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Mittelpunkt und sagte: »O.«

      »Sonne«, antwortete Saltner, indem er zugleich nach der Richtung hinzeigte, in welcher die Sonnenstrahlen auf der Oberfläche des Meeres spielten.

      Se nickte befriedigt, beschrieb dann mit ihrem Finger auf der Karte die Erdbahn und wiederholte den Namen der Erde: »Ba«, und, auf Saltner weisend: »Bat!« Dann aber wieder mit dem ganzen Stolz der Martier den Namen ›Nume‹ aussprechend, bezeichnete sie auf der Karte die Bahn des Mars und sagte mit einem hoheitsvollen Blick auf Saltner: »Nu.«

      »Der Mars!« Es kam fast tonlos von Saltners Lippen. Er merkte, wie sich alle seine Begriffe zu verwirren drohten. Hilflos sah er zu Se empor, die kaum seine Aufregung bemerkt hatte, als sie ihm schon bedeutete, sich niederzulegen. Zwar wollte er trotz der Mattigkeit, die er jetzt an sich spürte, aufspringen, um seine Wißbegierde weiter zu befriedigen, aber ein Blick, der keinen Widerstand zuließ, bannte ihn auf sein Lager.

      In diesem Augenblick öffnete sich die Tür des Zimmers, und in derselben erschien zusammengebeugt und schleppend, auf zwei Stäbe gestützt, die Gestalt des Arztes Hil. Kaum aber hatte Hil das Zimmer betreten, als er sich in voller Höhe aufrichtete, die Stäbe fortwarf und schnell auf das Lager zuschnitt. Er ergriff sofort Saltners Hand, und während er den Puls beobachtete, sagte er mit leichtem Vorwurf:

      »Aber Se Se, was machen Sie mir für Geschichten. Stellen Sie nur gleich die Abarie ab. Unser Bat muß seine richtige Erdschwere haben, sonst geht er uns ein, ehe wir ihn wieder kräftig sehn.«

      »Seien Sie nur nicht böse, Hil Hil«, lachte Se, »ich habe ihn ja so schön gepflegt und gefüttert – sehen Sie die Schüssel – 150 Gramm Eiweiß, 240 Gramm Fett und –«

      Hil sah nach der Federwaage, die sich unter jedem Speisegerät der Martier befand und sofort konstatierte, wieviel Nahrungsstoffe man auf dieselbe gelegt oder dem Körper zugeführt hatte.

      »Aber Sie haben die Schwere abgestellt, davon stand nichts in Ihrer Instruktion.«

      »Ja, Hil Hil, Sie können doch nicht verlangen, daß ich im Zimmer herumkriechen soll, wenn er wach ist.«

      »Ach so, die liebe Eitelkeit!«

      »Oh, vor dem Bat! Aber als er aufwachte, mußte ich doch schnell hin, und dann mußte ich die Pastete backen, und – ja, wenn Sie wüßten: Er heißt Saltner und ist kein Kalalek, sondern ein – ja, das Wort habe ich vergessen, doch ich zeige Ihnen auf der Karte die Gegend.«

      »Erst lassen Sie es schwer werden – aber halt, noch einen Augenblick, ich will mir zuvor einen Stuhl holen – so –«

      »Und ich will mich auch erst setzen«, sagte Se.

      Als beide Platz genommen hatten, griff Se an einen Wirbel, und Saltner sah, wie Se und Hil sichtlich in ihren Sesseln zusammensanken und ihre gelegentlichen Bewegungen mühsam und schwerfällig wurden. Er aber merkte, wie das eigentümliche Gefühl des Schwindels, das ihn beherrscht hatte, verschwand, seine Gliedmaßen konnte er wieder normal dirigieren, und er legte sich behaglich auf sein Lager zurück.

      Der Arzt sah ihn mit seinen großen, sprechenden Augen wohlwollend an.

      »Also man ist wieder lebendig?« sagte er, was Saltner freilich nicht verstand. Dann fügte er in der Sprache der Eskimos hinzu: »Versteht ihr vielleicht diese Sprache?«

      Saltner erriet die Frage und schüttelte den Kopf. Dagegen sagte er nunmehr selbst in der Sprache der Martier, was er von Se gelernt hatte:

      »Trinken – Wein – Bat gut Wein trinken –«

      Se brach in ihr feines, silbernes Lachen aus, und Hil sagte belustigt: »Sie haben ja ausgezeichnete Fortschritte gemacht – nun werden wir uns wohl bald unterhalten können.«

      Dabei wies er auf das neben Saltner stehende Trinkgefäß hin, und dieser bediente sich desselben mit Erfolg zu neuer Stärkung.

      Das Schicksal seiner Gefährten lag ihm am schwersten auf der Seele. Er versuchte noch einmal, darüber Erkundigungen einzuziehen, indem er einen Finger aufhob und dazu sagte: »Bat Saltner.« Dann erhob er drei Finger und suchte durch weitere Zeichen verständlich zu machen, daß drei ›Bate‹ mit dem Ballon angekommen und herabgestürzt seien.

      Hil, der zum ersten Mal einen Europäer sah, hatte seine Aufmerksamkeit mehr auf den ganzen Menschen als auf sein Anliegen gerichtet, und blickte jetzt fragend zu Se hinüber, als sich Saltner mit der von Se gehörten Anrede ›Hil Hil‹ direkt an ihn wendete.

      Se erklärte:

      »Er meint, daß drei Bate angekommen und in das Meer gestürzt sind. Wir haben aber doch nur zwei gefunden?«

      »Allerdings«, sagte Hil, »und dem andern geht es auch besser. Der Fuß ist nicht schlimm verletzt und wird in einigen Tagen geheilt sein. Ich habe mich durch La ablösen lassen, um einmal hier nach dem Rechten zu sehen. Ich glaube übrigens, daß er bei Bewußtsein ist, er hat wiederholt die Augen geöffnet, doch ohne zu sprechen. Hoffentlich hat er keine schwere Erschütterung davongetragen. Wir wollen ihn nicht anreden, um ihn nicht vorzeitig aufzuregen. Wollen Sie nicht einmal hinübergehen?«

      »Recht gern, aber wer bleibt bei Saltner?«

      »Der muß jetzt schlafen. Und dann müssen wir überhaupt eine andere Einrichtung treffen. Wir bringen sie beide zusammen in ein Zimmer, und zwar in das große. Aus der einen Seite lasse ich die abarische Verbindung entfernen, desgleichen in den beiden Nebenräumen. Dort werden ihre Betten und alle ihre Geräte hingebracht, so daß sie in ihren gewohnten Verhältnissen leben können. Und wir können uns dann bei ihnen aufhalten und sie studieren, ohne fortwährend unter diesem Druck umherkriechen zu müssen, indem wir uns in dem andern Teil des Zimmers die Schwere erleichtern.«

      »Schön«, sagte Se, »aber ehe Sie meinen armen Bat einschläfern, will ich noch einmal mit ihm verhandeln.«

      Sie wandte sich zu Saltner und machte ihm so gut wie möglich begreiflich, daß noch einer seiner Gefährten gerettet sei und daß er ihn bald sehen solle. Dann brachte sie auf geschickte Weise in Erfahrung, wie jener heiße, und ließ sich einige deutsche Worte so lange vorsagen, bis sie sich dieselben eingeprägt hatte. Während sie Saltner aus ihren großen Augen lächelnd ansah, streckte Hil die Hand gegen sein Gesicht aus und bewegte sie einige Male hin und her. Saltner fielen die Augen zu. Noch war es ihm, als wenn zwei strahlende Sonnen vor ihm leuchteten, dann wußte er nicht mehr, ob dies zwei Augen seien oder die Monde des Mars, und bald lag er in traumlosem Schlaf.

      7. Kapitel

      Neue Rätsel

      Grunthe erwachte aus seiner Bewußtlosigkeit in einem Zimmer, das ganz ähnlich eingerichtet war wie dasjenige, in welches man Saltner gebracht hatte. Denn es gehörte zu derselben Reihe von Gastzimmern, die für den vorübergehenden Aufenthalt von Martiern auf der Erdstation bestimmt waren. Auch er konnte von seinem Lager aus nichts erblicken als die großen Fensterscheiben, hinter denen das Meer wogte, und den Wandschirm, der den übrigen Teil des Zimmers verbarg. Dieser Schirm war ebenfalls mit einer Nachtlandschaft des Mars verziert, welche beide Monde des Mars zeigte – ein bei den Malern des Mars sehr beliebter Lichteffekt. Hier aber befanden sich außerdem im Vordergrund zwei Figuren, von denen die eine nach einem besonders hell leuchtenden Stern hinwies, während eine zweite das stark vergrößerte Bild jenes Sternes beobachtete, wie es von einem Projektionsapparat auf einer Tafel entworfen erschien.

      Grunthe suchte seine Gedanken zu sammeln. Er lag sorgfältig gebettet und in einem Schlafgewand, das nicht das seinige war, in einem erwärmten Zimmer. Seinen Fuß, der ihn übrigens nicht schmerzte, konnte er nicht bewegen; dieser befand sich in einem festen Verband. Er fühlte sich matt, aber vollständig bei Sinnen und ohne merkliche Beschwerden. Kopf und Arme, bis zu einem gewissen Grad auch den Oberkörper, konnte er willkürlich bewegen. Er war also nach seinem Sturz ins Wasser gerettet worden. Wo aber befand er sich, und wer waren die Retter?

      Die anfängliche Täuschung, daß er an der Stelle, wo der Schirm stand,

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