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"dein Gott, ist drinnen bei dir" (Zefanja 3,17) Spirituelle Profile. Markus Roentgen
Читать онлайн.Название "dein Gott, ist drinnen bei dir" (Zefanja 3,17) Spirituelle Profile
Год выпуска 0
isbn 9783752969764
Автор произведения Markus Roentgen
Жанр Философия
Издательство Bookwire
1272 geht Thomas nach Neapel. Berufen zum 2. Konzil von Lyon (1274) und unterwegs dorthin bereitet er sich in Fossa nuova zum Sterben. Er lässt sich nur noch aus dem „Hohen Lied – dem Lied der Lieder“ vorlesen. Am 7. März 1274 stirbt er dort. Wurde noch 1277 sein Denken durch den Bischof von Paris verurteilt, so sprach ihn die Kirche 1323 heilig. Seit 1567 ist er zum Kirchenlehrer erhoben worden.
Chesterton schreibt über ihn: „St. Thomas wirkte wie ein sehr großer, schwerer Bulle, mächtig, langsam und ruhig, sehr mild und großmütig, aber nicht sehr umgänglich; abgesehen von der Demut der Heiligkeit, war er von Natur aus scheu und geistesabwesend, auch außerhalb seiner gelegentlichen und sorgfältig verborgenen Erlebnisse mystischen Entrücktseins.“31.
31 Chesterton, S. 12.
Philosophie, Theologie und Spiritualität
Thomas von Aquin versöhnt das Denken des Aristoteles mit dem Christus des Glaubens. Er gibt, ähnlich wie Franziskus und doch in der Art ganz anders, der Kirche, der Theologie und dem Glauben der Menschen in neuer Leuchte das Geheimnis der Menschwerdung Gottes zurück und schenkt der Erde somit ihre tiefste Gottverbundenheit in Art und Weise seines Denkens wieder. Er bewahrt dabei das theologische Denken vor jeglichem platonischen Hochmut, der mitunter bis in unsere Tage grassiert, denn er fundiert alles Gedachte in den Konkretionen, in der Materie, im Leib, in der Erde. Keine Idee ist bei ihm rein und ewig überzeitlich einfach da! Nein, die Sinne und das Sinnfällige sind ihm Fenster der Seele und aller Geist ist eingewoben in Materie, Geschichte, Zeit! Thomas bestand darauf, dass Gott und das Ebenbild Gottes, der Mensch, sich durch die Materie mit einer konkreten Welt verbunden hat.
Er schreibt: „Das Wort Gottes hat Leib und Seele miteinander vereint angenommen. So hat diese Annahme Gott zum Menschen und den Menschen zu Gott gemacht. (…) Ich kann sagen: beides, Gott und Mensch, sei Gott – wegen des annehmenden Gottes; und beides, Gott und Mensch, sei Mensch – wegen des angenommenen Menschen.“32
32 Summa III, 50,4 ad 1; Summa III, 17, 1 ad 1; zitiert auf Deutsch nach Thomas, Sentenzen, S. 284f.
So hat Thomas der Kirche und der Theologie die volle Bejahung unseres Leibes, unseres Fleisches, ja der gesamten Materie zurück gegeben, welches gipfelt im wunderbarsten Glaubensgeheimnis der Kirche: im Dogma von der Auferstehung des Fleisches als Hoffnung der vollen und vollendeten Wiederherstellung des Entstellten und Sterblichen und Toten bis hinunter ins Anorganische.
Kein Wunder, dass seine großen Dichtungen und Lieder deshalb auch der Eucharistie, also Gott in den Gestalten von Brot und Wein und, im Geheimnis der Fußwaschung Jesu Christi, Gott in Antlitz und Gestalt jedes konkreten Menschen im Geflecht von Ich-Du-Wir, gewidmet sind. Darin feiert der Denker den Glauben des Christen, der im Tiefsten darin gründet, dass Gott in seiner unfasslichen Heiligkeit sich mit der Materie, mit der Körperlichkeit, mit der Leiblichkeit allen Seins verbunden hat und in die Welt der Sinne wirklich eingetreten ist.
Im Denken des Thomas von Aquin wird das Leben voll bejaht! Die damit einhergehende Bejahung der Materie ist darin kein neuzeitlicher Materialismus, welcher alles Sein auflöst in zufällige Bestandteile, Elementarteilchen, chemische Partikel des Seienden. Sein in der Materie gründendes Denken ist demütiges Denken „a Creatore“, eine Bejahung also des Leiblichen, des Körpers im Sinne der tiefen Bedeutung der Erschaffung des Leibes und alles dessen, was ist, rückgebunden an den Schöpfer, den Thomas schön beim ureigenen Namen nennt, der da heißt: „Ich-Bin“33 (vgl. Ex 3, 14)
33 Vgl. Chesterton, S. 85.
Sein Denken hat das Ziel, der Vernunft so weit zu folgen wie sie reicht und ihre Grenzen darin zu bestimmen. Er folgt darin dem Grundsatz, der sehr zeitgemäß uns erscheint: „Alles, was der Intellekt enthält, ist zunächst in den Sinnen gewesen.“ (Vgl. Chesterton, S. 116). Unsere fünf Sinne sind also die Fenster zu Welt und selbst. Und nun beginnt er, bei der Frage nach G O T T, seiner zentralen Erkenntnis leitenden Frage, die als „erste ins Reine zu bringen sei“ (Vgl. den Eingang seiner „Summe“), nicht mit der Idee Gottes, vielmehr fragt er gleichsam kinderschwer nach elementaren Erkenntnissen, die bereits das Kind, vorphilosophisch, weiß, auf die sich weiteres Denken wirklich gründen kann.
Und nun kommt etwas, was dem Alltagsverstand des Menschen lächerlich banal erscheinen wird, was jedoch der philosophischen Disziplin bis heute nachhaltigstes Grübeln verursacht. Sind unsere Sinnenerkenntnisse und die daraus abgeleiteten Worte und Sätze überhaupt solche über Wirkliches und Wirklichkeit – oder sind sie Einbildung und Schein, Trugbild, Selbstspiegelung, Sprachspiel, gesellschaftlicher Kompromiss, Konvention etc.?
Thomas insistiert darauf, dass das elementare Wirklichkeitswissen bereits des Kleinkindes, vor aller Bezeichnung, vor aller erlernten Benennung, ist, dass
etwas ist.
„Da!“ ruft das Kind, und kann es nicht sprechen, greift es nach „Da!“ Kann es nicht sehen, fühlt es „Da!“ Kann es nicht hören, sieht es „Da!“ – Sind alle Sinne beschädigt, und es lebt doch, fühlt es den Herzschlag und das Atmen „Da!“
Der befreiende Ausgang dieses Denkens ist so schlichtwunderbar: „Es ist ein ist!“34
34 Vgl. Chesterton, S. 120.
Alles Weitere baut sich von hier auf – an dieser seiner Zweifelsfreiheit am Dasein des Seins selbst! Und selbst alle Auflösungen von Statischem ins Werden (etwa wie das Wasser ins Fließen, ins Kalte und Warme und Gasförmige etc.) sind stets nur eine Seinsprägung in unserer beschränkten Wahrnehmung, welche die Fülle und das Gesamt des Seins niemals sinnlich fassen kann, jedoch vom ist des „etwas ist und nicht vielmehr nichts“ mit Vernunftgrund darauf schließen kann, dass die Fülle und das Gesamt des Seins alles in sich ist und enthält, was sein kann!
Hieraus erwächst ein erstaunlicher Optimismus im Blick auf alles, was ist. Mit Augustinus, dem er ansonsten auch oft widerspricht, denkt er: „Sofern etwas ist, ist es gut!“ (Augustinus, Confessiones VII, 3, 4). Dies knüpft an den wunderbaren Satz der Heiligen Schrift, aus dem Buch der Weisheit 11, 24: „Du liebst alles, was ist, und verabscheust nichts von alledem, was du gemacht hast; denn hättest du etwas gehasst, so hättest du es nicht geschaffen…Gott, Du Freund des Lebens.“ So ist er mit jedem Hälmchen Gras mit dem verbunden, den er Gott nennt. Denn alles was ist, sofern es ist, führt er zurück und hin zu Ausgang und Ziel, Anfang im Ende und