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95 ROZ E10. Matthias Wermter
Читать онлайн.Название 95 ROZ E10
Год выпуска 0
isbn 9783742770509
Автор произведения Matthias Wermter
Жанр Зарубежная деловая литература
Издательство Bookwire
13. Stahlgießerei
Juli 2017 ... Wo ist nur das Wirtschaftswunder im Ruhrgebiet geblieben? Ich fahre die Hauptstraße aus Flickwerk und Armut in dieser abgewohnten Stadt voller gelungener Migration und niedergehendem Industriezeitalter. Mitten in der Stadt erhebt sich ein Symbol der ganz alten Industrie und des vergessenen Aufschwungs. Das Haupttor wurde vor langer Zeit geschlossen, um dem versteckten Lieferanteneingang eine neue tragende Rolle zuzugestehen. Der Parkplatz liegt hinten links und weiter geradeaus, nach dem langen letzten Gebäude rechts und komplett staubig ungepflastert tief im Werk. Es ist sehr einfach und mit größeren Schlaglöchern versehen. Das Verwaltungsgebäude schmückt sich stolz mit einer Erinnerungs- und Siegessäule der ersten Stunden hier im Herzen von Kohle, Stahl und Arbeit. Heute ist es einfach nur noch schrecklich. Wie nach ´45 gehe ich die Straße weiter und verharre kurz, um in einen offenen Gang hineinzuschauen. Als wenn seit langem kein Staub gewischt wurde, war diese Komposition aus grauem Beton, alter Wandfarbe, grüner Stahlspinde und tiefer Leere eine alte Schönheit, bereit auf klassischem Zelluloid gebannt zu werden. Während diese einst wegweisende Firma in den letzten 50 Jahren immer weiter vor sich hinstarb, hat sich der chinesische Konkurrent ein Herz genommen und ist auf immerhin straffe 30 Milliarden Umsatz gewachsen. Sicher, China ist ein anderer Markt im Aufschwung, doch wir sind hier in Deutschland, Land der Tüchtigen. Haben etwa die vielseitig und überall einsetzbaren Unwissenden und die joggend sportlich Aussitzenden übernommen? Dieses alte, furchtbare und depressive hatte System bei der amateurhaften und bösartigen Führung, die jeden kleinen Fehler beim Werker oft nicht nur findet, sondern förmlich danach sucht. Sie braucht die Minuten bei der täglichen Zeiterfassung, um bei den eigenen geringen 30 Millionen Umsatz und den großen 30 Milliarden bei der stetig wachsenden Konkurrenz abzulenken. Es ist nicht richtig, vom Unvermögenden und Mängeln anderer zu reden, wenn man selbst nichts dergleichen aufgebaut hat, doch seit dem Gang durch das Tor wurde man als Berater zu sehr beobachtet, als Fremder zu sehr bewertet und beurteilt. Diese Art und Weise dieser sehr ablehnenden Haltung Neuem gegenüber ergreift schnell einen selbst, sodass die Arbeit und die Aufgabe unwichtig werden. Ich war fremd in dieser Welt verirrter Personalpolitik, unterdrückter Migration und ausufernder Korruption. Meine beiläufige Frage nach der Abmahnquote bei den Werkern wurde mit großen überraschten Augen honoriert. Ein junger Abteilungsleiter grinste dabei breit. Das zu optimierende Berichtswesen fiel durch eine unsystematische Kostenrechnung auf. Die schnelle operative Anpassungsfähigkeit wurde durch tägliche Produktionsmittelentleihungen an Menschen und Material gewährleistet. Diese kurzsichtige Unwissenheit zeigte eindrucksvoll das agile Fertigungsmanagement mit ihrem 80-Seiten Bericht, das nicht mal den Wochendurchsatz ihres einzigen Produktes aus gegossenem Stahl ermitteln konnte. Kaizen kann aber nur mit mündigen Werkern durchgeführt werden. Die schlagkräftige und vorantreibende Motivation kommt von allein, wenn eigene Vorschläge beachtet, willig begrüßt und wenn auch nur teilweise umgesetzt werden, sodass das Ruhrgebiet wieder zu alter Größe aufleben kann. Meiner Meinung nach sollte, ganz neben der Optimierung des Berichtswesens, der Personalleiter nach Hause in die Frührente geschickt und zwei Geschäftsführer abgesetzt werden, sodass nur einer sinnvoll führt. (Warum werden immer drei Geschäftsführer für ein Ergebnis um die Null benötigt?) Die einzelnen Fertigungsstufen sind mit jeweils einem Bereichsleiter zu besetzen, unbenutzte Betriebsmittel sind zu desinvestieren, das Mittagessen sollte überdacht werden, die unnützen Überstunden sind zu senken. Die Fabrik ist vom Staub zu säubern, die Verantwortung ist in die Linie zu bringen und den arbeitswilligen Mitarbeitern ist freier Raum zur Entfaltung der Unternehmung, ihrer Region und ihrer Branche zu geben. Ich weiß, das hört sich schon abgehoben an, doch bedenkt die 0,02 % Umsatzrendite. Es gibt eine Verbindung von Unfähigkeit und vielen längst ausgebrannten Vorständen, die von den Besitzern als das nicht erkannt werden. Ist deren Urteilsvermögen über die Möglichkeiten der eigenen Unternehmungen so drastisch schlecht? Sind sie abgelenkt? Nein, das nennt man nur Korruption und volksparasitäre Asozialität von kleinen Geistern verpackt in einer Ruine aus Geschichte und Hoffnungslosigkeit. Ihr seid nur