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ein großes Feuer im Kamin an, was bei dem warmen Wetter dieses Tages sehr auffallend war.

      »Sonderbar,« meinte d'Artagnan, »diese Gesichter kommen mir bekannt vor.« – »Riecht es nicht nach Rauch?« fragte Rudolf. – »Ja, es scheint brenzlig werden zu wollen,« murmelte der Chevalier. »Das sieht fast aus wie Verschwörung.« – Im selben Augenblick traten vier der Zurückgebliebenen in den Hof und stellten sich, scheinbar unabsichtlich, bei der Verbindungstür auf. Sie sahen ganz aus, als wollten sie Schildwache stehen. – »Du, Rudolf,« flüsterte der Chevalier. »Hier liegt was in der Luft.« – Er zog mit diesen Worten seinen jungen Freund in die Gaststube. Als die beiden letzten Gäste sie eintreten sahen, stießen sie einander an. »Verstärkung!« flüsterte einer von ihnen. – »Ja, Kameraden, Verstärkung,« sagte d'Artagnan, sich umdrehend. »Ein brillantes Feuer! Was soll denn da gekocht werden?« – Die beiden Kerle lachten laut auf, antworteten aber nicht, sondern legten nur noch mehr Holz auf. – d'Artagnan gab Bragelonne einen Wink, und beide traten wieder an das Fenster.

      Der große Platz war ganz mit Menschen angefüllt. Die dichtgedrängten Köpfe wogten wie Aehren auf einem weiten Kornfelde. Bis dicht an die Hellebardiere hin, die das Schafott umringten, schob sich die Menge vor, und hin und wieder ließen die Soldaten das Eisen ihrer Waffen auf die Köpfe der Menschen niederfallen, wenn sie gar zu zudringlich wurden. Außer diesen Soldaten sah man noch an einer Stelle mitten unter der Menschenmenge eine Gruppe von etwa fünfzig Musketieren. D'Artagnan erkannte sie und sah zu seiner Beruhigung, daß sie in Rufweite von ihm standen. In der Nähe der Galgen machte sich ein lärmender Haufe bemerkbar, und weiterhin sah man hier und dort unter den einfältigeren Physiognomien der alltäglichen Zuschauer tollkühne, unternehmende Gesichter, die einander über die andern hinweg Zeichen gaben. In der dichtgedrängtesten Gruppe bemerkte d'Artagnan einen Mann zu Pferde, in dem er zu seiner Verwunderung Menneville erkannte, seinen Helfershelfer von früher. Ein dumpfes Gemurmel, das von einer andern Seite her erklang, lenkte jetzt seine Aufmerksamkeit von seinem alten Bekannten ab. Die Verurteilten kamen an, eskortiert von einer starken Abteilung berittner Soldaten, von der Menge mit einem tausendstimmigen Geschrei empfangen.

      Die Männer in der Gaststube schürten das Feuer – Rudolf wandte sich mit einem Laut des Mißbehagens zur Seite. Die Todeskandidaten gingen zu Fuß, der Henker hinter ihnen her. Fünfzig Soldaten bildeten zu beiden Seiten Spalier. – »An den Strang mit ihnen, an den Strang. Es lebe der König!« schrie das Volk.

      »Nein, weg mit dem Galgen! Es lebe Colbert!« erklang es dagegen. – »Was bedeutet das?« murmelte d'Artagnan. »Ich glaubte, sie würden auf Betreiben Colberts gehenkt.« – Es entstand ein Gedränge, das den Zug auf einen Augenblick zum Stillstand zwang. Als er wieder weiter vorrücken konnte, hatten sich die Leute mit den auffallend tollkühnen Gesichtern ganz dicht an die Soldaten herangedrängt. Und plötzlich fielen diese Kerle mit dem Ruf: »Es lebe Colbert!« über die Mannschaften her. Es gab im Nu ein fürchterliches Handgemenge. Die Hellebarden der Soldaten sausten auf die Köpfe hernieder, die Schwerter blitzten, Musketenschüsse fielen. Man sah nur noch eine verworrene Masse von Waffen, Armen und Köpfen, eine einzelne Gestalt zu unterscheiden war nicht mehr möglich. Die Verurteilten wurden den Soldaten entrissen und nach dem Gasthause geschleppt. Ein Höllenlärm begleitete die Verwirrung, in welchem man aber immer noch deutlich den Ruf heraushörte: »Es lebe Colbert!«

      Das Volk war unschlüssig, ob es den Soldaten oder den Aufrührern helfen solle, denn es begriff nicht, weshalb die Aufrührer, die doch die Verurteilten zu befreien schienen, dabei schrien: »Nicht an den Galgen! Ins Feuer mit ihnen.« Wenn man sie doch töten wollte, wozu entriß man sie erst der Justiz? Schließlich tat aber doch der Ruf: »Bratet die Volksschinder lebendig!« seine Wirkung, der Pöbel strömte herbei, und als man gar im Gasthause einen Mann erblickte, der ein brennendes Holzstück schwang, wollte jedermann sich an der Vollstreckung dieses Lynchurteils beteiligen. Der Ruf: »Ins Feuer mit den Dieben!« wurde zur allgemeinen Parole.

      »Jetzt wird's ernst,« sagte d'Artagnan. – Im selben Moment hatte einer der Männer am Feuer einen Brand an das ausgedörrte Wandgetäfel und an die Türverkleidung gehalten, und alsbald loderte die Flamme auf, Rauch erfüllte das Zimmer. – Ohne ein Wort zu sagen, entriß d'Artagnan dem Schnapphahn das brennende Holz und schlug ihn damit mitten ins Gesicht. Den zweiten packte Rudolf um den Leib und warf ihn zum Fenster hinaus. Darauf riß er die brennende Bekleidung an der Wand herab und zertrat die Glut mit den Füßen. D'Artagnan überzeugte sich mit einem Blick davon, daß die Gefahr des Feuers beseitigt war, und eilte vor die Türe hinaus, auf die jetzt die Schnapphähne losstürmten, Menneville an der Spitze.

      »Was wollt ihr hier?« schrie der Chevalier, das Schwert schwingend. – »Tod und Teufel, Herr d'Artagnan!« rief Menneville, ihn erkennend, »macht Platz!« – »In das Feuer mit den Dieben!« schrien seine Kameraden, schrie die Menge hinter ihnen. – »Musketiere, her zu mir!« brüllte d'Artagnan, und dieser Ruf, mit dem er schon oft seine Schar zum Siege geführt hatte, tat auch diesmal seine Wirkung. Die Soldaten erkannten daran ihren Befehlshaber. Gleichzeitig warf d'Artagnan sich mit erhobenem Schwerte den Anstürmenden entgegen, Rudolf folgte seinem Beispiel. Der erste, der fiel, war Menneville, von einem Schwerthiebe des Chevaliers niedergestreckt. »Sagte ich dir nicht, du solltest ein anständiger Mensch werden?« rief d'Artagnan, indem er ihm den Schädel einschlug. Nun arbeiteten die beiden Recken, der junge und der alte, wie Riesen, wie Erzengel mit Flammenschwertern, und jeder Streich warf einen Feind darnieder. »Im Namen des Königs!« riefen sie, und dieser neue Ruf wurde zur Losung des Siegers. Von hinten rückten die Musketiere und die Soldaten der Wache unwiderstehlich vor, die Reihen des Volks kamen ins Wanken, lösten sich auf und stoben schließlich zur Seite, wie Wellen des Meers vor dem vorwärtsdringenden Schiffsschnabel. Die Schnapphähne mußten ihre Sache verloren geben, ließen die Delinquenten im Stich und suchten sich zu retten. Das Feuer im Ofen wurde nun mit Wasser gelöscht, und die Todeskandidaten vollendeten den Weg zum Galgen. In einer Minute hatte der Henker seine Arbeit getan.

      Es war ruhig auf dem Platze; kein Mensch war mehr zu sehen, außer den Soldaten, die sich zum Abmarsch fertig machten. Am Dreibein hingen die Leichen der Gerichteten. – »Kommen Sie nun aber endlich fort, Chevalier,« sagte Rudolf. – »Einen Augenblick!« antwortete d'Artagnan, »ich will nur erst noch meinen Mietszins einkassieren. Das Haus bringt zwar viel ein – aber ich möchte doch lieber eins in einem andern Stadtteil haben.«

      6. Kapitel. Kein Geld für die Musketiere

      Einer der flüchtenden Schnapphähne hatte sich auf ein Pferd geschwungen und war zum Palast des Finanzministers geritten, um dort Bericht über den Mißerfolg zu erstatten. Als Fouquet alles gehört hatte, schritt er in furchtbarer Niedergeschlagenheit auf und ab, sein Bruder und Gourville bewahrten das schmerzliche Schweigen der vollsten Enttäuschung. Endlich rief der Abbé: »Also der Eigentümer des Hauses! Das war der eingefleischte Teufel, der die Sache unserer Feinde zum Siege führte. Wie heißt der Eigentümer dieses Hauses? Wem gehört das Wirtshaus ›Notre-Dame‹? Das muß ergründet werden, denn dieser Mensch soll es büßen, daß er uns den Spaß so schändlich verdorben hat.«

      »Still!« unterbrach ihn der Finanzminister. »Keine Anklagen, gegen wen es auch sei! Ich allein bin schuld daran, ich hätte mich nicht auf fremde Leute verlassen sollen. Geh jetzt, Bruder, und verschone mich mit deinem Besuch, bis ich dich rufen lasse. Wir haben viel Stillschweigen und Vorsicht nötig. Also keine Gewalttat! Ich verbiete es dir!« – Der Abbé verneigte sich, und Fouquet wollte eben mit Gourville hinausgehen, als der Türsteher hereintrat und meldete: »Chevalier d'Artagnan!«

      »Wer ist das?« rief Fouquet geringschätzig. – »Ein königlicher Musketier-Leutnant außer Dienst,« sagte Gourville, »der vielleicht seine Pension einkassieren will.«

      »Er soll zum Teufel gehn!« rief Fouquet. »Was kommt er zu so ungelegner Zeit?« – »Erlauben Sie, gnädiger Herr, daß ich ihn abfertige,« sagte Gourville. »Ich kenne den Mann, und wie es jetzt mit uns steht, ist es besser, solche Männer zu Freunden statt zu Feinden zu haben.« – »Antworten Sie ihm, was Sie wollen,« warf Fouquet hin, im Begriff hinauszugehen. – »Antworten Sie ihm, es sei kein Geld da,« sagte der Abbé, »am wenigsten für die Musketiere.«

      »Kein

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