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Quentin Durward. Walter Scott
Читать онлайн.Название Quentin Durward
Год выпуска 0
isbn 9783754180167
Автор произведения Walter Scott
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Zeige mir den Weg,« sagte Quentin hastig – »in diesem Namen wage ich jede Gefahr.«
»Ich will es so einrichten,« sagte der Zigeuner, »daß gar keine Gefahr vorhanden ist, wenn Ihr nur Eure Hand von einem Streite fern halten könnt, der Euch nichts angeht; denn was liegt Euch überhaupt daran, ob der Bischof, wie sie ihn nennen, seine Heerde schlachtet, oder ob die Heerde ihren Hirten schlachtet? Hahaha! – Folgt mir, aber mit Vorsicht und Geduld; zähmt Euren Muth und vertraut meiner Klugheit – dann wird meine Schuld der Dankbarkeit gezahlt sein und Ihr habt eine Gräfin zur Gemahlin. – Folgt mir.«
»Ich folge,« sagte Quentin, sein Schwert ziehend; »aber im Augenblick, wo ich das geringste Zeichen von Verrätherei entdecke, sind dein Kopf und Leib drei Schritt auseinander!«
Ohne weitere Worte eilte der Zigeuner, als er sah, daß Durward nun völlig gerüstet und bereit war, die Stufen vor ihm hinab, und wand sich hastig durch die vielen Seitengänge, bis sie den kleinen Garten erreichten. Kaum ein Licht war auf dieser Seite sichtbar, kaum ein Geräusch ward vernommen; aber kaum hatte Quentin den freien Raum betreten, als der Lärm von der entgegengesetzten Seite des Schlosses zehnmal betäubender zu hören war, und er vernahm die verschiedenen Losungsworte: »Lüttich! Lüttich! der Eber! der Eber!« denn so war das Geschrei der Angreifenden, während der schwächere Ruf: »Unsre Frau für den Fürstbischof!« von Seiten derjenigen bischöflichen Krieger erscholl, welche, obwohl überrascht und im Nachtheil, zur Vertheidigung der Mauern herbeigeeilt waren.
Aber der ganze Kampf war Quentin Durward, trotz seines kriegerischen Charakters, gleichgiltig im Vergleich mit dem Geschick Isabellens, welches, wie er Grund zu fürchten hatte, ein schreckliches sein mußte, wenn sie nicht aus der Gewalt des rohen und grausamen Freibeuters erlöst ward, der nun, wie es schien, die Thore des Schlosses zu sprengen im Begriff war. Er versöhnte sich mit dem Beistand des Zigeuners, wie Leute in verzweifelter Krankheit die Arzneien nicht verschmähen, die ihnen Quacksalber und Marktschreier reichen, und folgte ihm durch den Garten, in der Absicht, sich von ihm führen zu lassen, bis er Anzeichen von Verrätherei entdecken würde, und dann sein Herz zu durchstoßen oder sein Haupt vom Rumpfe zu schlagen. Hayraddin schien selber zu wissen, daß seine Sicherheit an einem Haar hänge, denn er unterließ, in dem Augenblick, wo man in's Freie trat, all' seine gewohnten Scherze und Aufschneidereien, und schien ein Gelübde gethan zu haben, sich der Bescheidenheit, des Muths und der Schnelligkeit auf einmal zu befleißigen.
Aus der entgegengesetzten Thür, die zu den Gemächern der Damen führte, erschienen auf ein vorsichtiges Zeichen Hayraddins zwei Frauen, gehüllt in die dunkeln Seidenschleier, welche damals wie jetzt, von den Niederländerinnen getragen wurden. Quentin bot der einen von ihnen seinen Arm, den sie mit zitternder Hast umklammerte, und sie hing in der That so sehr an ihm, daß sie ihrer Flucht hinderlich gewesen sein würde, wäre ihre Last größer gewesen. Der Zigeuner, welcher die andere weibliche Gestalt führte, trat den Weg nach der Hinterthür sogleich an, welche durch die Gartenmauer nach dem Graben führte, wo der kleine Nachen lag, mittelst dessen, wie Quentin beobachtet hatte, Hayraddin sich schon früher aus dem Schlosse entfernt hatte.
Als sie überfuhren, verkündigte das Jubelgeschrei der Stürmenden, daß man bereits im Begriff sein müsse, das Schloß einzunehmen; und dieser Schall war für Quentins Ohr so widrig, daß er nicht umhin konnte, laut zu schwören: »Wäre mein Blut nicht unwiderruflich der Erfüllung meiner gegenwärtigen Pflicht geweiht, ich würde zur Mauer zurückgehen, treulich des gastfreundlichen Bischofs Partei nehmen und einige dieser Schufte zum Schweigen bringen, deren Kehlen voll Aufruhr und Meuterei sind.«
Die Dame, deren Arm noch in dem seinigen festruhte, drückte diesen sanft, als er so sprach, als wolle sie ihm zu verstehen geben, daß ein näherer Anspruch auf seine Ritterlichkeit vorhanden sei, als die Vertheidigung des Schlosses Schönwald; der Zigeuner aber rief, laut genug, um gehört zu werden: »Nun, das nenn' ich doch gehörige christliche Narrheit, zum Gefecht umkehren zu wollen, während Liebe und Glück beide die Flucht verlangen. – Auf, auf – mit all' der Eile, die Euch möglich ist – Pferde erwarten uns an jenem Weidendickicht.«
»Dort sind nur zwei Pferde,« sagte Quentin, der sie im Mondlicht erblickte.
»Alles, was ich auftreiben konnte, ohne Verdacht zu erregen, – und überhaupt genug,« erwiderte der Zigeuner. »Ihr müßt nach Tongres reiten, ehe der Weg unsicher wird – Marthon wird bei den Weibern unsrer Horde bleiben, mit denen sie von sonsther bekannt ist. Wißt, sie ist eine Tochter unsers Stammes, und wohnte blos unter euch, um uns gelegentlich Dienste zu leisten.«
»Marthon?« rief die Gräfin, mit einem Schrei des Erstaunens auf das verschleierte Weib blickend; »ist dies nicht meine Verwandte?«
»Blos Marthon,« sagte Hayraddin. – »Verzeiht mir diesen kleinen Betrug. Ich wagte nicht, beide Damen von Croye dem wilden Eber der Ardennen zu entführen.«
»Elender!« rief Quentin zornig – »aber noch ist es nicht – es darf nicht zu spät sein – ich will zurück und die Dame Hameline befreien.«
»Hameline,« flüsterte die Dame, in verwirrtem Tone, »hängt an deinem Arm, um dir für ihre Befreiung zu danken.«
»Ha! wie! – Wie ist das?« sagte Quentin, sich von ihr losreißend, und zwar mit weniger Artigkeit, als zu andrer Zeit der Fall gewesen sein würde, gegen eine Frau jenes Standes – »Ist Dame Isabelle zurückgeblieben?«
Als er sich umwandte, um zum Schloß zurück zu eilen, hielt ihn Hayraddin zurück – »Nein, hört doch, hört – Ihr rennt in Euren Tod! Welcher Satan hieß Euch die Farben der Alten tragen? – nie wieder will ich blau und weißer Seide trauen. Aber sie hat fast eine eben so reiche Mitgift – hat Juwelen und Gold – hat sogar Ansprüche auf die Grafschaft.«
Während der Zigeuner in abgebrochenen Redensarten so sprach, und sich eifrigst bemühte, Quentin zurückzuhalten, legte dieser endlich seine Hand an den Dolch, um sich zu befreien.
»Nein, wenn die Sache so steht,« sagte Hayraddin, ihn loslassend, »so geht, und der Teufel, wenn's einen gibt, geh mit Euch!« und kaum sah sich der Schotte frei, als er mit Windesschnelle zum Schloß eilte.
Hayraddin wendete sich darauf zur Gräfin Hameline, welche vor Scham, Furcht und Täuschung zu Boden gesunken war.
»Hier war ein Irrthum,« sagte er; »auf, Dame, und kommt mit mir – ich besorge Euch, eh' der Morgen kommt, einen galantern Mann, als diesen rothbäckigen Jungen; und ist Euch einer nicht genug, so sollt Ihr zwanzig haben.«
Dame Hameline war so heftig in ihren Leidenschaften, als sie eitel und schwach am Verstande war. Wie viele andre Personen erfüllte sie erträglich gut die gewöhnlichen Pflichten des Lebens; aber in einem Falle, wie dem gegenwärtigen, war sie ganz unfähig, irgend etwas andres zu thun, als unnütze Klagen hören zu lassen, und dabei schalt sie Hayraddin »einen Dieb, einen elenden Sklaven, einen Betrüger und Mörder.«
»Nennt mich Zigeuner,« erwiderte er gelassen, »und Ihr sagt das Alles auf einmal.«
»Ungeheuer! Ihr sagtet, die Sterne hätten unsern Bund beschlossen, und veranlaßtet mich zu schreiben – o, wie elend bin ich!« rief die unglückliche Dame.
»Und sie hatten Euren Bund beschlossen,« sagte Hayraddin, »wären beide Theile einig gewesen – aber meint Ihr, die gepriesenen Gestirne zwingen einen wider Willen zu heirathen? – Ich ward irre geführt durch Eure verwünschten christlichen Galanterien, durch Eure Albernheiten mit Bändern und Artigkeiten – nun zieht der junge Mann das Kalb dem Rinde vor, dünkt mich – das ist die ganze Sache. – Auf und folgt mir; und das merkt Euch, ich dulde weder Weinen noch Ohnmacht.«