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altes Kastell, genauer gesagt dessen Ruinen, welche während der Nacht angestrahlt werden.

      Es ist kein sehr großer Ort, der sich trotz aller Betriebsamkeit seine Ursprünglichkeit bewahrt hat und in seinem Kern ein traditionelles Dorf geblieben ist, wie wir später im Jahr noch feststellen konnten. In der Hauptsaison ist es sehr lebendig und die Menschen arbeiten lange Stunden, vom frühen Morgen bis in den späten Abend, damit sich die Touristen wohl- und umsorgt fühlen, unermüdlich an sieben Tagen in der Woche. Dennoch finden sie Zeit, sich in ihren Geschäften, Hotels und Restaurants zu besuchen, treffen und auszutauschen. Wenn man aufmerksam genug ist, weiß man nach einiger Zeit, wen man wo zu welcher Zeit treffen kann. Ein umtriebiges Dorf, das sich im Sommer um eine stattliche Zahl von Touristen bekümmert, von denen viele nur wenige Tage bleiben und versucht es allen so angenehm wie möglich zu machen, mit einer Gastfreundschaft, die ihresgleichen sucht.

      Des Weiteren gibt es zwei Bäckereien im Ort, eine am Parkplatz oberhalb der Plateia gelegen und die andere in der Straße, die parallel zur Promenade hinauf zum Kafeneio führt. Dort befindet sich neben einem weiteren Supermarkt das Wellnessgeschäft Estia, in dem unser einziges Konzert stattgefunden hat. Parallel zu dieser Straße führt ein Fußweg von dem Parkplatz zum Kafeneio, auf welchem man an einem Ziegengehege vorbeikommend auch zur Kirche des Ortes gelangt. Neben diesen Wegen kreuzen und queren weitere kleine den Ort, der sich vom Meer bis zur Anopolis-Straße erstreckt. Unser Ombrosgalos, ein Teil von Chora Sfakion und für die nächsten sieben Wochen unsere Heimat in den weißen Bergen.

      Läuferische Herausforderungen

      2018 war kein einfaches Laufjahr für mich. Mein linker Fuß wollte nach dem 24–Stunden Lauf im Oktober 2017 nicht mehr so recht laufen, beklagte sich bitterlich und zeigte mir mit Schmerzen auf, das er vom Laufen wenig bis nichts hielt. Die meisten meiner Läufe waren kurz, eher ein schnelles Gehen, welches er tolerierte, was aber keine gute Marathonvorbereitung darstellte. Ich konnte ihn zu ein paar längeren Läufen vor dem alljährlichen Rotorua-Marathon Anfang Mai überreden, was er zähneknirschend schmerzverdrossen akzeptierte. Aber nach einer derart unzulänglichen Vorbereitung ging mir nach gut der Hälfte der Strecke die Ausdauer aus, ich legte die zweite Hälfte gehendermaßen zurück und kam nach 4:35 im Ziel an. Eine neue Erfahrung für mich, aber ein von Druck und Diktat der Zeit befreiendes Gefühl.

      Der zweite Marathon des Jahres Anfang September in der fränkischen Schweiz war nur unwesentlich schneller. Dem Fuß ging es besser und er tolerierte nun langsames Laufen, wenn es nicht zu lange dauerte. Nachdem ich im neuseeländischen Winter einige Halbmarathons als Vorbereitung gelaufen bin, hoffte ich auf einen besseren Marathon als Vorbereitung für den Athen-Marathon im November. Es ging sich 30 km lang gut aus, aber dann ließ mich die Ausdauer wieder im Stich und Gehpausen wechselten sich mit Laufphasen ab, bis ich einen verschütteten Rest Ausdauer fand, der mich nach 4:25 ins Ziel trug.

      Ich war mir unschlüssig wie es weitergehen sollte und wie ich die allgegenwärtigen Steigungen der weißen Berge und die Wärme berücksichtigen sollte. Es war bereits am frühen Morgen eigentlich zu warm zum Laufen und die Berge zu steil. Um mir die Möglichkeit zu erhalten in Athen anzukommen, nahm ich mir vor wenigstens viermal die Woche zu laufen, wobei ein Lauf davon ein wenig länger sein sollte.

      Die ersten zwei Wochen bin ich Richtung Komitades gelaufen, in der irrigen Annahme es wäre ebener, die Straße breiter, aber glücklich wurde ich auf dieser Strecke nicht. Es war zu viel Verkehr und die Ortschaften hatten stellenweise zu enge und unübersichtliche Straßenverläufe. Es lief sich nicht rund und ich hatte kein rechtes Gefühl und lief mal zu schnell, mal zu weit und meist ohne Sinn und Verstand. Aber wenigstens bin ich regelmäßig gelaufenen und auf diese Gewohnheit konnte ich aufbauen. Weit wichtiger war, dass ich auf meinem zweiten Lauf das Rathaus von Chora Sfakion entdeckte, welches sich hinter dem Busparkplatz befand.

      Heirat 14.09.

      Zwei Tage nach unserer Ankunft in Chora Sfakion sind wir an einem Mittwochmorgen mit unseren Dokumenten auf das Rathaus des Ortes gegangen und hatten nicht die leiseste Ahnung was uns dort erwarten würde. Nachdem es uns sehr viel Mühe und Zeit gekostet hatte, unsere Unterlagen zusammenzutragen, hätte es uns nicht verwundert, wenn auch unsere Hochzeit eine bürokratische Herausforderung geworden wäre. Aber wir waren zuversichtlich, dass drei Monate ausreichend dafür wären. Nach zweiundzwanzig Jahren waren wir immer noch so glücklich miteinander, dass wir uns dazu entschieden haben auf Kreta heiraten zu wollen. Der erste Teil des Vorhabens war die nötigen Unterlagen zu bekommen, mit einer Apostille zu versehen und ins Griechische übersetzen zu lassen. In Karens Fall war es nicht so kompliziert wie es klingt und wir bekamen ein beeindruckendes Dokument mit einer prächtigen wächsernen Apostille versehen, wie aus einem Bürokratenhimmel heruntergefallen. In meinem Fall war es umständlicher, aber mein Vater hat es geschafft die nötigen Urkunden aus verschiedenen Standesämtern Süddeutschlands zusammenzutragen und Apostillen darauf zu bekommen, sodass ich sie vor unserer Abreise noch ins Griechische übersetzen lassen konnte. Alles hat sein gutes Ende gefunden und wir hofften, dass wir bestens vorbereitet waren.

      Mit diesen Dokumenten sind wir hoffnungsfroh auf das Rathaus gegangen und dann ging alles wesentlich schneller voran als wir es uns jemals hätten vorstellen können. Wir wurden zu einem Beamten gebeten, in sein enges von Papierbergen überfülltes Büro, der unsere Dokumente entgegennahm und sich zu Gemüte führte. Er hat sich alles in aller Ruhe durchgesehen und sich viel Zeit dafür genommen und meinte anschließend, dass er uns am frühen Abend mehr sagen könne. Als wir wiederkamen, teilte er uns mit, dass allles in Ordnung sei und wir am Freitag getraut werden könnten. Wir konnten kaum glauben, dass es so einfach und unbürokratisch möglich sein würde, nachdem wir Monate gebraucht haben, unsere Urkunden zusammenzutragen. Keine fünf Minuten hat das Treffen gedauert und wir waren so verblüfft, dass selbst Karen sprachlos war.

      Am Freitag, dem 14.09.2018 standen wir kurz vor 18:00 abermals vor dem Rathaus. Der Bürgermeister bat uns herein und der Standesbeamte traute uns in dessen Amtszimmer in einer schlichten würdevollen Zeremonie. Da wir ohne Trauzeugen gekommen waren, machte der Bürgermeister einige Photos unserer Trauung, während der Standesbeamte seine launige Ansprache hielt, dankenswerterweise in Englisch. Nachdem wir die Eheurkunde unterschrieben hatten, waren wir weit früher verheiratet als gedacht und unser großes Vorhaben war vollbracht, bevor wir uns in unserem Dorf eingelebt hatten. Ungläubig haben wir darüber gestaunt und waren zu verblüfft um zu begreifen. Der Standesbeamte gratulierte uns zusammen mit dem Bürgermeister und gemeinsam entließen sie uns in den lauen Sommerabend. Abschließend sagten sie uns, dass wir am Montag mit einem Trauzeugen wiederkommen sollten, dann würde unsere Urkunde fertiggestellt und uns überreicht werden. Ganz waren wir noch nicht am Ziel, zunächst mussten wir einen Trauzeugen finden.

      Wir gingen zurück zum Kafeneio und fanden Giorgis in seinem Büro. Wir erzählten ihm, dass wir gerade geheiratet hätten und fragten ihn, ob er nicht unser Trauzeuge werden wolle. Nachdem er sich von seiner ersten Überraschung und Verwunderung erholt hatte und wir ihm versichert hatten, dass wir wirklich gerade geheiratet hatten, hat er sich freudig und ohne Zögern bereit erklärt unser Trauzeuge werden zu wollen. Doch zuvor müssten wir auf das freudige Ereignis anstoßen, was wir gerne taten.

      Am Abend haben wir unsere Hochzeit bei einem weiteren ausgezeichneten Abendessen im Lefka Ori gefeiert. Wir saßen in der lauen Sommernacht in unserem Restaurant bei guten Essen und Wein und feierten unser kleines griechisches Fest. Im Laufe des Abends hat Karen Giannis und Giorgos von unserer Hochzeit erzählt und nachdem sich auch diese von ihrem anfänglichen ungläubigen Staunen erholt hatten, haben wir mit ihnen durch den Abend gefeiert. Einige Karafaki fanden ihren Weg zu unserem Tisch und manche Gläser wurde zusammen geleert.

      Kafeneio

      Von Anfang an fühlten wir uns in dem Kafeneio des Hotel Stavris ausgesprochen wohl. Dort konnten wir uns auf einem Kaffee oder Frappe niederlassen, ihn im Schatten des Tamariske trinken, den Blick schweifen lassen und trafen andere Gäste des Hotels, aber vor allem Giorgis, ohne den unser Urlaub nicht derselbe gewesen wäre. Er hat ihn so sehr bereichert und verlebendigt, dass es schwer ist, dies in Worte zu fassen. Dabei war es

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