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lassen. Das Leben hatte so viel zu bieten, man musste nur zugreifen!

      »Karl, kannst du mal schauen?«, fragte Sophie mit diesem hilflosen Gesichtsausdruck, den er so liebte.

      »Was ist denn, mein Engel?«, fragte er, als er das Wohnzimmer betrat.

      »Sollen wir die Kommode lieber hier hinstellen oder dort drüben?«

      »Was ist das für ein Monstrum?«, Karl schaute irritiert ins Wohnzimmer.

      »Das ist eine Empirekommode, schön nicht?«, strahlte sie.

      Mit gemischten Gefühlen bestaunte er einen etwa ein Meter breiten und zwei Meter hohen Biedermeier Aufsetzschrank mit Tatzenfüßen. Sein Blick glitt zu einem anderen Koloss. Auf der gegenüberliegenden Seite stand eine barocke Aufsatzkommode in Nussbaum mit fein ausgearbeiteten Kugelklauenfüßen.

      »Interessant! Hoffentlich läuft sie nicht weg«, murmelte Karl und zeigte auf die Tatzenfüße.

      Die Möbelträger entpackten einen Tisch aus Messing und Glas, der sorgsam in Luftpolster und Decken verpackt gewesen war. Er bestand aus einem achteckigen Grundelement und acht kleinen Beistelltischen. Auf dem Boden schillerte ein persischer Seidenteppich.

      »Das ist ein Gabriella Crespi Tisch, handsigniert«, erklärte Sophie stolz.

      »Aha. Crespi. Muss man die kennen?«

      »Na, die italienische Designerin! Sie entwarf Mobiliar und Einrichtungsgegenstände für den Schah von Persien, Gunther Sachs und viele mehr. Die Teilelemente nehme ich als Sideboard, stelle welche neben das Sofa. Bei Bedarf kann man daraus Stück für Stück einen großen Tisch zusammenbauen.« Freudig präsentierte Sophie Karl die Einzelteile.

      »Hast du ihn dir entwerfen lassen? Echt witzig, das mit den Beistelltischen«, staunte Karl.

      »Crespi ist lange tot. Mein Schwiegervater hat den Tisch auf einer Auktion erworben und ihn mir vererbt, weil ich das Möbelstück liebte.« Sophie entpackte einen Panther aus versilberter Bronze auf ebonisiertem Sockel. »Art déco um 1920, hübsch, nicht.«

      Karl schaute die Skulptur genau an. »In der Tat, eine schöne Figur. Weder kitschig noch protzig.« Er schritt hinüber zu der englischen Standuhr. »Was bedeutet die Signatur hier?«, fragte er, während er versuchte, die Buchstaben zu entziffern.

      »1830, Wood Stansford steht dort.«

      Um das weiße Ziffernblatt herum verlief eine feine Landschaftsmalerei, eine Hafenszenerie vor Bergkulisse. In den Zwickeln waren Gebäude mit Figurenstaffage zu sehen. »Die gefällt mir!«, meinte Karl nach ausgehender Betrachtung.

      »Vielleicht nicht mehr, wenn sie die volle Stunde schlägt.« Sophie kicherte leise.

      In der Zwischenzeit waren die sechs weiß bezogenen Mahagonisessel ausgepackt.

      Sophie drapierte rechts und links der Uhr zwei andere weiße Polstersessel. Karl begutachtete sie interessiert und fragte: »So was habe ich noch nie gesehen, die sind edel und gleichzeitig witzig. Eine Tulpenform war mir bisher unbekannt. Wo sind die Sessel her?«

      »Art déco. Das hat mein Schwiegervater geliebt, die hat er sich nach Originalvorlagen nachbauen lassen.«

      »Der Mann hatte Geschmack. Die gefallen mir besser, als die Sitzmöbel am Tisch.«

      »Das sind Louis-Philippe-Sessel«, meinte Sophie spitz.

      »Besitzt du nur so altes Zeug?«

      »Was heißt alt? Das sind Wertanlagen, antike Möbel.«

      »Aktien kann man einfacher verstauen«, gab Karl zurück.

      »Ach? Und du sagst immer, Immobilien sind eine Wertanlage. Wie lassen sich die denn aufbewahren?« Sie strich mit ihrer Hand über seine Wange und er umarmte sie zart. Seine große Gestalt schmolz zu einem wächsernen Zwerg zusammen.

      Als das Sofa hereingetragen wurde, erwartete Karl eine Biedermeier-Kombination. Doch dieses moderne weiße Ledersofa überraschte ihn, es charakterisierte eine zeitlose Eleganz. Kostbare Chromeinlagen unter den Armlehnen verliehen ihm eine zeitgemäße Ausstrahlung.

      In einer verdeckten Ecke gegenüber der offenen Küche erregte ein Barschrank im Art-déco-Stil sein Aufsehen. Der konische Korpus mit aufwendigen Intarsien zog seinen Blick magisch an. Das aufklappbare, verspiegelte Barfach machte den Schrank zu einem Schmuckstück. »Hier kann ich also meine Vitamine verstauen. Hübsch«, grinste Karl.

      Er setzte sich nach draußen in die wärmende Nachmittagssonne. Sein Appartement verwandelte sich vor seinen Augen in ein Museum. Daran musste er sich wohl gewöhnen. Aus Möbeln hatte er sich bisher nie viel gemacht. Hauptsache, sie strahlten Behaglichkeit aus. Einen gewissen Charme strahlte das Wohnzimmer nun aus. Ob er sich darin wohlfühlen würde, war ihm noch nicht ganz klar.

      Indes koordinierte Sophie das Einräumen des Arbeitszimmers und ließ eine massive Garderobe aus nussbaumfarbener Eiche über Eck an der Wand im Flur befestigen. Das lockerte den Raum auf.

      Die Möbelträger trugen Kleiderschrankkisten und Bilder herein. Die restlichen Kartons wurden in Wohnzimmer und Flur gestapelt.

      »Karl, ich habe die Kleiderkisten ausgeräumt, den Inhalt auf das Bett geschmissen, die Kleider auf den Bügeln in den Schrank gehängt, damit die Männer die Kisten wieder mitnehmen können. Nun brauche ich nach all dem Stress eine Dusche.«

      »Zieh dir was Hübsches an, wir gehen Essen. Den Rest kannst du morgen ausräumen«, rief er über den Flur.

      Kaum dass Karl die Dusche rauschen hörte, stand einer der Möbelpacker neben ihm, knetete seine Hände: »Ehm, ich müsste mal kassieren.«

      »Senden Sie Frau Barradon eine Rechnung«, murmelte Karl, der in seiner Zeitung blätterte.

      »Das geht nicht.« Der Mann zupfte an seinen Hemdsärmeln. »Wir rechnen immer sofort ab. Was es genau kostet, wissen wir ja erst, wenn wir fertig sind.« Hinter seinem Rücken trugen die Burschen weitere verpackte Bilder herein.

      »So viel Bares habe ich nicht im Haus!«, maulte Karl.

      »Visa Card reicht mir und eine Unterschrift bitte. Wir haben ein Kartenlesegerät unten. Ich schicke jemanden runter.« Der Kerl hielt Karl das Dokument hin.

      »5500 Euro, eine Stange Geld!«, meinte Karl, während er die Rechnung studierte.

      »Wir mussten bereits gestern in Berlin anfangen, um alles einzupacken, die empfindlichen Möbel einzuwickeln, das Geschirr und die Bekleidung zu verstauen. Wir haben seit Donnerstagmorgen gearbeitet und müssen auch noch zurückfahren!«

      »Schon in Ordnung. War eine saubere Arbeit.« Karl fummelte sein Portemonnaie aus der Hosentasche, fischte die Kreditkarte heraus, zeichnete die Rechnung ab und erhielt den Durchschlag. Er gab den Leuten einen Hunderter in bar. »Für euch, ihr ward gut.«

      Kaum waren die Männer mit Packmaterial und den Rollkisten verschwunden, kam Sophie aus dem Schlafzimmer. Sie strahlte und drehte sich kokett auf dem Parkett. »Nun bin ich bei dir angekommen.« Sie trug ein Etuikleid von Versace in Smaragdgrün, auf dem ihre langen roten Haare effektvoll zur Geltung kamen. Im gleichen Grün schimmerten ihre Augen. Das Kleid war grenzwertig kurz gehalten, aber Sophie konnte es mit ihrer zarten Figur bei ihren ein Meter zweiundsechzig Größe und trotz ihres Alters tragen. Sie schmiegte sich an Karl. »Ich möchte ein wenig an die frische Luft. Was hältst du von einem Ausflug in die Innenstadt?«

      »Gute Idee.«

      Zu Fuß schlenderten sie bis zum Römer am Main entlang. Karl führte sie zu einem Bistro mit Außensitzplätzen. Sie gönnten sich ein Glas Rotwein.

      Er musste Sophie unbedingt die Kleinmarkthalle zeigen, in der die Marktstände allerlei exotische Dinge bereithielten. »Dort findest du wirklich alles. Was du hier nicht bekommst, gibt es nicht. Bei Wurst, Käse und feinem Geflügel hast du die beste Auswahl!«, erklärte er schwärmerisch.

      Sofort erstand Sophie

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