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so stark drängten, daß er sich gezwungen sah, Schildwachen in den Bugen auszustellen, um die Boote abzutreiben, wenn sie herankamen. Ich stand gerade im Gange und betrachtete das Gedränge in den Booten, als ein schwarz aussehender Kerl in einem derselben zu mir sagte:

      »Sir, lassen Sie mich durch die Geschützpforte hinein schlüpfen, ich werde Ihnen ein sehr hübsches Präsent machen«; hier ließ er mich ein goldenes Petschaft sehen.

      Ich befahl sogleich der Schildwache, ihn fortzutreiben, denn ich war sehr beleidigt, daß er glaubte, ich könne bestochen werden, den Befehlen nicht zu gehorchen. Ungefähr um elf Uhr kamen auf dem Seemagazinboot der Buchhalter und der Kassier mit seiner Geldkiste an Bord, und wurden in die Vorkajütte gewiesen, wo sie der Kapitän am Zahltisch erwartete. Die Matrosen wurden einer nach dem andern herein gerufen, und weil der Betrag der Löhnung schon zum voraus berechnet war, so waren sie sehr schnell ausbezahlt. Sie faßten ihr Geld in den Hut, nachdem es in Gegenwart der Offiziere und des Kapitäns aufgezählt worden war. Außerhalb der Kajütte stand ein großer Mann in schwarzer Kleidung mit glattgekämmten Haare, welcher von dem Hafenadmiral die Erlaubnis erhalten hatte, an Bord zu kommen; dieser ging jeden Matrosen, wie er mit seinem Geld im Hute herauskam, um einen Beitrag zur Emancipation der westindischen Sklaven an, aber die Matrosen wollten ihm nichts geben, und schwuren, »die Neger wären besser daran als sie, denn sie hätten bei Tag nicht härter zu arbeiten, und bei Nacht nicht Wache um Wache zu halten.«

      »Gedient ist überall gedient, mein alter Psalmsinger,« erwiderte einer. »Sie dienen ihren Herren, wie es ihre Schuldigkeit ist, wir dienen dem König, weil er ohne uns nichts kann, und er fragt uns nie um unsere Einwilligung, sondern greift selbst zu.«

      »Ja,« versetzte der Gentleman mit den glattgekämmten Haaren, »aber Sklaverei ist etwas ganz anderes.«

      »Kann nicht sagen, daß ich da einen Unterschied sehe. Du, Bill?«

      »Ich auch nicht, und ich meine, wenn sie nicht gern da blieben, so liefen sie davon.«

      »Davon? – die armen Geschöpfe,« sagte der schwarze Gentleman, »wenn sie dies thäten, so würden sie gegeißelt.«

      »Gegeißelt? – gut, und wenn wir davon laufen, so werden wir gehängt, die Neger sind besser daran als wir, nicht wahr, Tom?«

      Eben trat des Zahlmeisters Gehilfe heraus; er war so etwas von einem Advokaten, d. h. er hatte mehr Erziehung genossen, als es bei Seeleuten gewöhnlich der Fall ist.

      »Ich hoffe, Sir,« sprach der Schwarze, »Sie werden etwas beisteuern.«

      »Ich nicht, mein Schatz; ich bin jeden Pfennig meines Geldes schuldig und noch darüber, fürchte ich.«

      »Nur eine Kleinigkeit, Sir.«

      »Was, Du mußt ein höllischer Schurke sein, daß Du von einem Manne verlangen kannst, er solle weggeben, was nicht sein Eigentum ist. Sagte ich Dir nicht, ich sei alles schuldig? Es ist ein altes Sprichwort: zuerst gerecht, dann freigebig. Nun ist meine Ansicht, daß Du ein methodistischer nichtsnutziger Lumpenhund bist, und wenn je einer ein solcher Esel ist, Dir Geld zu geben, so wirst Du es für Dich selbst behalten.«

      Als der Mann sah, daß er an der Thür nichts erhalten könne, so ging er auf das untere Verdeck hinunter, woran er aber nicht sehr klug that, denn da nun die Leute bezahlt waren, so wurde den Booten gestattet, an die Seite herbeizukommen, und so viel Branntwein eingeschmuggelt, daß die meisten Matrosen mehr oder weniger betrunken wurden. Als er zu den Soldaten hinunter kam, fing er an, Bilder auszuteilen, die einen Schwarzen in Ketten knieend darstellten, welcher sagte: »Bin ich nicht euer Bruder?« Einige der Matrosen lachten, und schwuren, sie wollten ihren Bruder an die Schiffswand ankleben, um für die Schiffsmannschaft zu beten; andere waren sehr ungehalten und schimpften auf ihn. Zuletzt kam ein Mann, welcher betrunken war, auf ihn zu.

      »Willst Du wirklich behaupten, daß dieser heulende schwarze Dieb mein Bruder ist?«

      »Allerdings,« versetzte der Methodist.

      »Dann nimm dies für Deine höllische Lüge,« sagte der Matrose, indem er ihn rechts und links in das Gesicht schlug und ihn in den Kabelkasten hinab warf, von wo er herauf kletterte und sich so bald als möglich aus dem Staube machte.

      Das Schiff befand sich nun in einem Zustande von Verwirrung und Aufruhr: da waren Juden, welche Kleider zu verkaufen oder für verkaufte Kleider Geld einzuziehen hatten; Männer und Frauen aus den Marktschiffen, die ihre langen Rechnungen vorwiesen und Zahlung forderten, oder durch Schmeichelei zu erhalten suchten; andere Leute vom Lande mit hunderterlei kleinen Forderungen, und die Matrosenweiber, welche sich enge an sie drängten und jede vorgewiesene Rechnung als eine Erpressung oder Räuberei bestritten. Das war ein Schreien und ein Drohen, Lachen und Weinen – denn die Weiber mußten alle vor Sonnenuntergang das Schiff verlassen. Bald wurde ein Jude umgeworfen und seine ganze Kiste mit Ware im Raume umher gezogen, bald jagte ein Matrose einem Juden nach, der ihn betrogen hatte. Alles zankte oder jauchzte; viele waren schwer betrunken. Es schien mir, daß die Matrosen einen schwierigen Punkt zu bestehen hatten; es waren dreierlei Gläubiger gegen sie, die Juden für Kleider, die Männer aus dem Marktschiffe für Zehrung im Hafen, und ihre Weiber wegen des Unterhalts in ihrer Abwesenheit. Das Geld, welches sie erhielten, reichte im allgemeinen nicht weiter, als eine dieser Forderungen zu berichtigen. Man darf annehmen, daß die Weiber den besten Teil davon bekamen; den andern wurde eine Kleinigkeit bezahlt und der Rest versprochen, wenn sie von ihrer Fahrt zurück kämen. Obgleich, wie die Sachen nun standen, es scheinen mochte, daß zwei von den Parteien schlecht behandelt wurden, so waren sie doch mehr als entschädigt, weil ihre Rechnungen so übertrieben waren, daß, wenn auch nur ein Drittel davon bezahlt wurde, ihnen noch ein Profit bleiben mußte. Ungefähr um fünf Uhr wurde Befehl gegeben, das Schiff zu säubern. Alle bestrittenen Punkte wurden von dem Marinesergeanten mit seinen Leuten beigelegt, welche ihre Gegner von den Juden trennten. Personen aller Art, welche nicht auf das Schiff gehörten, männliche oder weibliche, wurden entfernt. Man gab mit der Pfeife das Zeichen zum Niederlassen der Hängematten, schaffte die Betrunkenen ins Bett und das Schiff war auf einmal ruhig. Niemand wurde wegen Trunkenheit gestraft, weil der Zahltag an Bord eines Kriegsschiffes so angesehen wird, als sei mit ihm alles unordentliche Benehmen des Matrosen gleichsam ausgelöscht, und es beginne nun ein neues Blatt im Buche seines Lebens; denn obgleich einige Freiheit gestattet ist, und die Matrosen im Hafen selten gepeitscht werden, so wird doch in dem Augenblicke, wo der Anker an den Bugen ist, strenge Mannszucht gehandhabt, und Betrunkenheit darf nicht länger auf Vergebung hoffen.

      Den andern Tag war alles bereit, in See zu stechen, den Offizieren wurde kein Urlaub mehr bewilligt, Vorrat jeder Art an Bord gebracht, die großen Boote aufgewunden und befestigt. Am übernächsten Morgen bei Tagesanbruch gab man uns vom Flaggenschiff im Hafen das Signal zum Ankerlichten; wir hatten Befehl erhalten, in der Bucht von Biscaya zu kreuzen. Der Kapitän kam an Bord, die Leiter wurde heraufgezogen, und wir fuhren mit herrlichem Nordostwinde durch die Nadeln. Ich bewunderte die Ansicht der Insel Wight, erblickte mit Bewunderung die Alum-Bay, erstaunte über die Nadelfelsen und fühlte mich dann so unwohl, daß ich hinabgehen mußte. Was in den nächsten sechs Tagen vorkam, kann ich nicht sagen. Ich dachte, ich müsse jeden Augenblick sterben, lag die ganze Zeit über in meiner Hängematte oder auf den Kisten, und konnte weder essen, trinken, noch umhergehen. O'Brien kam am siebenten Morgen zu mir und sagte, es werde nie wieder gut mit mir werden, wenn ich mich nicht selbst anstrenge; er habe mich gerne und deshalb unter seinen Schutz genommen, und um seine Anhänglichkeit an mich zu beweisen, wolle er für mich thun, was er für einen andern zu thun sich nie die Mühe gegeben hätte, nämlich mir eine gute Tracht Schläge geben; dies sei ein Hauptmittel gegen die Seekrankheit. Die That folgte dem Worte, er gab mir ohne Gnade Rippenstöße und nahm dann das Ende eines Strickes und zerdrasch mich, bis ich seinem Befehle gehorchte und sogleich auf das Verdeck ging. Bevor er zu mir kam, hätte ich es nie für möglich gehalten, ihm zu gehorchen; ich versuchte es, auf die eine oder die andere Art die Leiter zum Hauptverdecke hinauf zu kriechen, wo ich mich auf die Kugelrecken niedersetzte und bitterlich weinte. Was hätte ich gegeben, wenn ich wieder zu Hause gewesen wäre! Es war nicht meine Schuld, daß ich der größte Dummkopf der Familie war, und doch, wie wurde ich dafür bestraft! Wenn dies von O'Brien Freundlichkeit war, was hatte ich von denen zu erwarten,

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