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lese. „Heute Nacht ist eine Leiche im Atlantis River Side gefunden worden. Genaueres werde ich dir sagen, wenn wir uns treffen.“ Er tut sehr geheimnisvoll. Warum ist mir schleierhaft. Es interessiert mich erst einmal aber auch nicht.

      „Ja, ich komme hin und wehe es ist nicht wichtig.“, brumme ich noch und werfe den Hörer wieder auf die Gabel. Ich seufze laut auf und lasse meinen Blick auf die Uhr über der Eingangstür wandern. Wieso passiert immer alles vor acht Uhr morgens? Das Verbrechen schläft nie. Leider, höre ich die Stimme meines Mentors in meinem Kopf.

      Grummelnd mache ich mich wieder auf den Weg in die Küche. Das Marmeladenbrot werde ich auf jeden Fall noch zu Ende essen. Die Zeitung liegt noch immer neben meinem Teller. Sie wird dort auch weiterhin unberührt liegen. Mit meinen Gedanken bin ich schon bei dem, was mir Marcus sagen möchte. Eine Leiche im Atlantis River Side. Wenn das mal keine Werbung ist. Das Nobelhotel wird das wohl etwas anders sehen als ich. Es ist das Hotel der Stadt, in dem die Zimmer pro Nacht teurer sind, als meine ganze Wohnung im Monat kostet. Das verspricht auf jeden Fall interessant zu werden.

      Seit meinem Frühstück ist eine halbe Stunde vergangen und ich stehe wieder im Flur. Durch die Nachrichten, welche ich mir nebenbei angemacht habe, bin ich nicht schlauer geworden. Diese berichten von einer Leiche, bei der wohl eindeutig von Mord ausgegangen werden darf. Mehr war nicht zu erfahren. Ich hoffe sehr stark, dass Marcus mehr weiß.

      Meine Jacke überwerfend verlasse ich meine Wohnung. Das Telefon soll nicht noch einmal die Gelegenheit bekommen zu klingeln. Dazu ist es definitiv zu früh und ich bin nicht in der Stimmung mich mit anderen Menschen auseinander zu setzten.

      Draußen ist es dunkel, was um diese Zeit im Dezember ein vollkommen normaler Umstand ist. Ich gehe trotzdem zu Fuß. Mein Büro ist lediglich zwei Straßen entfernt. Marcus ist sicher noch nicht dort. Er konnte vorher schließlich nicht wissen, ob ich zusagen würde. Also konnte er sich auch erst auf den Weg machen, als ich zustimmte. Die Stadt ist um diese Uhrzeit ziemlich voll. So schnell ist dort kein Durchkommen, was mir ein wenig Zeit verschafft, um im Büro noch einen Kaffee aufzusetzen. Eines ist nämlich sicher: nur durch die frische Luft werde ich nicht so wach, wie ich sein sollte.

      Ich biege um die nächste Ecke und steuere ein altes Backsteingebäude direkt an. Ein neu aussehendes dunkelblaues Auto steht davor. Marcus ist doch schon da. Momentan bin ich der einzige Mieter in dem großen Haus. Ich glaube, das liegt daran, dass es von außen nicht einladend aussieht. Innen wurde es gerade erst renoviert. Was nützt einem ein tolles Büro, wenn man vor dem Gebäudefassade nur weglaufen möchte?

      Ich steige die vier Stufen zur Tür hinauf und schiebe die Glastür beiseite, um einzutreten. Wie ich sie hasse. Ich bin ein Grobmotoriker. Meine größte Angst ist es, sie auf dem Weg zum Büro oder hinaus kaputt zu machen.

      Mein Büro befindet sich den Flur entlang ganz hinten. Davor steht – wie bereits erwartet – ein großer, schlanker Mann mit braunen Haaren. Ich glaube kaum, dass sie von Natur aus braun sind. Marcus ist so alt wie ich. Ein gesundes grau ist also nichts Ungewöhnliches. Er trägt einen Anzug. In etwas anderem habe ich ihn noch nie gesehen. Selbst als wir beim Billard waren, kam er immer im Anzug. Ich habe nie gefragt, warum. Neben ihm steht ein kleiner, dickerer Mann. Von der Statur also genau wie ich. Er ist jünger, aber nicht sehr viel. Auch sein Haar ist braun. Ob es bei ihm Natur ist oder nicht, vermag ich nicht zu sagen. Ich wundere mich. Weiterer Besuch wurde mir gar nicht angekündigt. Mir soll es allerdings recht sein.

      Aus meiner Jackentasche hole ich den Schlüssel heraus und trete auf die Tür hinter den beiden Männern zu. Ein Schild mit der Aufschrift George Harris, Detektiv hängt an der Tür. Ich arbeite allein. Nur wenn mich ein Auftraggeber darum bittet, schalte ich mich auch mal in die Arbeit der Kriminalpolizei mit ein. Die meisten meiner Auftraggeber sind Privatleute. Nur selten habe ich mit Firmen zu tun. Da ich die meiste Zeit nicht in meinem Büro anzutreffen bin, hat meine Tochter mir eines dieser Mobiltelefone besorgt. Eigentlich will ich so einen modernen Schnickschnack nicht bei mir haben, aber für sie tue ich alles. Väter werden es mir nachempfinden können. Einen Computer für mein Büro habe ich mir auch nur wegen ihr gekauft. Mittlerweile muss ich allerdings zugeben, dass es sich durchaus um Investitionen handelt, welche sich gelohnt haben.

      „Morgen.“, brumme ich den beiden Männern zu, die sich daraufhin zu mir umdrehen. In meiner morgendlichen Gemütlichkeit schließe ich die Tür auf und überlasse, nach einem geschickten Griff zum Lichtschalter, den beiden Männern mit einer Geste den Vortritt in das Büro einzutreten.

      „Nehmen Sie doch Platz. Darf ich Ihnen ein Wasser anbieten?“ Ich deute auf die zwei Besucherstühle. Ich habe keinen Grund dieses Gespräch im Stehen zu führen. Lust habe ich darauf schon gar nicht.

      „Nein, danke. Wir wollen dich gar nicht lange aufhalten. Du musst sicher noch zum Tatort.“, meint Marcus und nimmt auf dem linken Besucherstuhl Platz. Er hat also einen Auftrag für mich. Das klingt gut. Gedacht habe ich mir das schon, als ich den anderen Mann gesehen habe. Dieser setzt sich auf den anderen Stuhl. Zu der Getränkefrage sagt er nichts.

      „Auch gut. Noch habe ich aber keinen Grund zum Tatort zu gehen. Was kann ich für dich tun?“, sage ich schulterzuckend. Es ist mir relativ egal, ob die beiden etwas trinken wollen oder nicht. Ich nehme mir allerdings ein Glas Wasser, bevor ich mich auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch fallen lasse. Der Kaffee wird also auf später verschoben.

      „Als erstes möchte ich dir Carl Dalton vorstellen. Die Tote im Hotel war seine Frau.“, beginnt der Anwalt. Schon jetzt kann ich mir vorstellen, auf was das Ganze hinauslaufen wird, lasse ihn aber weitersprechen. „Ich möchte dich nun bitten, den Fall zu klären. Meinem Mandanten liegt sehr viel daran, dass das Ganze schnell aufgeklärt werden kann. Und du kennst doch die Polizei in dieser Stadt.“ Ich habe es doch gewusst. Ich soll wieder einen Fall lösen, weil die Polizei dieser Stadt zu leicht im Dunkeln tappt und dabei war der Mord erst in der Nacht geschehen. Genau das ist mein Job. Als ich knappe zwanzig Jahre alt war, habe ich mich für diesen entschieden. Eine Entscheidung, welche ich nicht bereue, jedenfalls nicht bis vor kurzem. Seit einigen Jahren bin ich mir nicht mehr sicher, ob es wirklich noch ein Beruf ist, welchen ich ausführen kann. Bin ich nicht schon zu alt? Vielleicht. Einen Mord sollte ich schon lange nicht mehr aufklären. Das verspricht interessant zu werden. Ob ich nun schon zu alt bin für meinen Beruf, werde ich danach klären müssen.

      „Gibt es bereits Verdächtige?“, erkundige ich mich, während ich auf einem Zettel den neusten Fall notiere. Ich arbeite lieber mit handgeschriebenen Notizen, als mit dem Computer. Der Monitor starrt mich –schwarz wie er ist – von der Ecke meines Schreibtisches an. Anmachen werde ich ihn erst einmal nicht.

      „Offiziell noch nicht, aber du kennst das doch. Der erste Verdächtige ist immer der Ehemann.“, erläutert Marcus mit einem Seitenblick auf seinen Mandanten die Situation.

      „Mit Recht. Zumindest in den meisten Fällen.“, erwidere ich ohne von meinem Zettel aufzuschauen. „Gibt es Beweise für Ihre Unschuld?“, frage ich dann. Mit meiner Frage wende ich mich direkt an den anderen Mann. Er hat immer noch nichts gesagt. Und bewegt hat er sich auch nicht, seit er auf dem Stuhl Platz genommen hat. Trotzdem wirkt er sehr nervös. Das kann daran liegen, dass ich ihn nun direkt beschuldige. Er schaut kurz nervös zu seinem Anwalt, der allerdings mein Büro interessiert mustert.

      „Einen Beweis habe ich nicht, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich nichts getan habe.“ Seine Stimme ist sehr rau. Er gehört definitiv zu der Sorte Mensch, die in einer solchen Situation gern zur Zigarette greifen. Zu seinem Bedauern herrscht in meinem Büro Rauchverbot und zu meinem Bedauern muss ich mit den Ermittlungen ganz unten anfangen. Nur das Wort der Unschuld an einem Mord ist wohl die Reaktion von jedem – ob schuldig oder unschuldig. Ich muss mir auf jeden Fall auch noch andere Verdächtige suchen, die entweder schuldig oder unschuldig sind.

      „Gut, wo waren Sie denn während der Tat?“ Ich kritzele noch den Namen meines neuen Auftraggebers auf den Zettel, auf den ich auch schon den Fall notiert habe. Weitere Informationen, welche für meine Ermittlungen gut sind, schreibe ich darunter.

      „Ich war aus dem Hotelzimmer gegangen, da unser Wein leer war, wir aber noch etwas trinken wollten.“, erzählt er mit zitternder Stimme. Ich nicke

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