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ohne Erfolg. Er selbst konnte sich nicht vorstellen, morgens unrasiert das Haus zu verlassen.

      „Freut mich, Sie kennen zu lernen.”, sagte Karla und setzte ein verschwitztes Lächeln auf. Steffen nickte nur, während seine Augen wagten, einen Blick auf Karlas großen Busen in einem, zugegeben, sehr engem T-Shirt, zu werfen.

      „So!”, versuchte Zacharias das Schweigen zu unterbrechen. „Pass auf, Karla, wir haben dir hier einen Schreibtisch freigemacht, der entsprechende Kollege ist krank. Du kannst dich da ausbreiten.” Er ging zu dem Schreibtisch und nahm ein paar Akten an sich, die jemand eilig auf den Tisch geworfen hatte.

      „Hören die schon zu dem Fall?”, fragte Karla. Als Zacharias dicht neben ihr stand und den Computer einschaltete, nickte sie fast unmerklich in Richtung Steffen, der am anderen Ende des Raumes an seinem Schreibtisch saß und sich schon wieder in die Mappen, die sich dort stapelten, vertieft hatte. Jedenfalls tat er so.

      „Bist du dir sicher, dass es ihm nichts ausmacht, wenn ich diesen Schreibtisch benutzten würde. Ich meine ich kann auch woanders…!", flüsterte sie.

      „Nein, nein, das hier ist dein Schreibtisch. Das habe ich so beschlossen und Punkt. Aber die Akten, die hier lagen gehören nicht zu dem Fall. Keine Ahnung, wer die dort hingelegt hat.”

      „Habt ihr denn noch andere Mordfälle zu bearbeiten?”

      „Im Moment Gott sei Dank nicht. Anscheinend ist es den Mördern auch zu heiß und sie bleiben lieber zu Hause.”, antwortete er und lächelte. „Aber das kann sich ja bekanntlich sehr schnell ändern.”

      „Habt ihr schon Leute vernommen?”

      „Ein paar. Eine Frau, die ziemlich oft bei Frau Bahran war, ist schon hier gewesen. Ich hole dir gleich das Protokoll. Außerdem haben wir bereits über zwanzig angerufen, die nur ein einziges Mal oder nur wenige Male bei ihr waren. Das hat aber bis jetzt nichts gebracht. Mit den anderen wollte ich warten, bis du da bist.”

      Sie grinste. „Oh, das ehrt mich aber sehr. Und ihr seid fest davon überzeugt, dass es einer ihrer Kunden war, der sie umgebracht hat?”

      Zögerlich erwiderte er. „Na, ja. Kann man im Moment noch nicht wirklich sagen. Aber sie hatte sonst keine Kontakte und keine Verwandte. Außer ihrer Schwester. Die ist Freitag angereist. Wir haben schon mit ihr gesprochen. Viel Kontakt hatten die beiden nicht. Waren wohl zu unterschiedlich. Behauptet die Schwester jedenfalls. Trotzdem war sie ehrlich betroffen vom Tod ihrer Schwester. Sie selbst ist verheiratet, hat drei Kinder, führt ein völlig anderes Leben wie Frau Bahran und ich glaube, so richtig konnte sie mit der Berufung ihrer Schwester, als Geistheilerin, nichts anfangen.”

      Nachdenklich rieb sich Karla das Kinn. „Also, ich wäre auch skeptisch, wenn einer aus meinem näheren Umfeld so etwas anbieten würde. Außerdem gibt’s verdammt viele schwarze Schafe auf dem so genannten Isotherikmarkt. Vielleicht war es ja auch ganz anders, und der Mörder ist jemand völlig Fremdes. Oder ein Nachbar. Ein früherer Bekannter. Keine Ahnung. Oder ein Raubmord? Ein überraschter Einbrecher.”

      Zacharias schüttelte entschieden mit dem Kopf. „Nein, auf keinen Fall. Wir sind mit der Haushälterin noch mal alles durchgegangen. Es fehlt nichts. Aber du hast Recht, es muss nicht zwingend einer ihrer Kunden gewesen sein. Wir müssen einfach in alle Richtungen ermitteln. Zuerst wollen wir uns auf alle die konzentrieren, die Frau Bahran sehr häufig besucht haben. Das sind ungefähr zehn. Wenn du willst, können wir einige auch zu Hause besuchen.”

      Sie nickte. „Im privaten Umfeld geben die Menschen immer mehr von sich preis.”

      „Es gibt auch noch eine ganz wichtige Spur, die belegt, dass der Mord kein Raubmord war, sondern wahrscheinlich ein persönliches Motiv zugrunde liegt.”

      Zacharias reichte Karla eines der vergrößerten Tatortfotos und eine zusätzliche Lupe. Angestrengt sah sich Karla das Bild eine Weile an. „Was steht hier? Das Wort Nein?“

      Er nickte.

      „Was hat das zu bedeuten?”

      Zacharias zuckte ratlos mit den Schultern. „Ich habe nicht die geringste Ahnung. Aber es muss jemand geschrieben haben, der in einer sehr persönlichen Verbindung zum Opfer stand.”

      „Ja.”, gab Karla ihm Recht. „Es klingt fast wie ein Hilferuf. So als wollte jemand unbedingt etwas abwehren. Aber was nur?” Sie sah sich das Bild erneut an. „Ist das Blut? Die rote Farbe?” Sie schlug erschüttert eine Hand vor der Mund. „Hat das der Mörder mit Blut geschrieben?”

      „Ja, es ist das Blut seines Opfers.”

      „Gruselig! Übrigens, wäre es möglich, dass ich mir die Leiche ansehen könnte?”

      „Ja, natürlich. Am besten morgen früh. Lass uns jetzt einfach an die Arbeit gehen. Für heute Nachmittag habe ich übrigens noch einmal die Haushälterin herbestellt. Gertrud Häberlein. Eine treue Seele, die seit Jahren für Frau Bahran gearbeitet hat.”

      „Hast du nicht erzählt, dass sie die Leiche gefunden hat?”

      „Richtig, und ich glaube, den Schock hat sie immer noch nicht überwunden.”

      Karla betrachtete die restlichen Bilder vom Tatort. „Kein Wunder, bei dem vielen Blut!”, bemerkte sie. „Also los, worauf warten wir noch? Fangen wir an.”

      Kapitel 9

      Freitag, der 12. August

      Zuerst war sie ihm aufgefallen, weil sie so zitterte. Trotz der Hitze.

      Ihr ganzer Körper schien verkrampft zu sein und sie hatte ihre Arme um den Bauch geschlungen. Sie stand direkt neben ihm. Sonst hätte er das wahrscheinlich nicht bemerkt.

      Hans Schieferstein sah wieder zu seiner Frau. Sie fing leise an zu schluchzen, weil durch die geöffnete Tür der Friedhofskapelle eine wehmütiges Lied nach draußen klang.

      Time to say Goodbye. Wie passend, dachte er. Und wie traurig.

      „Kannten Sie Frau Bahran gut?”, sprach er flüsternd die Fremde an, die immer noch rechts neben ihm stand, wobei er gleichzeitig den Arm um die Schultern seiner Ehefrau gelegt hatte.

      Die junge Frau nickte. Wie alt mochte sie sein? Vielleicht um die dreißig?

      „Für uns hat sie auch so vieles getan. Meiner Frau hat sie ein ganz neues Leben geschenkt.” Er blickte zu ihr und auch Marianne sah sie an und ihr Tränenstrom versiegte für eine Weile. Das Lied war zu Ende. Gleich, es würde nicht mehr lange dauern, würden die engsten Verwandten aus der Kapelle strömen und die wartenden Trauergäste würden Frau Bahran auf ihrem letzten Weg begleiten, bis ihr Sarg in das Grab gelassen wurde. Er schluckte bei diesem Gedanken.

      „Was schätzen Sie, wie viele Menschen sind heute hier?”, fragte ihn jetzt die Frau neben ihm. Ihre Stimme zitterte leicht. Sie tat ihm leid.

      „Mindestens zweihundert.”, antwortete er. „Kein Wunder, so beliebt wie sie war.”

      Die Frau nickte erneut. „Sie sagten, sie hat Ihrer Frau geholfen?”

      „Ja, meine Frau war schwer krank. Fibromyalgie!”

      „Oh!” Sie wirkte betroffen, aber er war sich nicht sicher, ob sie wusste, was das für eine Krankheit ist. Die meisten Menschen wussten es nicht.

      Aber er scheute sich, einer Fremden die genauen Beschwerden und Schmerzen seiner Frau zu erklären, schon gar nicht in ihrem Beisein. „Das ist eine Faser-Muskel-Erkrankung.”, sagte er nur. Marianne Schieferstein lächelte scheu. Obwohl die Krankheit wahrlich nicht zum Lächeln war. „Unglaublich schwere Schmerzen an der Muskulatur und den Gelenken bis zur völligen Erschöpfung.” Sie drückte den Arm von Hans. „Wenn ich meinen Mann nicht gehabt hätte. Und Madame Bahran.”

      Die Frau hatte interessiert zugehört. „Und Frau Bahran hat Sie geheilt?” Ihr Zittern hatte nachgelassen und sie kramte in ihrer Handtasche um ein Taschentuch herauszuziehen.

      Plötzlich

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