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und dem Sträuben gegen jegliche Reformen schon genügend tun.

      Während Ugo sich Notizen machte, entging seinen Blicken das eifrige Räumen der Mitarbeiter nicht, die mit gestressten Gesichtern die allgemeine Auffuhr dazu nutzten, Unterlagen aus Della Portas Büro verschwinden zu lassen.

      Ugo verständigte Tommy, der schnellstmöglich den Bezirksstaatsanwalt kontaktierte, um einen Durchsuchungsbefehl zu erwirken.

      Donna Leandra saß aufrecht mit versteinerter Miene im Büro der Kommissarin. Ab und an trocknete sie mit einem weißen Leinentuch eine Träne, die in ihren schwarzen Augen aufquoll und die zart gepuderte Wange herunterfloss. Ansonsten bewahrte sie Ruhe. Nicht einmal als die Polizei vor ihrer Haustür stand und die Nachricht von Amerigos Ermordung überbrachte, verlor sie die Fassung. Die Fassung zu verlieren wäre für sie schlimmer als der Tod. Sie bat die Herrschaften einen Augenblick zu warten, erschien einige Minuten später dem Anlass gemäß in einem schlichtes schwarzen Kleid und folgte den Gesetzeshütern ins Präsidium. Donna Leandra wusste einfach, was sich gehörte.

      Ihr Blick schweifte zu ihrer Tochter, die ebenfalls aufrecht auf dem Stuhl neben ihr saß, mit blonden langen Haaren und geröteten Augen.

      Ihr jüngerer Bruder lief nervös im Zimmer auf und ab, das verschwommene Gesicht noch trunken vom Schock oder dem Whisky, den er sich bereits am Mittag genehmigt hatte. Sie betrachtete die beiden und stellte sich wohl vor, wie ihre Kinder die Anwaltskanzlei des Vaters übernehmen, geschweige denn weiterführen sollten.

      Die Tochter hatte zwar Amerigos Ehrgeiz geerbt, dafür weder seine Intelligenz noch sein Charisma. Die wurden wiederum dem Sohn großzügig geschenkt, der zudem die Stattlichkeit Donna Leandras

      aristokratischer Ahnen besaß, zusammen mit dem Talent, diese Gaben in hochprozentigem Alkohol zu ertränken. Diese ganzen Sorgen benebelten ihr Gehirn.

      Aus der Ferne hörte man das Klappern hoher Absätze und die Tür öffnete sich. Caterina kam mit Tommy herein. Der Polizist, der die Familie bis dahin „betreut“ hatte, stand steif wie ein Stock in seiner blauen Uniform, als die Kommissarin an ihm vorbeiging.

      Caterina stellte sich vor und sprach wohlerzogene Beileidsworte aus, bevor sie sich auf den ledernen Bürostuhl setzte.

      Donna Leandra musterte Caterina, die in ihrem Gesicht lesen konnte, was sie dachte. Diese hübsche Kommissarin, mit der typischen Ahnungslosigkeit und Arroganz einer Nordischen, die dachte, hier würde man noch mit Eselskarren durch die Straßen fahren und die überall nur Korruption roch. Diese hübsche, nette Frau war was fürs Fernsehen, für die Titelbilder der Zeitungen, konnte jedoch keinesfalls den Mord ihres Mannes aufklären. Niemals! Ihre ganze Hoffnung ruhte auf dem Vize, Tommaso, der aus die ungeschriebenen Gesetze der Gegend kannte.

      Das wusste Caterina und sie wusste auch, dass ihr der Rang und nicht ihre erwiesene Kompetenz den respektvollen Ton einbrachten.

      „Was können Sie mir zum Tod meines Mannes sagen, Commissario?“, fragte Donna Leandra formell.

      „Nun, Signora Della Porta, bis jetzt kann ich Ihnen sagen, dass es sich um einen Hinterhalt gehandelt haben muss. Nach den Aussagen der Augenzeugen können wir den Tathergang soweit rekonstruieren, dass sich der Täter auf einem motorisierten Zweirad von hinten dem Opfer näherte. Womit das Opfer nun…getroffen wurde ist noch unklar, denn es konnte bisher keine Tatwaffe sichergestellt werden. Wir versuchen anhand der Verletzungen diese zu rekonstruieren, bewegen uns jedoch im Bereich der Mutmaßungen“

      Caterina reihte die Fakten aneinander, ihre zarten Lippen zählten messerscharfe Argumente auf. Als sie ein kurzes Schluchzen bei dem Wort „Verletzung“ hörte, versuchte sie, sich emphatischer auszudrücken.

      „Es gab Augenzeugen?“, fragte Donna Leandra.

      „Ja“, sagte Caterina und warf Tommy einen Blick zu.

      „Sie haben die Aussage zu Protokoll gegeben und wurden bereits wieder entlassen“, warf Tommy ein.

      Donna Leandra nickte.

      „Wir stehen am Anfang unserer Ermittlungen, alles ist noch offen.“ Caterina machte eine kurze Pause. „Nun, Ihr Mann war nicht irgendwer. Wenn man seine beachtliche Karriere so betrachtet, kommen viele Mordmotive infrage. Aber die Brutalität, mit der die Tat verübt wurde, lässt zunächst zwei Vermutungen zu: Entweder steckt die organisierte Kriminalität dahinter oder es handelt sich um persönliche Beweggründe.“ Caterina biss sich auf die Unterlippe, als hätte sie bereits eine genaue Vermutung, die sie nicht preisgeben wollte, um die Reaktion der Witwe zu testen.

      „Persönliche Beweggründe, absurd, welche persönlichen Beweggründe? Ein wunderbarer Ehemann und Vater, nicht perfekt, aber wer ist das schon, jedoch offen, loyal und zuvorkommend, zu allen.“

      Caterina hob die Augenbrauen und betrachtete die Witwe kühl.

      „Hat Ihr Mann in letzter Zeit Drohungen erhalten?“

      „Nein, nicht das ich wüsste. Er sprach nicht viel über seine Arbeit.“

      „Gab es sonst noch etwas, was Ihnen verdächtig vorkam.“

      Sie schüttelte den Kopf.

      Caterina warf erneut Tommy einen Blick zu. Der nickte nur, das sagte ihr, dass er keine Fragen hatte.

      „Nun, wie ich bereits sagte, es ist noch alles offen und ein Motiv, das mir bei solch einem brutalen Mord in den Sinn kommt, wäre Leidenschaft. Wenn ich mir seine Handykontakte so ansehe, so stehen dort erstaunlich viele Namen von Damen“, sagte Caterina.

      „Ein attraktiver Mann in einer Machtposition ist nun mal begehrt. Und jede Stimme zählt, Commissario“, antwortete die Witwe mit einstudiertem Lächeln.

      „Bitte verzeihen Sie die Frage, aber hatte er vielleicht eine Affäre, mit einer anderen verheirateten Frau? Ich muss diese Fragen leider stellen.“

      Donna Leandra schwieg.

      „Verstehen Sie, Signora Della Porta, das ist nicht der richtige Ort für falsche Scham. Als Frau kann ich Ihre Position verstehen. Aber als Ehefrau wäre ich weniger daran interessiert, das Andenken meines Mannes zu wahren, als seinen Mörder zu finden.“

      Donna Leandra schwieg weiter.

      „Darf ich Sie fragen – Signora Della Porta – wo sie heute Mittag zwischen ein und drei Uhr waren?“

      „Lächerlich, verdächtigen Sie mich jetzt etwa, das ist absurd“, fauchte sie. Sie winkte mit einer Handbewegung ab, als gäbe sie nichts auf die Theorien der Kommissarin.

      Was wussten deren klare Augen aus dem Norden, schien sie zu denken. Donna Leandra hob das Kinn und senkte den Blick. Mit den Fingern knetete sie das Leinentuch bis sich die mit rotem Faden aufgestickten Initialen so weit auseinander dehnten, dass man die Einstichlöcher sah.

      Vielleicht ein Einstichloch für jedes Opfer, das sie für den politischen Aufstieg ihres Mannes hatte bringen müssen: Seitensprünge, abgebrochenes Studium, Geld ihrer Familie.

      Caterina Calanca kannte diesen Gesichtasausdruck, für diese Frau brach eine Welt zusammen. Sie wusste was in ihr vorging.

      Eine Jugend, die sie anstatt ausgelassen zu feiern auf Parteiversammlungen mit alten, langweiligen Menschen verbringen musste, würde ihr niemand zurückgeben. Es war ein steiniger Pfad, bis die politischen Erfolge kamen, die dies alles kompensierten sollte. Dies war jetzt alles für immer verloren und den Verantwortlich für diesen Verlust würde man niemals fassen. Nicht mit dieser Kommissarin!

      Donna Leandra schluckte bitter und richtete ihr kinnlanges dunkelbraunes Haar. Ihr Blick wanderte zu den akribisch aneinandergereihten Codice in dem Regal rechts vom Holzschreibtisch, direkt unter dem Bild des Presidente Della Repubblica.

      Das Gesetz, von Menschenhand geschrieben, war für Caterina heilig.

      Das Gesetz, so wie es in den Büchern stand und nicht wie es nach Bedarf hingebogen wurde. Die dachte hier sperre man Verbrecher ein um sie mit einem Heiligenschein wieder zu entlassen. Ihr Vorgänger war da anpassungsfähiger, konnte es geschmeidig formen.

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