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Abschiedsbrief an die Liebe. Patrick Sandro Nonn
Читать онлайн.Название Abschiedsbrief an die Liebe
Год выпуска 0
isbn 9783738039399
Автор произведения Patrick Sandro Nonn
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Kein Problem, sagte ich mir, den wirst du überleben. Und so geschah es. Ich überlebte ihn als… na du weißt schon.
Ich jonglierte nun also mit mindestens zwei heißen Eisen auf einmal. Planlos und ohne Strategie. Wen von euch beiden sollte ich mehr lieben? Welcher den Vorzug geben, vor der anderen? Wer war so wichtig, dass eine maximale Investition an Gefühl vernünftig sein mochte? Ich glaubte ja nicht einmal an mich selbst. Wie soll man sich da Chancen ausrechnen? Einerseits gab es hier und jetzt Anja, neu und außerordentlich interessant.
Andererseits wurde ich immer wieder von dir gefesselt. Ich habe mich gerne fesseln lassen, sooft wir uns trafen. Immer spielte ich brav den besten Kumpel, wie du es wolltest. Habe schmerzhaft deine Umarmungen zur Begrüßung und zum Abschied genossen. Wusste nicht, ob ich sie genießen darf. Oh Herz, wie zerriss es mich jedesmal, deine Brüste an meiner hemdsverhüllten, haarigen Bärenbrust zu spüren. Wusste nicht ob ich deine Nähe genießen darf, dich zu fühlen, die zarte Schönheit deiner Seele, die mich immer schon beeindruckt hat. Also tat ich es mit gemischten, zwiespältigen Gefühlen, oftmals linkisch und verkrampft, angespannt bis zum Bersten, musste ich meine wahren Empfindungen doch vor dir verbergen. Ich durfte ja nur bester Kumpel sein. Dies war dein Spiel und mein Schlachtfeld. Aber du kanntest und kennst mich viel zu gut, als dass dir meine innerliche Erstarrung, mein Kampf nicht aufgefallen wäre. Wir beide stellten ein reichlich seltsames Gespann dar. In unserer rein freundschaftlichen Zuneigung durch so gut wie nichts zu erschüttern. Wir waren Seelenverwandte, wie ein einziger Gedanke, Blutsbrüder, jeder auf seiner Seite des Grand Canyon. Ich erinnere mich daran, wie es war, neben dir auf meiner oder deiner Couch zu sitzen, so nahe, dass ich deine Wärme fast spüren konnte. Du bist ein Stern. Der schönste Stern den ich kannte. Nur willst du das leider nicht sehen. Und deshalb bist du ein Traum. Du wirst dich niemals wirklich finden, wenn du nicht endlich jemandem glaubst, der an dich glaubt. Nein, keine Angst, ich fange nicht schon wieder an zu predigen. Das habe ich lange genug und oft genug versucht. Vielmehr möchte ich dir erzählen, wie meine Welt mit dir aussah. Ich wage nicht zu spekulieren, wie sie ohne dich aussehen wird. Sie wird leerer sein, sie wird schrumpfen, kleiner werden und blasser. Diese Tatsachen sich lassen schon erkennen. Ich weiß jedoch, es muss unbedingt sein. Lediglich dein Kumpel zu sein, schaffe ich einfach nicht. Dafür entsprichst du zu sehr meinen Vorstellungen von Schönheit. Ich weiß, du willst das nicht hören. Zum einen wirst du dann wieder argumentieren, Schönheit liege nur im Auge des Betrachters. Zweitens sage ich dir aber, kommt für mich der wichtigste Faktor im Begriff Schönheit aus Herz und Verstand. Drittens bin ich durchaus dazu fähig, ganz einfach nur still und leise zu bewundern und das konnte bisher keiner von den Knilchen, die du näher als nahe an dich herangelassen hast. Diese Möchtegern Machos sollen erst einmal lernen, wie man als Mann zum Verwöhnaroma wird. Keine Verwöhnaroma-Strategien, kein richtiger Macho. So ist das eben. Nun gab es da neuerdings Anja, die bereits lange Zeit einen festen Freund hatte. Jeder Mensch weiß, je länger so eine Beziehung dauert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, das es zu einem Riesenkrach kommt, der sich in einen Knacks und einen nicht wieder zu kittenden Bruch verwandelt. Hier lagen die Trümpfe allesamt in meiner Hand. Um den Einsturz eines Kartenhauses mitzuerleben, braucht man nichts als Zeit. Die stand mir zur Verfügung. Alle Zeit der Welt sogar und überall auf dieser Welt gab es nette, gutaussehende Mädchen in meinem Alter. Es gestaltete die Wartezeit wesentlich angenehmer, konnte ich doch meine Sensoren in alle Richtungen auf mögliche Angriffsziele schalten.
Dummerweise bin ich unterdessen außerordentlich vorsichtig, zurückhaltend und schüchtern geworden. Kein Wunder, wenn man genügend Pickel im Gesicht hat, um unverkleidet als Pizza zum Karneval zu gehen. Deshalb verschwendete ich die meiste Energie, die für solche Angriffe bereit stand an die sorgfältige Observierung und das Ausloten möglicher Chancen und Risiken. Zum Angriff übrig blieben Platzpatronen und Knallfrösche. Damit ist eindeutig klar, dass die Risiken, wieder einmal bester Kumpel sein zu dürfen, jedes mal eindeutig überwogen. Ich begab mich also immer nur ganz dezent auf Annäherungskurs. Ein galaktisches „SwingbyManöver“ in Zeitlupe. Für galaktische Manöver hat auf diesem emsig rotierenden Brummkreisel niemand Zeit. Außerdem wird man auf diese Weise sowieso für den zahmen BesterKumpelTrottel gehalten. Von Romantik haben Frauen halt keine Ahnung. Und Männer noch weniger. Deshalb ist sie vom Aussterben bedroht. Da ich mir bei Anja trotzdem noch ernsthafte Hoffnungen machte, genoss ich es besonders, mit ihr im Unterricht Briefchen zu schreiben, ihr meine Aufmerksamkeit zu widmen oder mich mit ihr zu treffen. Die gleiche Situation wie sonst auch: Mit mir kann man sich über alles Mögliche unterhalten, sogar über sexuelle Vorlieben, auch wenn ich für die Praxis nicht in Frage komme. Macht ja nichts, ich habe ja Zeit, viel mehr Zeit als ihr ahnt. Sofern ihr mich lasst, kann ich gerne charmant und witzig, geistreich und unterhaltsam sein, oh ja, ihr müsst mich nur aus der Reserve locken. Von mir aus kriegt mich keiner aus meinem Schneckenhaus. Da brauche ich das Signal echten Interesses. Ehrlich, wie ich bin, habe ich ihr wohl irgendwann etwas von meiner großen Liebe erzählt. Seit dem hielt sie mich erst recht für harmlos und ungefährlich. Na schön, soll sie doch. Ist ja nicht das erste Mal. Früher oder später wird sie schon merken, was sie an mir hat. Man muss lernen, auf so vielen Hochzeiten wie möglich zu tanzen.
Oder auch auf Geburtstagspartys, wie zum Beispiel Katharinas. Die wiederum ist Anjas beste Freundin, sitzt in derselben Bank und auch mit ihr verstehe ich mich gut. Eigentlich kann ich gar nicht tanzen. Ich hasse es zu tanzen, meine Musikalität hört direkt unter meinem Kinn auf. Sich unter die anderen Gäste mischen und am Rand ein kleines bisschen auffallen, geht grade so. Aber mein Gefühl dafür, einen Rhythmus in Einklang mit Bewegungen zu bringen, endet beim ersten Halswirbel. Obwohl ich sonst musikalisch bin. Vielleicht finde ich Partys ja doch irgendwann ganz nett. Abgesehen davon, dass ich laute Musik nicht ausstehen kann. Einer richtigen Clique von Freunden anzugehören, macht Geburtstagspartys regelrecht erträglich. Man schaut an den Leuten, die man gar nicht sehen möchte am Besten einfach vorbei. Schwierig ist es bloß dann, wenn die immer an dem Mädel herumhängen, das einen selbst am meisten interessiert. Nervt ungemein! Erstaunlich allerdings, auf welche Typen die Weiber hereinfallen. Anscheinend ist diese Tatsache absolut unveränderlich. Deprimierend, wirklich. Es ist nicht schön. Erst recht nicht, wenn es sich um