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verweise ich bei dieser Gelegenheit in aller Bescheidenheit darauf, dass neben ihm auch noch eine ganze Reihe anderer Fußballer aus Kaiserslautern das WM-Finale bestritten: Sein Bruder Ottmar Walter, Eckel, Kohlmeyer, Liebrich. Ach, man könnte ins Schwärmen kommen...

      Ich möchte dich gerne einladen, einmal einen Abend bei einem Fußballspiel unter Flutlicht im Fritz-Walter-Stadion zu verbringen. Für dich, als Gießener, bestimmt eine unvergessliche Erfahrung.

      Viele Grüße von Felix.

      Lieber Jobst Jürgen,

      kann es sein, dass du zuweilen empfindlich bist? Mit dem Hinweis auf die glanzvollen Zeiten der großen Walter-Elf und das Fritz-Walter-Stadion wollte ich nun wirklich nichts gegen die fußballerischen Qualitäten des Gießener Fußballvereins ’VFB 1900 Gießen’ gesagt haben.

      Wie sollte ich auch ahnen, dass dein Herz so sehr an deinem Heimatverein hängt, dass du an Tagen von Heim- oder Auswärtsspielen mit einem entsprechenden Schal herumläufst?

      Wir Pfälzer sind auf die Erfolge des FCK, auf das Stadion auf dem Betzenberg, auf die unvergleichliche Atmosphäre schon vor und während der Spiele einfach stolz.

      Aber keine Sorge. Du darfst den Schal deines Vereins gerne auch dann tragen, wenn wir uns zusammen ein Spiel auf dem Betzenberg ansehen. Nur wird sich möglicherweise manch einer fragen, ob du dich vielleicht im Stadion geirrt hast.

      Schon wenn du am Hauptbahnhof ankommst (und ich hoffe, dies wird bald der Fall sein) und aus dem Zugfenster blickst, taucht weit oben der sagenumwitterte, längst legendäre Berg und das ihn krönende Stadion auf. Wie soll ich dir den Anblick beschreiben? Glaube mir: Worte müssen hier versagen.

      Schon von weitem strahlt der Berg seinen Ruf als Festung aus. Noch liegt das Stadion still und verlassen da. Doch die Ruhe ist trügerisch und nur die Ruhe vor dem Sturm…Es scheint, als warte der Betzenberg nur darauf, dass wieder ein vermessener Gegner im Mannschaftsbus vorfährt – ein echter Fan pilgert zu Fuß hoch! – um sich die verdiente Strafe für seinen Übermut einzuhandeln.

      Noch liegt er still und scheinbar friedlich da, noch hört man nichts, noch wehen keine Fahnen. Doch schon bald werden Scharen aufbrechen, in die Vereinsfarben gekleidet, mit rot-weißen Schals umhüllt, große Fahnen schwenkend.

      Bald schon wird sich das Stadion immer schneller füllen, bis es so viele Zuschauer fasst, dass man damit die halbe Stadt füllen könnte, bis sich dann jene unbeschreibliche Stimmung Bahn bricht, über die immer wieder berichtet wurde.

      Wer glaubte, diese ’heilige’ Bastion pfälzischen Sportes in Hoffart einnehmen zu können, sieht sich schnell getäuscht. Wer hier aufläuft, der spielt nicht gegen 11 Mann, der hat Zigtausende gegen sich, die wie EIN Mann hinter ihrer Mannschaft stehen.

      Schon erheben sich erste Schlachtgesänge, breiten sich im Stadionrund aus, bis die heimische Mannschaft unter ohrenbetäubendem Tosen der Fans einläuft und sich rüstet, den Gegner nach allen Regeln der Fußballkunst hinwegzufegen.

      Immer, wenn ein Tor fällt – und welche Tore fielen hier schon – denke nur an die vernichtenden Niederlagen des FC Bayern und von Real Madrid – bebt der Betzenberg, das Stadion scheint die Begeisterung kaum noch fassen zu können.

      Nun ist wahrlich der Teufel los, bzw. die Teufel: Die roten Teufel. Wenn ich sage, dass der Betzenberg ’bebt’, so sind das nur stammelnde Ausdrücke für das, was sich dann hier oben abspielt. In der Tat ist das Beben bis weit in die Stadt und darüber hinaus zu hören und wieder einmal muss ein Gegner lernen, wer hier Heimrecht hat.

      Ach, Jobst Jürgen...Nun hat mich die Begeisterung etwas fortgerissen.

      Nächstes Mal mehr, Gruß Felix.

      3. Kapitel

      Lieber Cousin,

      es scheint, mit der Schilderung der ’Betze’-Atmosphäre habe ich dich etwas erschreckt?

      Du fürchtest, du würdest dir inmitten einer fanatisierten Menge etwas verloren vorkommen, gar das Opfer unberechenbarer Freudenausbrüche werden?

      Nein, das ist unbegründet. Auch du mit deiner eher nüchternen Veranlagung eines Historikers wirst erfahren, wie schön es sein kann, einfach in der Menge aufzugehen. Notfalls behilfst du dir mit einem Kunstgriff, stellst dir vor, die roten Teufel wären dein Heimatverein. Du wirst sehen, wie schnell du dann außer Rand und Band bist.

      Ich weiß nicht, warum mir in diesem Zusammenhang der Ausdruck ’Pfälzer Krischer’ einfällt. Als erste Einstimmung eine Erklärung: ’Krischer’, dieses Wort kommt von ’Kreischen’, hochdeutsch auch ’Schreien’ genannt. Glaube mir, die lautstarken FCK-Anhänger trugen und tragen erheblich zum Mythos Betzenberg bei. Du darfst hier keine norddeutsch-unterkühlten oder gar schüchtern-spröden Fans erwarten. Der Betze bebt! Ein Erdbeben ist nichts dagegen

      Viele Grüße Felix.

      Guten Tag Jobst Jürgen,

      nun bin ich aber überrascht: Kann es sein, dass du manchmal zu philologisch vorgehst? Der Ausdruck ’der Betze bebt!’ war nicht wörtlich zu nehmen. Wie kommst du darauf? Vielleicht hätte ich den Zusatz ’Ein Erdbeben ist nichts dagegen’ besser weggelassen.

      Ich wollte damit natürlich nicht auf seismographisch bedenkliche Zustände unseres geliebten Berges anspielen. Ich weiß, dass du ein bodenständiger Mensch bist. Du brauchst, wenn wir zusammen den Betzenberg besteigen, nicht zu befürchten, dass du den Boden unter den Füssen verlieren wirst, sich unter uns ein Abgrund oder eine Erdspalte auftut und du am Ende nach Gießen überführt werden musst.

      Berichte, nach denen Seismographen zu Zeiten von FCK-Heimspielen besondere Erdaktivität registrieren sollen, entbehren jeglicher Grundlage. Auch ist der Aufstieg zum Berg ganz leicht. Man braucht weder Spezialschuhe, noch Steigeisen.

      Nicht nur der Betzenberg, auch das Umland wird dich hinreißen, befinden wir uns doch mitten im Pfälzer Wald: Dem größten zusammenhängenden Waldgebiet Deutschlands!

      Vergiss nicht, festes Schuhwerk mitzubringen. Wir haben sicher genügend Zeit für Wanderungen durch lichtdurchflutete Mischwälder und Hügellandschaften.

      Schon auf der Fahrt nach Kaiserslautern (wäre es übrigens möglich, dass du mir für deine Ankunft schon mal einen ungefähren Zeitraum nennst?) wirst du sehen, wie sich die Landschaft erheblich von der Vorderpfalz unterscheidet:

      Ist es dort flach, so siehst du hier Erhebungen und schroffe Felsen, herrlich urwüchsige Wälder und Gesteinsformationen und alleine schon die Luft wird dir gut tun. Kaum bist du hier, spürst du, wie du wieder tief und leicht atmen kannst, wie frische, gesunde Luft dich durchströmt, dein Kopf leichter wird, alle Müdigkeit und Schwere von dir abfällt. Ein wahrer Jungbrunnen sage ich dir.

      Lautern wird dich läutern − auch gesundheitlich. Du siehst, ich werde immer mehr zum Lauterer.

      Viele Grüße Felix.

      Jobst Jürgen,

      anstatt dass du mir mitteilst, wann du in etwa zu kommen gedenkst, bringst du Bedenken vor, der Aufstieg ’bis zum Gipfel des Betzenberges’ würde dich möglicherweise physisch überfordern. Sollte meine begeisterte Schilderung dich zu der Vorstellung verleitet haben, dich erwarte so etwas wie die Besteigung der Zugspitze oder des Nanga Parbat, so kann ich dich gleich wieder beruhigen. Wir reden hier von keinem Drei- oder Achttausender! Die Höhe hält sich in Grenzen.

      Vielleicht ist es aber einfach die Scheu vor großen Menschenmassen? Ich kann mir unschwer vorstellen, dass die Ränge deines heimischen Stadions selten so große Zuschauerzahlen anziehen. Du bist es einfach nicht gewohnt. Das wird sich aber

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