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VIII

      Dann stößt der Forderer mit grimmem Trotze

       In die Trommete; der Geforderte

       Antwortet ihm; es dröhnen die Gefilde,

       Des hohen Himmels Wölbung hallt es wieder.

       Visiere zu, die Lanzen eingelegt,

       Gerichtet auf des Feindes Helm und Helmbusch,

       So sprengen von den Schranken beide fort

       Und mindern rasch den Raum, der sie geschieden.

       Palamon und Arcite.

      In der Mitte seines Weges hielt Prinz Johann plötzlich an, wandte sich an den Prior von Jorvaulx und erklärte, das vorzüglichste Geschäft des Tages sei vergessen worden.

      »Bei meiner Seligkeit, Herr Prior,« sagte er, »wir haben vergessen, die Herrin der Liebe und Schönheit zu ernennen, durch deren weiße Hand die Palme ertheilt werden soll. Ich meines Theils bin in meinen Ansichten freisinnig, und es soll mir gar nicht darauf ankommen, meine Stimme der schwarzäugigen Rebekka zu geben.«

      »Heilige Jungfrau,« antwortete der Prior, indem er mit Entsetzen die Augen aufschlug, »einer Jüdin! Wir verdienten mit Steinen aus den Schranken gejagt zu werden, und ich bin noch nicht alt genug zum Märtyrer. Uebrigens schwöre ich bei meinem Schutzpatron, daß sie der liebenswürdigen Sächsin Rowena bei weitem nachsteht.«

      »Sachse oder Jude,« antwortete der Prinz, »Sachse oder Jude, Hund oder Schwein, was ist da für ein Unterschied? Ich sage, ernennt Rebekka, und wäre es auch nur, um die Sachsenlümmel zu kränken.«

      Ein Murren erhob sich jetzt sogar unter seinen nächsten Gefolgsleuten.

      »Das geht über den Spaß, Mylord,« sagte de Bracy; »kein Ritter wird seine Lanze einlegen, wenn man einen solchen Schimpf beabsichtigt.«

      »Es wäre das reine Uebermaß der Beleidigung,« sagte einer der ältesten und einflußreichsten Begleiter des Prinzen Johann, Waldemar von Fitzurse, »und wenn Ew. Hoheit dennoch den Versuch dazu machen, kann derselbe für Eure Pläne nur verderblich werden.«

      »Ich geb Euch Unterhalt, Herr,« sagte Johann und zog den Zügel seines Rosses an, »als meinem Gefolgsmann, nicht als meinem Rathgeber.«

      »Diejenigen, welche Ew. Hoheit auf den Wegen folgen, die Ihr wandelt,« sagte Waldemar mit gedämpfter Stimme, »erwerben sich das Recht von Rathgebern. Ihre eigne Sicherheit und ihr Interesse ist dabei eben so sehr im Spiele wie das Eure.«

      Aus dem Tone, mit welchem der Mann sprach, ersah Johann die Nothwendigkeit, nachzugeben. »Ich habe ja nur gescherzt,« meinte er, »und ihr fahret gleich auf mich los wie Nattern. Ins Teufels Namen, ernennt wen ihr Lust habt, und handelt wie ihr wollt.«

      »Nein, nein,« sagte de Bracy, »lasset den Thron der schönen Herrscherin unbesetzt bleiben, bis der Sieger bestimmt ist, und dann mag dieser die Dame wählen, die ihn einnehmen soll. Es wird seinem Triumph einen zweiten hinzufügen, und die schönen Damen lehren, die Liebe tapfrer Ritter zu schätzen, die sie zu solcher Auszeichnung zu erheben vermögen.«

      »Wenn Brian de Bois-Guilbert den Preis gewinnt,« sagte der Prior, »so will ich meinen Rosenkranz verwetten, daß ich die Königin der Liebe und Schönheit zu nennen weiß.«

      »Bois-Guilbert,« antwortete de Bracy, »führt eine gute Lanze; doch es sind andere beim Turnier, Herr Prior, die nicht fürchten, ihm zu begegnen.«

      »Still, ihr Herren,« sagte Waldemar, »und lasset den Prinzen seinen Sitz einnehmen. Die Ritter und Zuschauer sind beide ungeduldig; die Zeit verrinnt, und es ist in der Ordnung, daß das Waffenfest jetzt beginne.«

      Obgleich Prinz Johann noch kein Monarch war, so hatte er doch an der Person des Fitzurse all Unbequemlichkeiten eines begünstigten Ministers, der, indem er seinem Souverän dient, es stets in seiner eignen Weise thun muß. Der Prinz willigte ein, obgleich seine Stimmung genau der Art war, daß er sich über Kleinigkeiten ärgerte; er nahm seinen Thron ein, und gab, umringt von seinen Begleitern, den Herolden das Signal, die Gesetze des Turniers zu verlesen, die in Kürze folgendermaßen lauteten:

      Erstens: die fünf Herausforderer sollten es mit allen aufnehmen, die sich ihnen stellten.

      Zweitens: jeder Ritter, welcher kämpfen wollte, könnte einen von den Herausforderern als seinen Gegner dadurch erwählen, daß er dessen Schild mit seiner Lanze berührte. Thue er das mit der umgekehrten Lanze, so solle der Kampf mit den sogenannten Höflichkeitswaffen geschehen, das heißt, mit Lanzen, an deren Spitzen ein Brettchen mit der flachen Seite befestigt war, so daß keine andere Gefahr entstand, als die, welche der Stoß für Pferd und Reiter mit sich brachte. Würde jedoch der Schild mit dem scharfen Ende der Lanze berührt, so sollte der Kampf auf Leben und Tod geführt werden, das heißt, die Ritter sollten dann mit scharfen Waffen wie in der wirklichen Schlacht fechten.

      Drittens: wenn die gegenwärtigen Ritter ihr Gelübde dadurch erfüllt hätten, daß jeder fünf Lanzen gebrochen, so sollte der Prinz den Sieger im Turnier des ersten Tages proclamiren, der als Preis ein Schlachtroß von ausgesuchter Schönheit und unvergleichlicher Stärke erhalten solle; und außer dieser Belohnung der Tapferkeit, wurde jetzt erklärt, solle er die besondere Ehre haben, die Königin der Liebe und Schönheit zu ernennen, die am folgenden Tage den Preis auszutheilen hätte.

      Viertens wurde verkündigt, daß am zweiten Tage ein allgemeines Turnier stattfinden solle, woran alle gegenwärtigen Ritter, die begierig wären Ruhm zu erwerben, Theil nehmen könnten. Die erwählte Königin der Liebe und Schönheit sollte dann den Ritter, den der Prinz am folgenden Tage für den tapfersten erklären werde, mit einer Krone, die aus dünnen Goldplatten in Gestalt eines Lorbeerkranzes gefertigt war, krönen. An diesem zweiten Tage sollten die ritterlichen Spiele enden. Am dritten Tage sollte noch ein Bogenschießen, Stierhetzen und andere Volksbelustigungen stattfinden.

      Auf diese Weise suchte Prinz Johann den Grund zur Volksgunst zu legen, die er aber immer wieder durch unüberlegte herausfordernde Handlungen verscherzte, mit denen er die Gefühle und Vorurtheile des Volks verletzte.

      Die Herolde schlossen ihre Proklamation mit dem gewöhnlichen Ruf: »Largesse, Largesse, tapfere Ritter!« und Gold- und Silberstücke regneten von den Gallerien auf sie nieder, da es ein Ehrenpunkt der Ritterschaft war, Freigebigkeit gegen diejenigen an den Tag zu legen, welche jenes Zeitalter zugleich als die Secretäre und die Archivare des Ruhms ansah. Die Freigebigkeit der Zuschauer wurde durch den gewöhnlichen Zuruf anerkannt: »Liebe den Damen – Ehre den Großmüthigen – Ruhm den Tapfern!« wozu die geringeren Zuschauer ihren Ruf und ein zahlreiches Musikchor einen Tusch kriegerischer Instrumente hinzufügten. Als Schweigen eingetreten war, zogen sich die Herolde in bunter und schimmernder Procession aus den Schranken zurück, in denen niemand zurückblieb, außer den Marschällen, welche vom Kopf bis zum Fuß geharnischt, zu Pferde, bewegungslos wie Statuen an dem entgegengesetzten Ende der Schranken standen. Unterdessen füllte sich der umfriedigte Raum am nördlichen Ende der Schranken, so groß er war, ganz mit Rittern an, welche ihre Geschicklichkeit gegen die Herausforderer beweisen wollten. Von den Gallerien betrachtet, gewährten sie den Anblick eines wogenden Meeres von Federbüschen, untermischt mit blitzenden Helmen und langen Lanzen, an deren äußersten Spitzen zuweilen ein schmales Fähnlein flatterte, das die Lebendigkeit des Gemäldes sehr erhöhte.

      Endlich öffneten sich die Barrieren, und fünf durchs Loos gewählte Ritter zogen langsam auf den Kampfplatz; einer an der Spitze, die andern paarweise folgend. Alle waren glänzend bewaffnet. Wie umständlich auch die sächsischen Quellen alle Sinnsprüche, Farben und Stickereien selbst an den Schabracken der Pferde beschreiben, ist es doch unnöthig, hier auf alle Einzelnheiten einzugehen.

      Der Ritter ward zu Staube,

      Sein Schwert dem Rost zum Raube,

      Und selig er, das ist mein Glaube.

      Längst sind ihre Wappenschilde von den Mauern ihrer Schlösser herabgefallen, ihre Schlösser selbst nur noch Ruinen, oft kaum die Stelle noch bekannt, wo sie einst gestanden, und manche Generation ist seitdem ausgestorben und vergessen in demselben Lande, wo sie einst als mächtige

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