ja klar und deutlich gesagt: Gehorchst du nicht, so bekommst du eine gelangt.

      Die Funken sprühten nur so unter den dickbäuchigen, vier Eimer Wasser fassenden Samowaren, als Pawel die Glut anfachte. Er rannte mit den vollen Eimern zur Abfallgrube, heizte den Wasserkessel, trocknete die nassen Handtücher über den heißen Samowaren, kurz, er tat alles, was ihm befohlen wurde. Todmüde ging er spät am Abend hinunter in die Küche. Die ältliche Geschirrwäscherin Anissja sagte mit einem Blick auf die Tür, hinter der Pawel verschwunden war:

      »Der Junge ist wohl nicht richtig im Kopf; der schuftet ja wie ein Verrückter. Der hat's wohl nötig!«

      »Er ist ein tüchtiger Bursche«, meinte Frossja, »so einen braucht man nicht anzutreiben.«

      »Der wird sich die Hacken bald ablaufen«, entgegnete Luscha. »Anfangs sind sie alle eifrig.«

      Um sieben Uhr morgens übergab Pawel, von der schlaflosen Nacht und der endlosen Rennerei völlig erschöpft, die kochenden Samoware seiner Ablösung, einem blonden, pausbäckigen Kerl. Nachdem sich der Junge davon überzeugt hatte, dass alles in Ordnung war und das Wasser in den Samowaren kochte, steckte er die Hände in die Hosentaschen, spuckte durch die Zähne, blickte Pawel mit seinen wässrigen Augen verächtlich von oben herab an und erklärte in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete:

      »He, du Schlafmütze! Komm morgen pünktlich um sechs Uhr zur Ablösung.«

      »Warum um sechs?« fragte Pawel. »Schichtwechsel ist doch um sieben Uhr.«

      »Mag der Schichtwechsel sein, wann er will, aber du hast um sechs Uhr hier zu sein! Und wenn du noch lange quasselst, werde ich dir mal einen Stempel in die Visage drücken. So 'ne Null - hat kaum angefangen zu arbeiten und will sich schon mausig machen!«

      Die Geschirrwäscherinnen, die ihre Arbeit der Ablösung übergeben hatten, verfolgten interessiert das Gespräch der beiden Jungen. Der freche Ton und das herausfordernde Benehmen des anderen brachten Pawel auf. Er ging einen Schritt auf seinen Arbeitskollegen zu und schickte sich an, dem Jungen einen gehörigen Denkzettel zu versetzen; jedoch die Furcht, gleich am ersten Tage von der Arbeitsstelle gejagt zu werden, ließ ihn einhalten. Ganz rot vor Zorn sagte er:

      »Ein bisschen sachte, tu dich nicht so dicke, sonst könnte es was setzen. Ich komme morgen um sieben Uhr, und raufen kann ich nicht schlechter als du. Wenn du's probieren willst - bitte sehr!« Der Gegner trat einen Schritt zurück und schaute den erbosten Pawel erstaunt an. So einen entschiedenen Widerstand hatte er nicht erwartet. Er stutzte ein wenig.

      »Na schön, wir werden schon sehen«, brummte er. Der erste Tag war glücklich vorüber; mit dem Gefühl eines Menschen, der sich seine Ruhe ehrlich verdient hat, stiefelte Pawel heim. Jetzt arbeitete auch er, und niemand wird ihm sagen können, dass er ein Schmarotzer ist.

      Hinter dem Koloss des Sägewerkes stieg träge die Morgensonne empor. Bald wird auch Kortschagins Häuschen zu sehen sein. Da ist es, gleich hinter dem Herrenhaus der Leszczynskis.

      Die Mutter ist sicher schon aufgestanden, und ich komme von der Arbeit zurück, dachte Pawel, begann zu pfeifen und beschleunigte seine Schritte. Gar nicht so übel, dass man mich aus der Schule hinausgeschmissen hat. Der verfluchte Pope hätte mir sowieso das Leben sauer gemacht, und jetzt spucke ich auf ihn, überlegte Pawel, während er sich zufrieden dem Haus näherte. Als er das Pförtchen öffnete, ging ihm der Gedanke durch den Kopf: Dem Semmelblonden werde ich bestimmt noch ein paar in die Fresse hauen, ganz bestimmt.

      Die Mutter war im Hof mit dem Samowar beschäftigt. Als sie den Sohn erblickte, fragte sie besorgt: »Na, wie ist's gegangen?«

      »Ganz gut«, erwiderte Pawel.

      Die Mutter wollte ihm irgend etwas mitteilen, aber Pawel hatte bereits gesehen, was los war; durch das offene Fenster bemerkte er den breiten Rücken seines Bruders Artjom.

      »Was, Artjom ist gekommen?« fragte er bestürzt.

      »Ja, gestern, und er will hier bleiben. Er wird im Depot arbeiten.« Etwas unsicher öffnete Pawel die Zimmertür.

      Die riesige Gestalt, die mit dem Rücken zu ihm am Tisch saß, wandte sich um, und unter dichten schwarzen Brauen blickten Pawel die strengen Augen seines Bruders an.

      »Aha, da ist er, unser Machorkamann. Na also, guten Tag!«

      Die Worte des heimgekehrten Bruders ließen Pawel nichts Gutes erwarten.

      Artjom weiß schon alles, dachte Pawel. Er wird mich sicher ausschimpfen oder sogar verprügeln.

      Pawel hatte Angst vor seinem großen Bruder.

      Artjom aber hatte offenbar nicht die Absicht, ihn zu verprügeln. Er saß auf einem Schemel, die Ellbogen auf den Tisch gestützt, und schaute Pawel unverwandt an, halb spöttisch, halb verächtlich.

      »Also du meinst, dass du die Universität schon hinter dir hast und alle Wissenschaften aus dem Effeff kennst; da hast du dich also ans Geschirrabwaschen gemacht?« sagte Artjom.

      Pawel hatte den Blick auf ein lockeres Dielenbrett geheftet und studierte aufmerksam einen daraus hervorragenden Nagel. Artjom aber stand auf und ging in die Küche.

      Diesmal schien es wohl noch ohne Abreibung abzugehen. Pawel seufzte erleichtert auf. Beim Teetrinken fragte Artjom den Bruder ruhig über den Vorfall in der Klasse aus.

      Pawel legte los.

      »Und was soll weiter aus dir werden, wenn du so ein Strolch bleibst?« fragte die Mutter bekümmert. »Was fangen wir nur mit ihm an? Nach wem ist er so geraten? Ach, du lieber Gott, was habe ich nur mit diesem Jungen auszustehen!«

      Artjom schob die leere Tasse beiseite und wandte sich an Pawel:

      »Na also, Brüderchen, wenn's schon mal so weit gekommen ist, können wir's nicht mehr ändern. Aber nimm dich von nun an in acht, mach auf der Arbeit keine Faxen und tu alles, wie sich's gehört. Schmeißt man dich dort auch raus, versohl ich dich so, dass du dein Lebtag dran denken wirst. Merk dir das! Hör jetzt auf, der Mutter Kummer zu machen. Wo du nur hinkommst, gibt es Unannehmlichkeiten, überall stellst du was an. Aber jetzt Schluss damit! Wenn du dort ein Jährchen gearbeitet hast, werde ich darum bitten, dass man dich im Depot als Lehrling einstellt, denn beim Geschirrabwaschen wird ja doch nichts Rechtes aus dir werden. Musst ein Handwerk erlernen. Jetzt bist du noch zu klein, aber in einem Jahr werd ich mal anfragen - vielleicht nimmt man dich dann. Ich hab mich hierher versetzen lassen und werde hier arbeiten. Mutter wird sich nicht mehr bei fremden Leuten abrackern müssen. Hat genug vor dem Pack den Buckel krumm gemacht. Du aber sei vernünftig, Pawka, und benimm dich wie ein anständiger Mensch.«

      Er erhob sich zu seiner ganzen ungeheuren Größe, zog den über der Stuhllehne hängenden Rock an und rief der Mutter zu: »Ich geh auf ein Stündchen weg, muss noch was erledigen.« Damit ging er hinaus, wobei er sich im Türrahmen bücken musste. Als er am Fenster vorüberkam, rief er von draußen herein:

      »Ich hab dir da Stiefel und ein Taschenmesser mitgebracht, lass dir's von Mutter geben.«

      Die Bahnhofswirtschaft war Tag und Nacht ununterbrochen geöffnet.

      Auf dem Eisenbahnknotenpunkt Schepetowka kreuzten sich sechs Linien. Bis auf zwei, drei Stunden in der Nacht, wo der Verkehr ein wenig abflaute, war der Bahnhof immer voller Menschen. Hunderte von Truppentransporten begegneten sich hier und brausten dann wieder in verschiedenen Richtungen davon. Von der Front wieder zur Front. Verstümmelte, zerschundene Menschen trafen ein - und Männer in einförmigen grauen Soldatenmänteln fuhren ab.

      Zwei Jahre war Pawel bereits auf dieser Arbeitsstelle. Küche und Spülraum -das war alles, was er in dieser Zeit zu Gesicht bekommen hatte. In der riesigen Küche unten im Keller wurde fieberhaft gearbeitet. Über zwanzig Menschen waren dort beschäftigt. Zehn Kellner liefen zwischen Theke und Küche hin und her.

      Pawel verdiente nicht mehr acht, sondern

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