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wechselte als mit den anderen.

      Dahinter, in einigem Abstand, ritten Kellen und die beiden Krieger. Murddin hatte zu seiner gewohnt sorgenfreien Beredsamkeit zurückgefunden. Er erzählte von den unschlagbaren Qualitäten seiner Frau - wobei er nicht das Kochen, Weben oder Töpfern meinte. Er erzählte davon, welche großartig schmeckenden Pflanzen er zu Hause erntete und von seinen Besuchen in der Pferdezucht des Fürsten. Selbstverständlich war es in seinen Geschichten stets er, der heldenhaft widerspenstige Pferde zuritt und bändigte.

      Domhnall und Kellen ertrugen es geduldig. Es gab hier im Waldland nichts anderes - außer dem Gezwitscher der Vögel, dem Schnauben der Pferde und dem Klappern der schweren eisernen Schilde, die an der Sattelseite hingen und gelegentlich gegen das Schwert schlugen.

      Die grauweiße Wand der Berge war nun doch größer geworden und hatte an Konturen gewonnen. Kellen sah es immer dann, wenn der Wald gnädigerweise einen Blick in die Ferne zuließ, was nicht oft geschah.

      „Ist es wahr, dass die Etrusker in Frauenkleidern kämpfen?“, wollte Murddin wissen, nachdem ihm die Heldengeschichten über sich selbst ausgegangen waren.

      „Das sagt man jedenfalls“, antwortete Domhnall schmunzelnd - wohl darauf bedacht, dass ihn der Fürst nicht hören konnte. „Angeblich tragen sie Röcke.“

      Murddin lachte. „Das erklärt, warum sie sich nicht über die Berge trauen. Hier würden alle über sie lachen.“

      „Seid froh, dass sie bleiben, wo sie sind!“, sagte Kellen leise. „Im Gegensatz zu unseren Leuten halten sie zusammen und kämpfen lieber gegen ihre Feinde als gegen sich selbst.“

      „Vor jemandem, der Frauenkleider trägt, fürchte ich mich nicht“, antwortete Murddin mit lauter Stimme. Mit zu lauter Stimme.

      Der Fürst stoppte sein Pferd und blickte Murddin streng an. Das Lächeln des Kriegers gefror.

      „Verzeih, Fürst!“, stammelte er hastig.

      Morcant funkelte ihn noch einen Augenblick an. Dann setzte er seine schweigsame Reise fort.

      „Er muss dich für einen wirklich guten Krieger halten, du Narr. Andernfalls wärst du lange schon tot“, sagte Kellen leise zu Murddin. Der Krieger nickte und schwieg bemerkenswerterweise für die folgenden Stunden. Er würde es wohl niemals lernen, dachte Kellen und wunderte sich dabei einmal mehr über die Geduld des Fürsten. Als wäre er der Fels, auf dem er gesessen hatte, ließ er Murddins unpassendes Verhalten wie Regentropfen an sich abprallen.

      Etwas schien ihm wichtiger zu sein, dachte Kellen. Er bemerkte, dass Morcant immer wieder seinen Wollmantel an der linken Seite zurückschlug - dort, wo er sein Schwert trug. Als rechnete er jeden Augenblick damit, angegriffen zu werden.

      Sie folgten einem schmalen Pfad, der durch dichten Nadelwald führte und den großen Vorteil hatte, dass es außer ihm keinen anderen gab. Der Druide und sein Begleiter mussten hier gegangen sein. Dieser Weg musste also in Brams Dorf führen, glaubte Kellen. Wohin sonst? Sie ritten viele Stunden lang, bis der Pfad eine steile Linksdrehung machte und zu einem schmalen Bach hinabführte.

      Domhnall drückte seinem Pferd die Fersen in die Flanke und überholte Morcant und Ardric. Unten am Wasser stieg er ab und ging in die Hocke. Er gab den anderen das Zeichen, stehen zu bleiben. Kellen machte sich bereit, für was auch immer nun geschehen würde.

      Domhnall untersuchte etwas, das auf dem Boden lag. Er nahm es und ging damit auf Morcant zu.

      „Kellen!“, rief der Fürst und stieg ab. Der Häuptling folgte ihm.

      „Das ist merkwürdig“, sagte Domhnall und zeigte den beiden etwas, das wie ein abgeschnittener Eichhörnchenschwanz aussah.

      Kellen strich über das schmutzige, buschige Fell.

      „Der Druide hatte so etwas an seinem Stab.“

      „Er muss es verloren haben“, stimmte ihm Domhnall zu. „Vermutlich war er in Eile.“

      Kellen runzelte die Stirn und folgte mit seinem Blick dem Lauf des Bachs. Nichts deutete darauf hin, dass hier in der Nähe Menschen lebten. Und doch war das Bachufer erstaunlich licht. Der Pfad dort war breit genug, um zwei Reitern nebeneinander Platz zu bieten. Abseits des Pfades war es dafür umso dichter und undurchdringlicher.

      „Ja, vielleicht hat er es verloren“, sagte er.

      Kellen lauschte. Außer dem Gezwitscher von ein paar Vögeln war nichts zu hören. Aber wieder hatte er das Gefühl, dass etwas oder jemand sie belauerte.

      „Fürst Morcant, ich rate dazu, kehrtzumachen“, sagte er dann.

      Murddin, der noch immer auf seinem Pferd saß, stöhnte verächtlich auf. Morcant sah Kellen prüfend an. Der Häuptling wusste, dass der Fürst ihn nicht für einen Feigling hielt. Und auch nicht für jemanden, der unbedacht sprach.

      Morcant überlegte einen Moment. Dann sagte er mit leiser Stimme: „Du hast recht, Kellen. Der Druide legt eine Spur zum Dorf des Bram. Er will, dass wir kommen. Er will, dass wir mit seinem Häuptling verhandeln.“

      „Oder er will, dass uns seine Krieger abschlachten“, entgegnete Kellen. „Vielleicht ist das eine Falle.“ Domhnall nickte zustimmend.

      Morcant atmete tief ein. Sein Blick ging von Kellen zu Domhnall, dann dreht er sich um.

      „Ardric?“

      Der Druidenschüler räusperte sich und war gerade sichtlich bemüht, sein Pferd ruhig zu halten.

      „Nun ...“, er dachte einen Moment angestrengt nach. „Der Mann war dreckig und dreist. Aber er war ein Druide, ein weiser Mann. Kein Krieger. Er sagte uns das, was er sagen musste. Aber ich glaube ...“ Sein Pferd schnaubte. „Ich glaube, er ist aufrichtig und denkt an das Wohl seiner Leute. Ihm ist klar, dass ein Angriff auf uns einen Krieg auslösen würde, den er nicht gewinnen kann. Ja, er will verhandeln.“

      Fürst Morcant sah auch ihn einen Augenblick prüfend an. Dann gab er den Befehl zum Aufsitzen.

      „Ihr bringt Unheil über dieses Land. Bram, der Häuptling der Freien, wird das nicht hinnehmen.“

      Kellen hatte dem Druiden geglaubt. Seine Augen hatten bei diesen Worten geblitzt wie blanke Messer. Ein Fanatiker, kein „weiser Mann“. Kellen hatte kein gutes Gefühl. Er spürte die Feindseligkeit dieses Landes - in jedem Strauch, in jedem Baum, an dem sie vorbeiritten. Sogar das Geplätscher des Bachs kam ihm nun bedrohlich vor.

      Keiner sprach ein Wort. Alle spähten angestrengt ins Dickicht. Kellen glaubte, in Murddins Gesicht so etwas wie freudige Erwartung zu erkennen. Der Mann wollte kämpfen. Die Breacs, Brams und Murddins dieser Welt kümmerten sich nicht um die Visionen eines Fürsten, scherten sich nicht um Ordnung und Wohlstand. Sie wollten töten, ihre Kraft beweisen. Vielleicht war Morcant zu lange bei den Leuten südlich der großen Berge gewesen und hatte das vergessen. Kellens Gedanken reisten weit zurück, in die Nacht, in der Morcant zum Fürsten geworden war, vor so vielen Jahren.

      „Die Etrusker treiben regen Handel mit einem großen Volk, das weit im Süden lebt - dort, wo es niemals Winter wird.“

      Morcants Häuptlinge hatten sich am Feuer in dem großen Haus versammelt und gehört, was ihr neuer Herr ihnen zu sagen hatte. Dieser seltsame Mann mit dem eisernen Kettenhemd und dem glattrasierten Gesicht. Statt von Ruhm und großen Taten berichtete er von fremden Völkern.

      „Ein Volk, das gewaltige Schiffe baut und kunstvolle Dinge fertigt. Und das Wissen und Weisheit über alles andere stellt.“

      Zweifel und Misstrauen standen damals in den Gesichtern der Häuptlinge.

      „Ein großes Volk, das weit weg lebt. Und doch ...“ Er ließ eine kurze Pause. „Und doch kennt man uns dort.“

      Neugierige Blicke.

      „Man hat dort sogar einen Namen für uns: Keltoi, die Erhabenen.“

      Jubel brandete auf. Morcant aber hob die Hände.

      „Ja,

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