Скачать книгу

Bucks«, raunte John unbeeindruckt.

      »Wo willst du die 200 Bucks ausgeben, wenn nichts mehr von der Stadt übrig ist?«

      John blickte auf, aber nicht zu Porter Point, sondern zum ersten Stock vom Saloon, wo schwarze Vorhänge die Fenster verdunkelten. Ein sehnsüchtiger Blick.

      »Sprichst du jetzt für den Marshal?«

      »Ich spreche für Paradise City, dessen Gesetze ich vertrete«, sagte Porter Point und zeigte auf den 5-Zack-Stern an seiner Brust.

      »Bekomme ich vom Marshal oder von Paradise 200 Bucks, wenn Emma für immer verschwindet?«

      Porter Points Augen huschten zu Claire Taylor, die nicht weit von ihm stand und das Gespräch mitbekam, dann zu Dave Star, dem die Situation egal schien, dann zu Sherman Mayor, der seiner einzigen Tochter nachtrauerte, dann zu Ed Five, der bereits im Kopf zu überschlagen schien, wie man die Stadt verbarrikadieren könnte. Er zögerte mit der Antwort.

      John brummte abgeneigt und stieg auf.

      Er musste sich beeilen, ehe Emma Mayor zu viel Vorsprung aufbaute, denn er und sein Hengst hatten heute schon eine enorme Strecke auf sich genommen, um William Emerald aufzuspüren, halb zu skalpieren, nach Paradise City zu chauffieren und ins Totenreich zu überführen. Noch so ein Ritt durch die Gluthitze würde Mensch und Tier selbst dem Schöpfer gegenüberstellen.

      John wusste, wie auch Deputy Porter Point, dass Emma Mayor nur ein Ziel kannte, das sich auch noch mit dem des Pferdes deckte. Natürlich hätte sie auch zur Ranch ihres Vaters reiten können, nur 2 Meilen vor der Stadt, dem ausgetrockneten Dead Creek bis zum künstlichen Staudamm folgend, um dort im Hass ein paar seiner wertvollen Bisons abzuknallen, doch der Umgang mit dem Schießeisen dürfte dem fein erzogenen Mädchen schwerfallen. Sherman Mayor tat alles, damit seine Tochter Lesen, Schreiben und Klavierspielen lernte, enthielt ihr jedoch das wahre Leben vor, das auf Kämpfen, Schießen und Überleben basierte. Wenigstens Reiten konnte sie, wie jeder in den Staaten, außerhalb der Industrie- und Kolonialstädte an der Ostküste. Wer aus der Wiege fällt, landet im Sattel, heißt es im Grenzland.

      Eine kleine Staubwolke wanderte einige Meilen vor John weg von der Stadt. Er folgte dem Schauspiel und den frischen Spuren, die das weiße Pferd der Gang in die Steppe stanzte, ausgedörrte Wüstensalbeisträucher zertrampelnd. Sein schwarzer Percheron – ein Nachfahre des europäischen Ritterpferdes, voller Anmut, Stärke und Wucht, mit annähernd sechseinhalb Fuß Stockmaß und über 20 Zentner - musste nicht groß geleitet werden. Das Tier witterte den Artgenossen. Die Nüstern waren lüstern gebläht.

      Emma Mayor schien wild entschlossen. Sie legte keine Pause ein, selbst als es dämmerte, drosselte sie keineswegs das Tempo. Mit abnehmendem Licht und zunehmender Dunkelheit fiel es John immer schwerer, ihr optisch zu folgen. Er konnte bis auf wenige hundert Yards heranreiten, gab jedoch Acht, dass er seinen Hengst nicht bis ans Limit oder darüber hinaus trieb.

      Nach mehreren Stunden Verfolgung verlor er schließlich Emma Mayors Spur. Er stoppte seinen keuchenden Percheron, schloss die Augen und versuchte, mit seinen Ohren die Geräusche aus allen Richtungen zu orten. Bis auf vereinzelte Kojotenrufe, rasselnde Schlangen und das Abtragen der Landschaftsoberfläche durch den stetigen Wind, der sich an den langen Bergketten der weiten Täler brach, konnte er nichts vernehmen. Den allnächtlichen Temperatursturz nahm er erst jetzt wahr. Kälte kroch unter seine Kleidung. Einzig die Wärme des bebenden Hengstes schützte ihn vor der unerbittlichen Kälte. Zu gefährlich wäre ein Weiterreiten gewesen. Sie hätten stürzen können, mit John, der unterm Percheron begraben würde oder seinem Tier den Gnadenschuss versetzen müsste, um ihm die Qual siechender Zersetzung nach Verletzung zu ersparen. Er hätte sich Hengsthappen herausschneiden, sie überm Feuer rösten und die Flüssigkeiten – Urin und Blut – sammeln müssen, um bis zur nächsten, etwa 2 Tagesmärsche entfernten Stadt wandern zu können, wo er sich ein anderes Pferd hätte ergaunern müssen. Und das alles für 200 Bucks, die er nicht bekäme, weil ihm Emma Mayor entwischte.

      Er stieg ab, suchte an den schroffen Felsen eine windgeschützte Stelle, teilte sich mit seinem Tier den letzten Rest Adams Ale aus seiner Feldflasche, und wärmte sich an die Felswand gelehnt mit der Decke, die er stets im Sattel zusammengerollt mitführte.

      »Du bist nicht William«, schallte eine kratzige Stimme durch die Nacht.

      Der Hengst scheute kurz, beruhigte sich aber schnell, denn John machte keine Anstalten, überhastet aufzuspringen. Unter der Decke hielt er seinen Colt Thunderer schussbereit. Seine Augen suchten in der Dunkelheit nach Schemen.

      »Wer bist du?«, fragte die Stimme.

      John spannte den Hahn geräuschvoll, damit es der ungebetene Gast auch hörte. Der kürzere Abzugsweg würde den ersten Vorteil im Gefecht bringen.

      »Denkst du, ich nähere mich dir, ohne Rückendeckung?«, lachte die Stimme. »Noch bist du für mich lebend wertvoller als tot. Also, wo ist William?«

      »Von wem sprichst du?«, fragte John düster.

      Die Stimme feixte dreckig. »Du weißt genau, von wem ich spreche. Wir befinden uns hier in meinem Territorium. Wenn hier jemand nach William fragt, pissen sich die Ängstlichen ein und die Mutigen ducken sich weg.«

      Der Fremde trat an John heran und stellte sich vor ihn – die Arme in die Seite gestemmt. Ein Auge ruhte auf ihm; das andere versteckte sich hinter einer weißen Augenklappe, die sich von der Dunkelheit gespenstisch abhob.

      »Sag nicht, du kennst mich nicht?«

      John blieb sitzen. Die verborgene Mündung zielte auf den Fremden. »Gee?«

      Der Fremde lachte, was sich an den trostlosen Steilhängen brach. »So ähnlich. Robert White.« Er wartete eine Reaktion ab, doch von John kam nichts. »Robert White«, wiederholte er eindringlicher.

      »Nie von dem gehört«, bluffte John unbeeindruckt.

      »Der Anführer der White Horses«, versuchte es Robert White noch einmal und war ein wenig geknickt von der tatsächlichen Reichweite seines Renommees. Er zog seinen Revolver, ließ ihn aber am Arm baumeln. »Steck deine Waffe weg. Du wirst mich in der Dunkelheit ohnehin nicht treffen.«

      »Lassen wir es auf einen Versuch ankommen«, konterte John.

      Robert White grinste diabolisch. »Du gefällst mir. Hast du Lust an meiner Seite zu reiten?«

      »Und zu plündern und zu vergewaltigen und zu morden?«

      »Du kennst mich also doch?«, zeigte sich Robert White zufrieden. »Schluss mit dem Poussieren!« Er spannte seinerseits den Hahn. Sein Ton wurde grantig: »Was hast du hier verloren, Gringo?«

      »Ich raste.«

      Robert White schaute sich um, auch der nachtschwarze Percheron bekam wohlwollende Blicke. »Ein schönes Ross. Für unsere Streifzüge müsstest du es aber gegen ein weißes eintauschen«, er lachte schief, »sonst wären wir ja nicht mehr die White Horses.«

      Dann zielte er auf den Kopf des Percherons. »Liebst du dein Ross?«

      Johns Augen zogen sich zusammen. Er erhob sich langsam, immer mit dem Rücken an der Felswand. Unter der herabfallenden Decke kam der Colt Thunderer zum Vorschein, auf den Fetten Käfer gerichtet.

      »Endlich auf Augenhöhe«, kommentierte Robert White, der Käfer, genüsslich. »Runter vom Meer! Du bist kein Reisender, ohne Gepäck. Du bist kein Trapper, ohne Felle. Du bist kein Soldat, ohne Uniform. Du bist kein Marshal, ohne Stern. Du bist kein Bandit, denn sonst würde ich dich kennen. Wer bist du und was, beim Ingwer, machst du hier?«

      »Freunde nennen mich John

      »Sind wir Freunde, John

      »Feinde sind wir noch nicht«, John nickte auf den Lauf, der auf den Kopf seines Percherons zielte.

      »Ok, John, der keinen richtigen Namen hat«, senkte Robert White den Lauf, »erzähl mir von William.«

      John

Скачать книгу