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einflößte. Ein wütender vermummter Mob versuchte dennoch bis ins Foyer des Bankgebäudes vorzudringen, was aber missglückte, denn ein aufmerksamer Wachposten hatte die Eingangstür aus Panzerglas rechtzeitig von innen verriegelt. Eine Sicherheitsvorkehrung, denn offensichtlich hatte man aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre gelernt und im Vorfeld mit Protesten von Bankkunden gerechnet. Man sah sich aber nicht in der Lage, die aufgebrachte Menschenmenge zu beruhigen. Die Losungen und Spruchbänder der Demonstranten beinhalteten Forderungen, wie “Nieder mit den Banken” oder “Banken in die Schranken”. Es gab aber auch vereinzelte Stimmen, die schuldige Bankmitarbeiter am Pranger sehen wollten, wenn sie ihr Geld nicht zurückbekamen. All diese Forderungen waren verbunden mit dem Verlust der Geldeinlagen und Sparbücher, die sie der Bank seit Jahrzehnten anvertrauten. Keiner der Anwesenden Demonstranten missbilligte das Verhalten der Banker in irgendeiner Form, die aus reiner Gier und Selbstherrlichkeit maßgeblich Kundengelder verzockten. Der Zorn der Demonstranten entlud sich in einer Gewaltspirale ungekannten Ausmaßes, die mit unverminderter Härte Einlass in jenes Bankhaus forderten. Erst jetzt begriff man den Ernst der Lage, mit denen sich die Bankmitarbeiter konfrontiert sahen. Die Lage spitzte sich auf dramatische Weise zu, als Charlotte sich unter die Menge der Demonstranten mischte. Mit jedem Schritt den sie nach vorn wagte, suchte sie den Halt in der Menschenmenge zu finden und einen Blick auf Kerstens Büro in einer der oberen Etagen zu erhaschen. Die Situation vor Ort wurde zusehends unübersichtlich, als die ersten Scheiben barsten und Gummigeschosse und Pflastersteine in Richtung des Bankgebäudes flogen. Unzählige neugierige Passanten und Schaulustige säumten zudem den Platz, so dass es für die eintreffenden Beamten der Hundertschaft unmöglich war, bis zu den gewaltbereiten Demonstranten vorzudringen. Der weitere Verlauf der Ausschreitungen entwickelte auch eine gewisse Eigendynamik.

      Charlotte stand jetzt unmittelbar neben einem vermummten Mann, der einen langen Mantel aus schwarzem Webstoff trug. Das Gesicht war mit einem schwarzen Halstuch verdeckt, so dass man nur die Augen durch einen eingearbeiteten Schlitz sehen konnte. Nahezu gelassen wirkte seine Anwesenheit in der Menschentraube gegenüber den Demonstranten, die lautstark und mit körperlichem Einsatz die Szene auf dem Bankenvorplatz beherrschten. Der Volkszorn der Massen entlud sich in einem Aufstand, wie einst die Touareg unter der Führung Gaddafis. Der in schwarz gekleideten Mann blieb fast regungslos stehen und beobachtete das Geschehen aus nächster Nähe, so als wäre er nur als Zuschauer zu dieser tumultartigen und gewaltbereiten Demonstration, gekommen. Doch plötzlich geschah etwas Unerwartetes, womit keiner der Anwesenden je gerechnet hätte. Aus seinem schwarzen Mantel zog der maskierte, unscheinbare Mann ein Jagdgewehr und legte zum Schuss an. Als Charlotte das Geschehen soeben bemerkte, begriff sie die ernstzunehmende Lage und versuchte im letzten Augenblick handgreiflich ihm das Gewehr zu entreißen, als sich kurz darauf ein Schuss aus dem Lauf der Gewehrsalve entlud. Das Geschoss durchschlug eine Scheibe im siebten Stockwerk des Bankgebäudes, wo zuvor noch ein Schatten am Fenster zu sehen war. In dem wilden Handgemenge gelang es Charlotte mit letzter Kraft dem Mann das Gewehr zu entreißen und an sich zu nehmen. Der Unbekannte, schwarz gekleidete Täter verschwand unterdessen unerkannt in der widerwilligen Menschentraube von Demonstranten, die sich schier endlos in alle Richtungen verzweigten, als der Schuss zu hören war. Mit dem Jagdgewehr in den Händen stand Charlotte immer noch schockiert in der Menschenmenge der Demonstranten, als sie für einen Moment innehielt. Zahlreiche entsetzte Blicke aus ihrem unmittelbaren Umfeld waren jetzt auf sie gerichtet, als sie fassungslos und zugleich irritiert nach oben zu dem Fenster im siebten Stock schaute, wo das Projektil offensichtlich sein Ziel erreicht hatte.

      Christian hatte die Nachricht von den gewalttätigen Ausschreitungen vor dem Bankhaus in der Frankfurter Innenstadt aus dem Radio erfahren. Seine Liaison zu Charlotte und eine Nachricht von ihr auf seinem Handy ließ ihn vermuten, dass sie sich unter die Demonstranten gemischt haben könnte. Noch bevor die Hundertschaft der Polizei das Gelände weiträumig absperrte, gelang es ihm bis auf zehn Schritte zu Charlotte vorzustoßen. Er hörte noch aus der Ferne die Gewehrsalve und sah dann Charlotte in einem nahezu hilflosen Zustand.

      >>Um Gottes willen, Charlotte was machen Sie hier… .<<, fragte Christian, der jetzt bis auf zwei Schritte hinter Charlotte stand.

      Ohne eine Antwort zu erhalten sah er das Gewehr, welches sie immer noch in den Händen hielt. Er fragte sich was hier vorging, fand aber keine passende Erklärung, um die Geschehnisse nachzuvollziehen. Mit seiner rechten Hand packte er Charlotte am Arm, die wie versteinert und fassungslos schockiert dastand.

      >>Kommen Sie Charlotte, wir müssen von hier verschwinden, eh die Polizei sie mitnimmt<<.

      Erst da begriff sie, was eigentlich passiert war. Ein Schuss hatte sich aus dem Gewehr gelöst, was nicht ihr gehörte. Sie legte das Gewehr auf den Straßenasphalt, umarmte Christian und sah die uniformierten im Hintergrund, wie sie die Menge der Schaulustigen von den Demonstranten trennte. Ohne ein Wort folgte sie Christian, der nach einem Ausweg suchte, eine Möglichkeit zur Flucht. Doch die Polizei hatte alle Fluchtwege und Zufahrtsstraßen bereits versperrt, so dass es unmöglich war, auf derselben Wegstrecke zurück zu kehren.

      >>Was machen wir jetzt?<<, fragte Charlotte mit angespannter Stimme.

      >>Wir müssen hier so schnell wie möglich verschwinden<<, entgegnete Christian aufgeregt.

      Die Polizei griff unterdessen rigoros durch und nahm einige der Demonstranten in Gewahrsam, die sich heftig wehrten. Doch dann geschah etwas völlig Unvorstellbares. Die Eingangstüren des Bankhauses öffneten sich, wodurch zahlreiche Demonstranten in das Bankgebäude gelangten. Dem Mainstream folgend, versuchten sie so bald als möglich, in die Nähe der geöffneten Pforte in das Bankhaus zu gelangen.

      >>Kommen Sie Charlotte, das ist unsere einzige Chance….<<.

      Kapitel 6

      Der Dienstag morgen begann in dem Bankhaus in Frankfurt am Main mit einem Paukenschlag, einer öffentlichen Sitzung zur Wertkapitalisierung der Bank, deren Aktienausgabekurs sich im freien Sinkflug widerspiegelte. Keiner der Anwesenden glaubte noch an eine Rettung oder Übernahme des verlorenen Portfolios. Denn fast jedem Bankmitarbeiter war augenblicklich klar geworden, was das im Einzelnen bedeutete. Die Marktkapitalisierung der Bankaktie an der Frankfurter Börse lag zu Handelsbeginn bei einem Ausgabepreis von knapp zwei Euro, was Hedge Fonds Manager von Großaktionären dazu animierte, auf weiter fallende Kurse zu setzen. So verzweifelt sich die Gesamtlage im einzelnem auch darstellte, so wollte zumindest keiner der Anwesenden vom rundem Tisch Stellung beziehen oder irgendwelche Kommentare dazu abgeben. Es war kurz nach zehn Uhr Ortszeit, als Kersten einen Anruf von Brian aus London entgegennahm.

      >>Der Aufsichtsrat in London hat soeben bekannt gegeben, dass eine Abspaltung der Bank in London von der Bank in Deutschland unverzüglich in Kraft tritt<<.

      >>Brian, das entzieht sich aktuell meiner Kenntnisnahme. Ein scheitern unserer Kooperation würde automatisch eine Lawine in Gang setzen, die auch die Kreditwürdigkeit der Mutterbank in London in Frage stellt<<.

      >>Kersten, Eure Probleme sind hausgemacht. Ihr allein tragt dafür die Verantwortung<<, erwiderte Brian.

      >>So weit ich mich erinnern kann, wurde uns auf der letzten Aktionärsversammlung vor knapp zwei Monaten die uneingeschränkte Loyalität durch die amtierenden Vorstandsmitglieder der Bank zugesichert<<.

      >>Kersten, was damals auf der Aktionärsversammlung zur Sprache kam, stand vor dem Hintergrund, dass Eure Bilanzen stets liquide und assimiliert verlaufen und etwaige Reputationsrisiken grundsätzlich ausgeschlossen sind<<.

      >>Was soll denn das jetzt heißen?<<, fragte Kersten völlig konsterniert.

      >>Das es aus ist mit der konformen Kooperation. Die Entscheidung wurde heute Morgen im Gremium des Aufsichtsrates in London bekannt gegeben<<.

      Kersten reagierte ziemlich gereizt auf die außerordentliche Konstellation und warf nach dem Telefonat sein Smartphone in den Papierkorb neben dem Schreibtisch im Büro. Er war sichtlich nervös, wütend und unkonzentriert, als er unmittelbar danach zum Fenster lief und die Jalousie einen Spalt breit öffnete, um die Demonstranten in Augenschein zu

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