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geschlungen trug, hatte eine auf Erden wohl nicht leicht zu findende Farbe, ein helles, etwas ins Rötliche schimmerndes Blond, einigermaßen der Teerose vergleichbar; in bezaubernder Zartheit erhob es sich wie eine Krone über dem weißen, reinen Teint ihres feingebildeten Antlitzes. Die großen Augen, die allen Martiern eigentümlich sind, wechselten je nach der Beleuchtung von einem lichten Braun bis zum tiefsten Schwarz. Denn entsprechend den starken Helligkeitsunterschieden, welche auf dem Mars herrschen, besitzen die Bewohner desselben ein sehr weitreichendes Akkomodationsvermögen, und bei schwachem Licht erweitern sich ihre dunklen Pupillen bis an den Rand der Augenlider. Das Mienenspiel gewinnt dadurch eine überraschende Lebhaftigkeit, und nichts pflegte die Menschen mehr an den Marsbewohnern, nachdem sie sie kennengelernt hatten, zu fesseln als der ausdrucksvolle Blick ihrer mächtigen Augen. In ihnen zeigte sich die gewaltige Überlegenheit des Geistes dieser einer höheren Kultur sich erfreuenden Wesen.

      Wie eine leichte Wolke umhüllte ein faltenreicher weißer Schleier die ganze Gestalt und ließ nur den edel geformten Hals und den unteren Teil der Arme unbedeckt. Darunter aber schimmerten die Formen des Körpers wie in einen glänzenden Harnisch gekleidet; denn in der Tat bestand das eng anschließende Kleid aus einem metallischen Gewebe, das, obgleich es sich jeder Bewegung auf das bequemste anpaßte und dem leichtesten Drucke nachgab, doch einen Panzer von größter Widerstandsfähigkeit bildete.

      Das Buch, welches La der Bibliothek entnommen hatte, besaß wie alle Bücher der Martier die Form einer großen Schiefertafel und wurde an einem Handgriff ähnlich wie ein Fächer gehalten, so daß die längere Seite der Tafel nach unten lag. Ein Druck mit dem Finger auf diesen Griff bewirkte, daß das Buch nach oben aufklappte, und auf jeden weiteren Druck legte sich Seite auf Seite von unten nach oben um. Man bedurfte auf diese Weise nur einer Hand, um das Buch zu halten, umzublättern und jede beliebige Seite festzulegen.

      La schien es mit ihrem Studium nicht eilig zu haben. Sie hielt das Buch geschlossen in der nachlässig herabhängenden Hand und gab sich ihren Gedanken hin. Nach einiger Zeit begann sie die Lippen zu bewegen und Laute vor sich hin zu sagen, die ihr offenbar nicht geringe Mühe machten. Mitunter lachte sie leise vor sich hin, wenn ihr eines der ungewohnten Worte nicht über die Lippen wollte, oder es lief momentan ein Ausdruck der Ungeduld über ihre Züge. Sie repetierte ein Pensum, das sie für sich erlernt hatte. Aber nun blieb sie ganz stecken und sann eine Weile nach. Dann sagte sie für sich:

      »Es ist doch ein närrisches Kauderwelsch, das diese Kalaleks sprechen!«

      Jetzt erst erhob sie das Buch und ließ die Blätter mit großer Geschwindigkeit sich herumschlagen, bis sie die gewünschte Stelle gefunden hatte.

      Das Buch enthielt eine Zusammenstellung alles dessen, was die Martier bisher über die Lebensweise und Sprache der Eskimos hatten in Erfahrung bringen können. Durch die Eskimofamilie, welche sie aufgefunden hatten und auf ihrer Station ernährten, war es ihnen gelungen, die Sprache der Eskimos zu erforschen. Ja sie kannten sogar von einer Anzahl Worte ihre Darstellung in lateinischer Druckschrift; denn der jüngere der beiden Eskimos hatte sich eine Zeitlang auf einer Missionsstation in Grönland aufgehalten und war im Besitz einer grönländischen Übersetzung des Neuen Testaments, in welcher er zu buchstabieren vermochte. La studierte Grammatik und Wörterbuch der Eskimos oder ›Kalalek‹.

      Nachdem sie wieder eine Reihe von Worten und Redensarten vor sich hingesagt hatte, fiel ihr ein, ob sie wohl auch die richtige Aussprache getroffen habe. Die Prüfung war leicht; sie brauchte nur die Empfangsplatte des Grammophons auf die betreffende Stelle des Buches zu legen, um den Laut selbst zu hören; denn das Buch enthielt auch die Phonogramme der direkt vom Mund der Eskimos aufgenommenen Worte. Aber das Grammophon, welches die Phonogramme hörbar machte, befand sich in dem Schrankaufsatz des Tisches, und sie hätte sich zu diesem Zweck vom Sofa erheben müssen; das war ihr zu unbequem.

      Ach, dachte sie, es ist doch eine zu ungeschickt eingerichtete Welt! Daß man noch nicht einmal so weit ist, daß der Selbstsprecher zu einem hergelaufen kommt!

      Das Grammophon kam aber nicht. La blieb also liegen und begnügte sich, das Buch neben sich auf einem Tischchen zu deponieren.

      Es ist wirklich recht überflüssig, spann sie ihren Gedankengang weiter, sich mit der Eskimosprache soviel Mühe zu geben. Diese Eskimos sind doch eine traurige Gesellschaft, und der Trangeruch ist unerträglich. Sicher ist die große Erde auch von Wesen feinerer Art bewohnt, die vermutlich eine ganz andere Sprache reden. Weiß doch sogar unser junger Kalalek mit Erstaunen von der Weisheit seiner frommen Väter zu erzählen, die ihm das Buch in der seltsamen Schrift gegeben haben. Wenn wir erst einmal Gelegenheit fänden, mit solchen Leuten zu verkehren, das möchte sich vielleicht eher lohnen. Was mag das für ein Luftballon gewesen sein, der heute über die Insel hinzog und dann in der Höhe verschwand? Da waren doch gewiß keine Eskimos darin. Was mag aus den Luftschiffern geworden sein?

      La blickte empor. An der Wand war die Klappe des Fernsprechers mit leichtem Schlag niedergefallen.

      »La, bist du da?« fragte eine weibliche Stimme in dem halblauten Ton der Martier.

      »Hier bin ich«, antwortete La in ihrer tiefen, langsamen Sprechweise. »Bist du es, Se?«

      »Ja, ich bin es. Hil läßt dich bitten, sogleich hinüber in das Gastzimmer Nummer 20 zu kommen.«

      »Schon wieder hinaus in die Schwere. Was gibt es denn?«

      »Etwas ganz Besonderes, du wirst es gleich sehen.«

      »Müssen wir ins Freie?«

      »Nein, du brauchst keinen Pelz. Aber komm gleich.«

      »Nun gut denn, ich komme.«

      Die Klappe des Fernsprechers schloß sich.

      La erhob sich und glitt in ihrem schwebenden Gang der Tür zu. Sie öffnete sie mit einem leisen Seufzer, denn sie ging nicht gern über die Korridore, auf denen die Erdschwere herrschte, so daß sie nur gebückt einherschleichen konnte.

      Aber sie war doch neugierig, was auf der Insel Besonderes passiert sein sollte. Waren neue Gäste vom Mars gekommen? Oder hatte sich der Ballon wieder gezeigt?

      *

      Als der zertrümmerte Ballon ins Meer stürzte, hatten die Martier der Insel bereits ihr Jagdboot bemannt, auf welchem sie das Polarbinnenmeer zu durchforschen pflegten. Eine von Akkumulatoren getriebene Schraube erteilte ihm eine außerordentliche Geschwindigkeit. Sechs Martier unter Führung des Ingenieurs Jo hatten in demselben Platz genommen; auch der Arzt der Station, Hil, befand sich dabei. Alle trugen die Köpfe in einer helmartigen Bedeckung, die ihnen sowohl ihre Bewegungen in der Luft erleichterte, als auch zugleich als Taucherhelm im Wasser diente. Die Helme waren nämlich aus einem diabarischen, das ist schwerelosen Stoff und hatten daher für ihre Träger kein Gewicht. Zugleich enthielten sie in ihrer Kuppel einen ziemlich bedeutenden luftleeren Raum, so daß sie eine, freilich nur geringe Zugkraft nach oben hin ausübten. Dennoch genügte dieselbe, wenigstens das Gewicht des Kopfes soweit zu mindern, daß die Muskeln des Nackens entlastet wurden und die Martier ihren Kopf fast ebenso frei wie auf dem Mars zu bewegen vermochten, wenn sie auch sonst von dem ihnen ungewohnten Körpergewicht bedrückt wurden. Eben deshalb trugen sie Taucheranzüge, um schwere Arbeiten möglichst in das Wasser zu verlegen. Denn hier nahm ihnen natürlich der Auftrieb des Wassers die Last ihres Körpergewichts ab.

      Schnell näherte sich das Jagdboot dem Ballon, der von den Spuren des in ihm noch enthaltenen Wasserstoffes und der Luft, die sich unter ihm verfangen hatte, auf dem Wasser schwimmend erhalten wurde. Um zu dem von der Seide des Ballons bedeckten Korb zu gelangen, tauchten die Martier unter und drangen vom Wasser aus unter den Ballon. Sie fanden sogleich die beiden verunglückten Menschen und schafften sie eiligst in ihr Boot. Sodann lösten sie die Gondel von ihren Verbindungen und bargen ihren gesamten Inhalt ebenfalls an Bord. Alles übrige ließen sie vorläufig treiben, da es ihnen zunächst darauf ankam, die aufgefundenen Menschen in ihre Behausung zu bringen.

      Saltner und Grunthe hatten außer der Verletzung, die sich letzterer bereits vor dem Absturz am Fuß zugezogen hatte, weiter keine Beschädigungen durch den Fall erlitten. Aber sie hatten sich nicht aus dem Wasser herausarbeiten können. Keiner gab ein

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