Скачать книгу

Sobald er darin war, steckte er seine Nase, trotz all meines Zerrens und Reißens in den Weihwasserkessel und trank ihn ganz aus. Obschon ich dachte, daß, wenn man so viele Christen ohne Religion sehe, man auch nicht viel von einem Esel erwarten könne, so erschrak ich doch sehr über diese gottlose Handlung und fürchtete die Folgen, und zwar nicht ohne Grund; denn das Volk in der Kirche war ganz entsetzt. Kein Wunder, denn das Tier trank so viel Weihwasser, daß man die ganze Stadt Port-Mason nebst den Vorstädten und allem Zugehör damit hätte reinigen können. Sie erhoben sich von ihren Knieen und ergriffen mich, wobei sie alle Heiligen im Kalender anriefen. Obschon ich wußte, was sie meinten, so konnte ich doch kein Wort in ihrer Sprache sprechen, um für mein Leben zu bitten, und wäre fast in Stücken zerrissen worden, bevor der Priester kam. Da ich die Gefahr wohl einsah, in welcher ich schwebte, so fuhr ich mit meinen Fingern über die feuchte Nase des Esels, bekreuzte mich selbst und ließ mich vor dem Priester auf die Kniee nieder, wobei ich wie alle gute Katholiken mea culpa schrie, obschon es, wie ich vorher bemerkte, nicht meine Schuld war, denn ich versuchte alles Mögliche, und zog das Tier weg, bis meine Kraft nachließ. Die Priester erkannten aus der Art, wie ich mich bekreuzte, daß ich ein guter Katholik war, und errieten, daß dies alles ein Versehen des Esels sei. Sie befahlen dem Volke, ruhig zu sein, und sandten mich zu einem Dolmetsch, welchem ich die ganze Geschichte erklärte. Sie erteilten mir für das, was der Esel gethan hatte, Absolution, und nachher stand ich, da es sehr selten vorkam, einen englischen Offizier zu finden, der ein guter Christ war, während meines Aufenthalts zu Minorka in großer Gunst, lebte in Fülle, zahlte für nichts und fühlte mich so glücklich wie ein Heimchen. So bewies sich der Grauschimmel als ein sehr guter Freund; um ihn zu belohnen, mietete ich ihn jeden Tag und galoppierte mit ihm auf der ganzen Insel herum. Aber einmal passierte es mir, daß ich meinen Urlaub nicht beachtete, denn ich war so glücklich am Lande, daß ich ganz vergaß, nur vierundzwanzig Stunden Erlaubnis zu haben, wäre nicht eine Abteilung Marinesoldaten mit einem Sergeanten an der Spitze gekommen, welcher mich am Kragen faßte und von meinem Esel herabzog. Ich wurde an Bord gebracht und wegen Mißverhaltens mit Arrest belegt. Nun, Peter, ich weiß nichts Angenehmeres als im Arrest zu sein, nichts zu thun den ganzen Tag, als essen und trinken und sich's wohl sein lassen; nur darf man nicht auf dem Hinterverdeck erscheinen, dem einzigen Platze, welchen ein Seekadett zu vermeiden wünscht. Geschah es, um mich strenger zu bestrafen, oder vergaß man mich ganz, ich kann es nicht sagen, aber es stand fast zwei Monate an, ehe man mich in die Kajütte berief. Der Kapitän sagte mit einem furchtbaren Stirnrunzeln, er hoffe, daß meine Strafe mir zur Warnung dienen werde, und nun könne ich meinen Dienst wieder antreten.

      »›Erlauben Euer Ehren‹, versetzte ich, ›ich glaube noch nicht genug bestraft zu sein.‹

      »›Es freut mich, Sie so reumütig zu finden; doch es ist verziehen; nehmen Sie sich nur in acht, daß ich nicht mehr genötigt werde, Sie einsperren zu lassen.‹

      »Da ich ihn nicht überzeugen konnte, so mußte ich meinen Dienst wieder antreten, allein ich faßte den Entschluß, sobald ich könnte, wieder einen andern Streich auszuführen. – –«

      »Ein Segel an der Steuerbordseite«, rief der Mastwächter.

      »Sehr wohl«, versetzte der Schiffsmeister. »Herr O'Brien, wo ist Herr O'Brien?«

      »Meinen Sie mich, Sir?« sagte O'Brien, indem er auf den Meister zuging, denn er hatte so lange in der Falltaurolle gesessen, daß er darin verwickelt war und nicht sogleich herauskommen konnte.

      »Ja, Sir, gehen Sie vor und sehen Sie, was es für ein Schiff ist.«

      »Gut, Sir«, sagte O'Brien.

      »Und, Herr Simpel«, fuhr der Schiffsmeister fort, »gehen Sie hinab und holen Sie mir ein Nachtglas herauf.«

      »Ja, Sir«, versetzte ich.

      Ich hatte keinen Begriff von einem Nachtglas, und weil ich bemerkte, daß um diese Zeit sein Diener ihm ein Glas heraufbrachte, so schätzte ich mich sehr glücklich, zu wissen, was er darunter verstand.

      »Geben Sie acht, daß Sie es nicht zerbrechen, Herr Simpel.«

      O, dann ist alles recht, dachte ich; er meint den Humpen. Ich ging also hinab, rief den Aufwärter der Konstabelkammer und verlangte ein Glas Grog für Herrn Doball. Der Aufwärter taumelte in seinem Hemd heraus, mischte den Grog, gab ihn mir und ich stieg sehr vorsichtig das Hinterdeck hinauf.

      Während meiner Abwesenheit hatte der Schiffsmeister den Kapitän gerufen und gemäß seiner Befehle O'Brien den ersten Leutnant. Als ich die Leiter heraufkam, standen sie beide auf dem Verdeck. Beim Heraufsteigen hörte ich den Schiffsmeister sagen: »Ich habe den jungen Simpel nach einem Nachtglase hinabgeschickt, allein er bleibt so lange aus, daß ich vermute, es ist ein Mißverständniß vorgefallen. Er ist ein halber Gimpel.«

      »Das muß ich leugnen«, versetzte der erste Leutnant, Herr Falkon, gerade, als ich meinen Fuß auf das Hinterdeck setzte, »er ist kein Gimpel.«

      »Mag sein«, antwortete der Schiffsmeister. »Ah, da ist er ja. Wo bleiben Sie denn so lange, Herr Simpel? Wo ist mein Nachtglas? '

      »Hier, Sir«, erwiderte ich und gab ihm den Becher Grog hin; »ich sagte dem Aufwärter, er solle ihn stark machen.«

      Der Kapitän und der erste Leutnant brachen in ein Gelächter aus, denn Mr. Doball war als ein großer Liebhaber von Grog bekannt. Jener ging nach dem Hinterteil des Schiffes, um das Lachen zu verbergen, dieser blieb da. Mr. Doball war in großer Wut.

      »Sagte ich nicht, der Junge sei ein halber Gimpel«, schrie er dem ersten Leutnant zu.

      »Auf alle Fälle kann ich nicht zugeben, daß er sich bei dieser Gelegenheit als solchen bewiesen hat«, versetzte Herr Falkon, »denn er hat den Nagel auf den Kopf getroffen.«

      Hierauf trat der erste Leutnant zu dem Kapitän, und beide gingen lachend auf und ab.

      »Setzen Sie es auf die Gangspille, Sir«, sagte Herr Doball in ärgerlichem Tone zu mir. »Ich werde Sie gelegentlich bestrafen.«

      Ich war sehr erstaunt und wußte nicht, ob ich recht oder unrecht gethan hatte, jedenfalls, dachte ich bei mir selbst, that ich es aus bester Absicht: ich setzte es also auf die Spille zu meiner Seite auf dem Verdeck. Der Kapitän und der erste Leutnant gingen nun hinab und O'Brien kam herauf.

      »Was ist das für ein Schiff«, sagte ich.

      »Nach meinem besten Ermessen ist es eine von unseren Badmaschinen, welche mit Depeschen heim geht«, gab er zur Antwort.

      »Eine Badmaschine?« sagte ich, »ich dachte sie seien alle auf den Strand gezogen.«

      »Das ist die Brightoner Sorte; allein diese sind nicht dazu gemacht, aufzugehen.«

      »Was denn?«

      »Nun, sie gehen unter, das ist gewiß, und entsprechen ihrem Zwecke ausnehmend gut. Ich will Dich nicht länger irre machen, mein Peter, ich spreche wirklich höllügerisch, was, wie ich glaube, so viel heißt, als eine Hölle voll Lügen. Es ist eine von unseren Zehnkanonenbriggen, soviel ich weiß.«

      Ich erzählte dann O'Brien, was vorgefallen war, und wie böse der Schiffsmeister auf mich sei. O'Brien lachte herzlich und sagte, ich solle mich nicht darum kümmern, sondern in der Nähe bleiben und ihn beobachten.

      »Ein Glas Grog ist ein Köder, welchen er umkreisen wird, bis er ihn verschlingt. Wenn Du es an seinen Lippen siehst, so gehe keck auf ihn zu und bitte ihn um Verzeihung, wenn Du ihn beleidigt habest, und dann, wenn er ein guter Christ ist, für den ich ihn halte, wird er sie Dir nicht abschlagen.«

      Dies dünkte mich ein sehr guter Rat, und ich wartete unter dem Bollwerk an der Leeseite. Ich bemerkte, daß der Schiffsmeister immer kürzere Wendungen machte, bis er endlich an der Spille stillstand und den Grog betrachtete. Er wartete ungefähr eine halbe Minute, dann nahm er den Humpen und trank ihn ungefähr halb aus. Der Grog war sehr stark, und er hielt inne, um Atem zu schöpfen. Ich dachte, es sei nun die rechte Zeit und ging auf ihn zu. Der Becher war wieder an seinen Lippen und ehe er mich sah, sagte ich:

      »Ich hoffe, Sir, Sie werden mir

Скачать книгу